Signatur: BStU, MfS, JHS, Nr. 21775, Bl. 1-183
Welche Faktoren sind ausschlaggebend für eine Zusammenarbeit mit der Stasi? Eine Dissertation, verfasst an der Juristischen Hochschule des MfS, ging dieser Frage aufgrund von empirischen Daten nach.
Insgesamt 174 Dissertationen wurden an der Hochschule des Ministeriums für Staatssicherheit in Potsdam / Golm geschrieben. In den 50er und 60er Jahren sollten Mitarbeiter des MfS, die für höhere Aufgaben vorgesehen waren, aber nur einen einfachen Bildungsweg beschritten hatten, hier eine "klassenbewusste" Allgemeinbildung und Einweisung in wissenschaftliche Standards erhalten. Danach ging fast jeder Hauptamtliche Mitarbeiter dorthin, zum Fach- oder Hochschulstudium oder zur Qualifikation und Weiterbildung.
Die vorliegende Dissertation des höheren Stasi-Offiziers Manfred Hempel befasst sich mit der Anwerbung von Informanten, den Inoffiziellen Mitarbeitern. Im Mittelpunkt stehen dabei moralische Faktoren, die für eine Zusammenarbeit von DDR-Bürgerinnen und -Bürger mit dem MfS relevant waren.
In erster Linie setzten die MfS-Anwerber auf Freiwillige, öfter auf deren politische Einstellung, seltener auf materielle Verlockungen. Noch seltener wählten die Stasi-Offiziere bewusst das Mittel der Erpressung, um Informanten zu gewinnen. In sehr vielen Fällen kamen die Überzeugungskünste der Geheimpolizisten zum Tragen und sie schlichen sich ins Vertrauen der zukünftigen Spitzel ein. Gleichzeitig aber nutzte die Stasi auch private Notsituationen, kompromittierendes Material oder Angstgefühle aus, um "Quellen" zu gewinnen. Diese Methoden der Nötigung wurden in den 50er und 60er Jahren vergleichsweise oft eingesetzt.
Hempel erlangte mit dieser Arbeit den akademischen Titel eines Dr. jur. mit der Benotung magna cum laude.
Tabelle 144
Reliabilitätstests (Prüfungen der Zuverlässigkeit)
Die Angaben in den Spalten HU sind die der Hauptuntersuchung und die in den Spalten R die der Reliabilitätsuntersuchung. Die Angaben erfolgen in Prozent der Gesamtheit der jeweiligen Untersuchungseinheit.
Die Abweichungen wurden mit Hilfe des Chi2-Tests auf ihre Signifikanz geprüft und in den folgenden Tabellen mit ausgewiesen (sämtliche Differenzen sind nicht signifikant). Der Korrelationskoeffizient der beiden Untersuchungsreihen ist:
r HU,R = 0,94 +)
A) Verantwortung für Entscheidung zur Zusammenarbeit
Für ihre Entscheidung, der Aufforderung zur inoffiziellen Zusammenarbeit zuzustimmen, geben die Probanden die Verantwortung:
HU; R; Chi^2
dem Staat: 13,5; 9,7; 0,09
dem MfS: 18,4; 12,8; 0,06
dem operativen Mitarbeiter: 20,2; 16,3; 0,22
sich selbst: 76,2; 71,0; 0,21
B) Ehrenhaftigkeit der eigenen konspirativen Tätigkeit
Die inoffizielle Zusammenarbeit wird als:
HU; R; Ch12
ehrenhaft von: 78,6; 63,7; 0,10
teilweise oder gänzlich unehrenhaft von: 21,4; 16,3; 0,38
bewertet.
+) Die Berechnung des Korrolationskoeffizienten erfolgte an Hand der Prozentzahlen, weil sie den unterschiedlichen Umfang der Population der beiden Untersuchungen kompensieren und somit zuverlässigere Berechnungen ermöglichen.
Operative Mitarbeiter
Operative Mitarbeiter des MfS waren Hauptamtliche Mitarbeiter, die IM und OibE führten, in MfS-Dokumenten auch als vorgangsführende Mitarbeiter oder IM-führende Mitarbeiter (umgangssprachlich Führungsoffiziere) bezeichnet, von denen es im MfS zuletzt etwa 12.000 bis 13.000 gab. Sie waren für eine Region oder Institution, für bestimmte Personenkreise oder spezifische Sachfragen zuständig und hatten die Sicherheitslage in ihrem Verantwortungsbereich zu beurteilen.
Es wurde von ihnen erwartet, dass sie insbesondere durch Rekrutierung und Einsatz von IM die "staatliche Sicherheit und die gesellschaftliche Entwicklung" vorbeugend sicherten. Verdächtige Personen waren in Operativen Vorgängen oder Operativen Personenkontrollen zu "bearbeiten", Personengruppen mit besonderen Befugnissen mit Sicherheitsüberprüfungen unter Kontrolle zu halten. Bei der Erfüllung ihrer Aufgaben sollten sie das politisch-operative Zusammenwirken mit anderen staatlichen und gesellschaftlichen Institutionen nutzen.
Anwerbung war in den Jahren 1950 bis 1968 die Bezeichnung des MfS für die Werbung von IM für die konspirative Arbeit. Im Vorfeld der Anwerbung war die Person sorgfältig, aber konspirativ zu überprüfen. In der Regel hatte der Angeworbene die Bereitschaft zur Kooperation schriftlich zu erklären und sich dabei einen Decknamen auszuwählen. Über die Anwerbung selbst war vom Führungsoffizier ein detaillierter Bericht zu fertigen.
Anwerbung war in den Jahren 1950 bis 1968 die Bezeichnung des MfS für die Werbung von IM für die konspirative Arbeit. Im Vorfeld der Anwerbung war die Person sorgfältig, aber konspirativ zu überprüfen. In der Regel hatte der Angeworbene die Bereitschaft zur Kooperation schriftlich zu erklären und sich dabei einen Decknamen auszuwählen. Über die Anwerbung selbst war vom Führungsoffizier ein detaillierter Bericht zu fertigen.
Signatur: BStU, MfS, JHS, Nr. 21775, Bl. 1-183
Welche Faktoren sind ausschlaggebend für eine Zusammenarbeit mit der Stasi? Eine Dissertation, verfasst an der Juristischen Hochschule des MfS, ging dieser Frage aufgrund von empirischen Daten nach.
Insgesamt 174 Dissertationen wurden an der Hochschule des Ministeriums für Staatssicherheit in Potsdam / Golm geschrieben. In den 50er und 60er Jahren sollten Mitarbeiter des MfS, die für höhere Aufgaben vorgesehen waren, aber nur einen einfachen Bildungsweg beschritten hatten, hier eine "klassenbewusste" Allgemeinbildung und Einweisung in wissenschaftliche Standards erhalten. Danach ging fast jeder Hauptamtliche Mitarbeiter dorthin, zum Fach- oder Hochschulstudium oder zur Qualifikation und Weiterbildung.
Die vorliegende Dissertation des höheren Stasi-Offiziers Manfred Hempel befasst sich mit der Anwerbung von Informanten, den Inoffiziellen Mitarbeitern. Im Mittelpunkt stehen dabei moralische Faktoren, die für eine Zusammenarbeit von DDR-Bürgerinnen und -Bürger mit dem MfS relevant waren.
In erster Linie setzten die MfS-Anwerber auf Freiwillige, öfter auf deren politische Einstellung, seltener auf materielle Verlockungen. Noch seltener wählten die Stasi-Offiziere bewusst das Mittel der Erpressung, um Informanten zu gewinnen. In sehr vielen Fällen kamen die Überzeugungskünste der Geheimpolizisten zum Tragen und sie schlichen sich ins Vertrauen der zukünftigen Spitzel ein. Gleichzeitig aber nutzte die Stasi auch private Notsituationen, kompromittierendes Material oder Angstgefühle aus, um "Quellen" zu gewinnen. Diese Methoden der Nötigung wurden in den 50er und 60er Jahren vergleichsweise oft eingesetzt.
Hempel erlangte mit dieser Arbeit den akademischen Titel eines Dr. jur. mit der Benotung magna cum laude.
arbeiten bzw. die dazu an sie gerichtete Aufforderung ablehnten. Die Durchsicht der vorhandenen Unterlagen (P-Akten u.a.) zeigte, daß sie nicht genügend Auskunft zu den Problemen gaben, die Gegenstand der Untersuchung sein sollten. Deshalb blieb als gangbarster, zuverlässigster und unter diesen Bedingungen objektivster Weg die schriftliche Befragung der betreffenden Personen selbst und der operativen Mitarbeiter. Nach erfolgreichen Voruntersuchungen 88) wurden, entsprechend der Aufgabenstellung, Fragebogen 89) erarbeitet, mit deren Hilfe die Daten gewonnen wurden, die Grundlage der Auswertung sind. Obwohl durch die direkte Befragung zu internen Sachverhalten gewisse subjektiv-bedingte positive Verfärbungen und Verzerrungen nicht ausgeschlossen sind 90), ist es aus folgenden Gründen gerechtfertigt, die durch die Befragung gewonnenen Daten als Spiegelbild der tatsächlich wirkenden internen Faktoren anzusehen:
1. Zur Prüfung der Zuverlässigkeit der Daten wurde ein Reliabilitätstest durchgeführt. 91) Durch Interkorrelation mit den Ergebnissen der Hauptuntersuchung ergibt sich, daß keine signifikanten Abweichungen auftreten. 92)
Der Korrelationskoeffizient von 0,94 ist Ausdruck des hohen Grades der Übereinstimmung der Ergebnisse der beiden Untersuchungsreihen und bestätigt, daß die in der Hauptuntersuchung gewonnenen Daten zuverlässig sind und nicht von äußeren Einflüssen beeinträchtigt wurden.
2. Die Validität (Gültigkeit) der Befragungsergebnisse wurde durch Außenkriterien gesichert. Dabei wurde davon ausgegangen, daß "statt der objektiven Leistung man als Kriterium auch das Urteil der Vorgesetzten verwenden" 93) kann. Die auch zu diesem Zwecke parallel durchgeführte Befragung der operativen Mitarbeiter erbrachte den Nachweis, daß den Angaben der
Anwerbung war in den Jahren 1950 bis 1968 die Bezeichnung des MfS für die Werbung von IM für die konspirative Arbeit. Im Vorfeld der Anwerbung war die Person sorgfältig, aber konspirativ zu überprüfen. In der Regel hatte der Angeworbene die Bereitschaft zur Kooperation schriftlich zu erklären und sich dabei einen Decknamen auszuwählen. Über die Anwerbung selbst war vom Führungsoffizier ein detaillierter Bericht zu fertigen.
Anwerbung war in den Jahren 1950 bis 1968 die Bezeichnung des MfS für die Werbung von IM für die konspirative Arbeit. Im Vorfeld der Anwerbung war die Person sorgfältig, aber konspirativ zu überprüfen. In der Regel hatte der Angeworbene die Bereitschaft zur Kooperation schriftlich zu erklären und sich dabei einen Decknamen auszuwählen. Über die Anwerbung selbst war vom Führungsoffizier ein detaillierter Bericht zu fertigen.
Strafprozessrechtlich zulässige Möglichkeit der offiziellen Kontaktaufnahme mit Verdächtigen, Zeugen und anderen Personen noch vor Einleitung eines Ermittlungsverfahrens (strafprozessuales Prüfungsstadium). Verdächtige konnten gemäß § 95 StPO/1968 zur Befragung zugeführt werden (Zuführung). Vom MfS wurde die B. gelegentlich als demonstrative Maßnahme zur Einschüchterung Oppositioneller genutzt, gegen die aus politischen Gründen kein Ermittlungsverfahren eingeleitet werden sollte.
Signatur: BStU, MfS, JHS, Nr. 21775, Bl. 1-183
Welche Faktoren sind ausschlaggebend für eine Zusammenarbeit mit der Stasi? Eine Dissertation, verfasst an der Juristischen Hochschule des MfS, ging dieser Frage aufgrund von empirischen Daten nach.
Insgesamt 174 Dissertationen wurden an der Hochschule des Ministeriums für Staatssicherheit in Potsdam / Golm geschrieben. In den 50er und 60er Jahren sollten Mitarbeiter des MfS, die für höhere Aufgaben vorgesehen waren, aber nur einen einfachen Bildungsweg beschritten hatten, hier eine "klassenbewusste" Allgemeinbildung und Einweisung in wissenschaftliche Standards erhalten. Danach ging fast jeder Hauptamtliche Mitarbeiter dorthin, zum Fach- oder Hochschulstudium oder zur Qualifikation und Weiterbildung.
Die vorliegende Dissertation des höheren Stasi-Offiziers Manfred Hempel befasst sich mit der Anwerbung von Informanten, den Inoffiziellen Mitarbeitern. Im Mittelpunkt stehen dabei moralische Faktoren, die für eine Zusammenarbeit von DDR-Bürgerinnen und -Bürger mit dem MfS relevant waren.
In erster Linie setzten die MfS-Anwerber auf Freiwillige, öfter auf deren politische Einstellung, seltener auf materielle Verlockungen. Noch seltener wählten die Stasi-Offiziere bewusst das Mittel der Erpressung, um Informanten zu gewinnen. In sehr vielen Fällen kamen die Überzeugungskünste der Geheimpolizisten zum Tragen und sie schlichen sich ins Vertrauen der zukünftigen Spitzel ein. Gleichzeitig aber nutzte die Stasi auch private Notsituationen, kompromittierendes Material oder Angstgefühle aus, um "Quellen" zu gewinnen. Diese Methoden der Nötigung wurden in den 50er und 60er Jahren vergleichsweise oft eingesetzt.
Hempel erlangte mit dieser Arbeit den akademischen Titel eines Dr. jur. mit der Benotung magna cum laude.
C) Überlegungen wegen der Sittlichkeit der konspirativen Tätigkeit bei der Aufnahme der Zusammenarbeit
HU; R; Chi^2
ja: 94,6; 96,8; 0,04
nein: 5,4; 3,2; 0,31
D) Moralische Bedenken wegen der Sittlichkeit der eigenen inoffiziellen Zusammenarbeit anfangs
HU; R; Chi^2
Bedenken ja: 50,2; 51,6; 0,01
Bedenken keine: 44,4; 45,2; 0,01
kA.: 5,4; 3,2; 0,12
E) Moralische Bedenken wegen der Sittlichkeit der eigenen inoffiziellen Zusammenarbeit gegenwärtig
HU; R; Chi^2
Bedenken ja: 28,6; 25,8; 0,42
Bedenken keine: 70,2; 71,0; 0,02
kA.: 1,2; 3,2; 0,06
F) Verantwortung für Aufträge
HU; R; Chi^2
Probanden erklären ihre Mitverantwortung für die Durchführung von Aufträgen hinsichtlich deren:
politischer Richtigkeit: 89,3; 90,4; 1,01
rechtlicher Richtigkeit: 79,1; 71,0; 0,54
moralischer Berechtigung: 74,0; 67,8; 0,02
Anwerbung war in den Jahren 1950 bis 1968 die Bezeichnung des MfS für die Werbung von IM für die konspirative Arbeit. Im Vorfeld der Anwerbung war die Person sorgfältig, aber konspirativ zu überprüfen. In der Regel hatte der Angeworbene die Bereitschaft zur Kooperation schriftlich zu erklären und sich dabei einen Decknamen auszuwählen. Über die Anwerbung selbst war vom Führungsoffizier ein detaillierter Bericht zu fertigen.
Anwerbung war in den Jahren 1950 bis 1968 die Bezeichnung des MfS für die Werbung von IM für die konspirative Arbeit. Im Vorfeld der Anwerbung war die Person sorgfältig, aber konspirativ zu überprüfen. In der Regel hatte der Angeworbene die Bereitschaft zur Kooperation schriftlich zu erklären und sich dabei einen Decknamen auszuwählen. Über die Anwerbung selbst war vom Führungsoffizier ein detaillierter Bericht zu fertigen.
Dissertation "Zur Rolle und dem aktuell-politischen Inhalt eines aufgabenbezogenen Feindbildes in der Zusammenarbeit mit IM" Dokument, 363 Seiten
Richtlinie 1/79 für die Arbeit mit Inoffiziellen Mitarbeitern und Gesellschaftlichen Mitarbeitern für Sicherheit Dokument, 65 Seiten
Anforderungen und Wege der weiteren Qualifizierung der Arbeit mit Führungs-IM Dokument, 359 Seiten
Dissertation "Die Planung der politisch-operativen Arbeit im Ministerium für Staatssicherheit" Dokument, 298 Seiten