Signatur: BStU, MfS, AOP, Nr. 11806/85, Bd. 52, Bl. 255-258
Nach seiner Ausbürgerung aus der DDR äußerte sich Wolf Biermann auf einer Pressekonferenz des "Schutzkomitees für Freiheit und Sozialismus" in West-Berlin.
Wolf Biermann, Sohn einer kommunistischen Arbeiterfamilie aus Hamburg, siedelte 1953 als Schüler in die DDR über. Er hielt den Staat für das bessere Deutschland. Dort nahm er ein Studium am Berliner Ensemble, dem von Bertolt Brecht gegründeten Theater, auf. Mit seinen Liedern und Gedichten, die er bald zu schreiben begann, geriet er zunehmend in Konflikt mit der strengen Linie der Staatspartei SED. 1965 verhängte das Politbüro ein totales Auftrittsverbot gegen den Künstler. Darüber hinaus hörte die Staatssicherheit Biermanns Wohnung und Telefongespräche ab, las seine Briefe und setzte auch Spitzel auf ihn an. Ihn einzusperren oder „verschwinden“ zu lassen hätte dagegen zu viele unerwünschte internationale Reaktionen nach sich gezogen.
Obwohl seine künstlerischen Wirkungsmöglichkeiten dadurch auf private Räume eingeschränkt wurden, gewann Biermann weiterhin an Popularität – auch im Westen Deutschlands. Dort veröffentlichte er Schallplatten und Gedichtbände. Das SED-Regime konnte dies nicht verhindern und auch Auftritte des Liedermachers in anderen Staaten formal nicht verbieten. Die DDR-Oberen verweigerten ihm jedoch die Ausreise, wenn es Anfragen an den Liedermacher aus dem Ausland gab.
Über viele Jahre erschien es den SED-Funktionären leichter, den unbequemen Künstler im Lande auszuhalten, als offen gegen ihn vorzugehen. Doch 1976 spitzte sich die Situation in der DDR zu: Viele Menschen protestierten gegen die SED-Verleumdungen des in den Freitod gegangenen Pfarrers Brüsewitz. Mehr und mehr Kritiker bestanden auf der Umsetzung der auch von der DDR bei der KSZE-Konferenz in Helsinki im Jahr zuvor anerkannten Menschenrechte.
Die Machthaber waren unter Druck. Sie erlaubten Biermann, auf Einladung der Gewerkschaft IG Metall in Köln aufzutreten. Bei diesem Konzert versuchte er leidenschaftlich, die dem Westen fremd gewordene DDR zu erklären. Das Konzert diente der SED-Führung dennoch als Vorwand, den Künstler gegen seinen Willen auszubürgern und ihm die Rückkehr zu verweigern.
Biermann selbst legte seine Sicht der Dinge am 10. Dezember 1976 auf einer Pressekonferenz des "Schutzkomitees für Freiheit und Sozialismus" in West-Berlin dar. Die Gruppe hatte sich als Reaktion auf die Ausbürgerung gegründet und bemühte sich fortan um die Freilassung inhaftierter Künstler und Intellektueller in der DDR.
Hiobsbotschaften, die mich täglich erreichen, über neue traurige Heldentaten der verängstigten Monopolbürokratie in der DDR, wenn ich bedenke, was mit diesen sogenannten berühmten Leuten jetzt passiert, denn kann ich mir an einem Finger auerechnen, wes mit den weniger bekannten, mit den Arbeitern von Jena, mit den Studenten, mit den bekannten Bürgern in der DDR jetzt gemacht wird.
Ich bewege mich in dieser Westgesellschaft noch sehr unsicher. Ich habe, als ich im Flugzeug saß, darüber nachgedacht, ob nicht a) solch eine Kampagne, solch eine Solidaritätsgeschichte mit diesen Bürgern der DDR überhaupt nützlich sein kann, ob sie nicht die Herrschenden noch mehr in diese verzweifelte Brutalität treibt, ob ausgerechnet Westberlin, diese bestgehaßte Insel, der richtige Ort ist, um so etwas zu machen. Ich weiß das alles nicht.
Ich weiß nur, daß das Falscheste, was man tun kann, ist nichts zu tun. Und ich weiß, daß das Beste, was man tun kann, dafür zu sorgen, daß die fortschrittlichen Kräfte in diesem westlichen Land, die linken Kräfte, was immer man darunter versteht, es sind, die sich solidarisieren mit den verfolgten Kommunisten in der DDR, zumal je solch ein Akt der Solidarität von solchen - wie ich hoffe - aufrichtigen und fortschrittlichen Menschen hier im Westen sich auch erweist als ein Akt der Solidarität, den sie mit sich selbst üben, wenn sie sich so verhalten. Und ich glaube, daß die, die hier zusammensitzen und Solidarität üben, in diesem und in anderem Sinne solche Hilfe dringend nötig haben, und zwar im Sinne ihrer heillosen Zerrissenheit untereinander und im Sinne der Abwehr von reaktionären Maßnahmen der bürgerlichen Regierung in diesem Land gegen Andersdenkende, gegen Kommunisten, gegen Linke überhaupt. In diesem Sinne, denke ich, können Sie hier im Westen bei der Gelegenheit auch was für sich selber tun, besonders dann, wenn Sie - wie es eben Geschehen ist - diese ganze Solidaritätsaktion
Als Abwehr wurden alle geheimpolizeilichen Aktivitäten zur Sicherung der politischen, ökonomischen und gesellschaftlichen Stabilität der DDR und des kommunistischen Bündnissystems bezeichnet, die nach dem Verständnis des MfS durch feindliche Angriffe gefährdet waren. Maßnahmen zur Bekämpfung westlicher Spionage und politischer Opposition galten somit ebenso als Abwehr wie etwa die Sicherung von Produktivität und Anlagensicherheit in den Betrieben sowie die Verhinderung von Republikflucht und Ausreisen. Demgemäß waren die meisten operativen Arbeitsbereiche des MfS ganz überwiegend mit Abwehr befasst.
Der Operative Vorgang (OV) war ein registrierpflichtiger Vorgang und Sammelbegriff für Einzel- bzw. Gruppenvorgänge (Registrierung, TV und ZOV). Er wurde angelegt, um im Rahmen von verdeckten, aber zum Teil auch offenen Ermittlungen gegen missliebige Personen vorgehen zu können (Anweisung 14/52 vom 10.9.1952: Vorgangsordnung; 1976 durch Richtlinie 1/76 "zur Entwicklung und Bearbeitung Operativer Vorgänge" neu geregelt).
Ausgangspunkt des OV waren zumeist Hinweise auf, aus MfS-Sicht, strafrechtlich relevante Tatbestände (in der Regel Verstöße gegen die in der DDR geltenden politischen Normen), die es zu überprüfen galt. Bestandteil der nach einem klaren Abfolgeprinzip zu erstellenden OV waren "Maßnahmepläne" und ggf. in ihnen enthaltene Maßnahmen der Zersetzung, die vor allem dann zur Anwendung gelangten, wenn eine Inhaftierung aus taktischen Erwägungen als nicht opportun galt.
Im OV ermittelte das MfS nicht nur gegen die betreffende Person, es wurden auch Erkundigungen zum familiären Umfeld, zum Freundes- und Kollegenkreis u. ä. eingeholt. Konnten Delikte keinen Personen unmittelbar zugeordnet werden (z. B. Flugblätter, Losungen, anonyme Briefe), wurde ein OV gegen unbekannt eröffnet. Darin wurden die nach den Vorstellungen des MfS potenziell als Urheber in Frage kommenden Personen dahingehend überprüft, ob ihnen die "Tat" nachzuweisen war.
Häufig ging dem OV eine Operative Personenkontrolle (OPK) voraus. OV waren mit Vorschlägen zur Ahndung der nachgewiesenen Straftatverletzungen (z. B. Ermittlungsverfahren; Anwerbung; Zersetzungsmaßnahmen) bzw. bei Nicht-Bestätigung des Ausgangsverdachts durch Einstellen der Bearbeitung abzuschließen.
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Signatur: BStU, MfS, AOP, Nr. 11806/85, Bd. 52, Bl. 255-258
Nach seiner Ausbürgerung aus der DDR äußerte sich Wolf Biermann auf einer Pressekonferenz des "Schutzkomitees für Freiheit und Sozialismus" in West-Berlin.
Wolf Biermann, Sohn einer kommunistischen Arbeiterfamilie aus Hamburg, siedelte 1953 als Schüler in die DDR über. Er hielt den Staat für das bessere Deutschland. Dort nahm er ein Studium am Berliner Ensemble, dem von Bertolt Brecht gegründeten Theater, auf. Mit seinen Liedern und Gedichten, die er bald zu schreiben begann, geriet er zunehmend in Konflikt mit der strengen Linie der Staatspartei SED. 1965 verhängte das Politbüro ein totales Auftrittsverbot gegen den Künstler. Darüber hinaus hörte die Staatssicherheit Biermanns Wohnung und Telefongespräche ab, las seine Briefe und setzte auch Spitzel auf ihn an. Ihn einzusperren oder „verschwinden“ zu lassen hätte dagegen zu viele unerwünschte internationale Reaktionen nach sich gezogen.
Obwohl seine künstlerischen Wirkungsmöglichkeiten dadurch auf private Räume eingeschränkt wurden, gewann Biermann weiterhin an Popularität – auch im Westen Deutschlands. Dort veröffentlichte er Schallplatten und Gedichtbände. Das SED-Regime konnte dies nicht verhindern und auch Auftritte des Liedermachers in anderen Staaten formal nicht verbieten. Die DDR-Oberen verweigerten ihm jedoch die Ausreise, wenn es Anfragen an den Liedermacher aus dem Ausland gab.
Über viele Jahre erschien es den SED-Funktionären leichter, den unbequemen Künstler im Lande auszuhalten, als offen gegen ihn vorzugehen. Doch 1976 spitzte sich die Situation in der DDR zu: Viele Menschen protestierten gegen die SED-Verleumdungen des in den Freitod gegangenen Pfarrers Brüsewitz. Mehr und mehr Kritiker bestanden auf der Umsetzung der auch von der DDR bei der KSZE-Konferenz in Helsinki im Jahr zuvor anerkannten Menschenrechte.
Die Machthaber waren unter Druck. Sie erlaubten Biermann, auf Einladung der Gewerkschaft IG Metall in Köln aufzutreten. Bei diesem Konzert versuchte er leidenschaftlich, die dem Westen fremd gewordene DDR zu erklären. Das Konzert diente der SED-Führung dennoch als Vorwand, den Künstler gegen seinen Willen auszubürgern und ihm die Rückkehr zu verweigern.
Biermann selbst legte seine Sicht der Dinge am 10. Dezember 1976 auf einer Pressekonferenz des "Schutzkomitees für Freiheit und Sozialismus" in West-Berlin dar. Die Gruppe hatte sich als Reaktion auf die Ausbürgerung gegründet und bemühte sich fortan um die Freilassung inhaftierter Künstler und Intellektueller in der DDR.
deutlich auch durchführen im Hinblick auf die Unterstützung des Kampfes gegen die Berufsverbote hier im Westen.
Die Krokodilstränen mancher Leute über meinen sogenannten Fall und über die schwierige Lage der Kommunisten in der DDR, die sind ja reichlich geflossen in den letzten Wochen. Aber die Abscheu vor dieser pharisäischen Art des Mitleids soll uns eher anspornen, die richtige Form, die menschliche, die gute, sozialistische Form der Solidarität zu üben. Das ist meine Meinung.
Im Übrigen sollten Sie alles das, was jetzt in der DDR passiert, nicht mit so einer faulen Traurigkeit, als Trauerfeil betrachten. Ich glaube euch kaum, daß einer von denen, die in der DDR wirklich leben und auf Seiten des Fortschritts kämpfen, scharf auf diese Art von weinerlicher Begleitmusik ist. Denn abgesehen davon, daß es alles so schlimm ist, ist auch alles sehr schön. Es ist wirklich so, wie ich's mal in diesem Kunzelied schrieb, es ist ja nicht um des Reimes willen geschrieben: "Es ist schön finster und schön licht, gut leben und gut sterben, wir lassen uns die Laune nicht und auch kein Leid verderben". Ich möchte mir erlauben, Sie darauf aufmerksam zu machen, daß meine Freunde und Genossen in der DDR sich auch die gute Laune nicht verderben lassen; denn sie erleben ja im Moment nicht nur den Terror - ich sagte Terror! - der Monopolbürokratie, sondern sie erleben auch die Solidarität in der Bevölkerung; sie erleben, daß sie, die auch in einem etwas verqueren Abglanz der westlichen Zerstrittenheit unter den Linken untereinander manche Querelen haben, sich jetzt wieder nähergekommen sind, wieder brutal darauf hingestoßen sind, daß sie zusammengehören, daß sie sich beistehen und daß überhaupt es möglich war, bei dieser Gelegenheit, bei dieser traurigen, sich zusammenzufinden und zu spüren, zu schmecken, anzufassen, zu erleben diese Stärkung derjenigen Kräfte, die wir mit dem Schlagwort sozialistische Demokratie bezeichnen.
In den ersten Jahren stand das MfS unter einer engen fachlichen und politischen Anleitung durch die sowjetische Staatssicherheit, die mit sog. Beratern (anfangs auch Instrukteure genannt) in den wichtigsten Diensteinheiten des MfS präsent war. Die Berater besaßen dort faktisch Weisungs- und Vetobefugnisse.
Zunächst waren die Berater den jeweiligen Fachabteilungen des sowjetischen Geheimdienstapparates in der DDR zugeordnet. Nach dem Juniaufstand 1953 wurde eine eigene Beraterabteilung gebildet. Der Bevollmächtigte des sowjetischen Sicherheitsorgans in Berlin-Karlshorst war gleichzeitig der oberste Chefberater des MfS. Er leitete den jeweiligen Leiter der DDR-Staatssicherheit persönlich an.
Zum Zeitpunkt seiner Auflösung im November 1958 zählte der Beraterapparat 76 Offiziere. Später verblieb lediglich ein Stab von Verbindungsoffizieren, die keine Weisungskompetenz mehr gegenüber dem MfS besaßen.
Der Operative Vorgang (OV) war ein registrierpflichtiger Vorgang und Sammelbegriff für Einzel- bzw. Gruppenvorgänge (Registrierung, TV und ZOV). Er wurde angelegt, um im Rahmen von verdeckten, aber zum Teil auch offenen Ermittlungen gegen missliebige Personen vorgehen zu können (Anweisung 14/52 vom 10.9.1952: Vorgangsordnung; 1976 durch Richtlinie 1/76 "zur Entwicklung und Bearbeitung Operativer Vorgänge" neu geregelt).
Ausgangspunkt des OV waren zumeist Hinweise auf, aus MfS-Sicht, strafrechtlich relevante Tatbestände (in der Regel Verstöße gegen die in der DDR geltenden politischen Normen), die es zu überprüfen galt. Bestandteil der nach einem klaren Abfolgeprinzip zu erstellenden OV waren "Maßnahmepläne" und ggf. in ihnen enthaltene Maßnahmen der Zersetzung, die vor allem dann zur Anwendung gelangten, wenn eine Inhaftierung aus taktischen Erwägungen als nicht opportun galt.
Im OV ermittelte das MfS nicht nur gegen die betreffende Person, es wurden auch Erkundigungen zum familiären Umfeld, zum Freundes- und Kollegenkreis u. ä. eingeholt. Konnten Delikte keinen Personen unmittelbar zugeordnet werden (z. B. Flugblätter, Losungen, anonyme Briefe), wurde ein OV gegen unbekannt eröffnet. Darin wurden die nach den Vorstellungen des MfS potenziell als Urheber in Frage kommenden Personen dahingehend überprüft, ob ihnen die "Tat" nachzuweisen war.
Häufig ging dem OV eine Operative Personenkontrolle (OPK) voraus. OV waren mit Vorschlägen zur Ahndung der nachgewiesenen Straftatverletzungen (z. B. Ermittlungsverfahren; Anwerbung; Zersetzungsmaßnahmen) bzw. bei Nicht-Bestätigung des Ausgangsverdachts durch Einstellen der Bearbeitung abzuschließen.
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Signatur: BStU, MfS, AOP, Nr. 11806/85, Bd. 52, Bl. 255-258
Nach seiner Ausbürgerung aus der DDR äußerte sich Wolf Biermann auf einer Pressekonferenz des "Schutzkomitees für Freiheit und Sozialismus" in West-Berlin.
Wolf Biermann, Sohn einer kommunistischen Arbeiterfamilie aus Hamburg, siedelte 1953 als Schüler in die DDR über. Er hielt den Staat für das bessere Deutschland. Dort nahm er ein Studium am Berliner Ensemble, dem von Bertolt Brecht gegründeten Theater, auf. Mit seinen Liedern und Gedichten, die er bald zu schreiben begann, geriet er zunehmend in Konflikt mit der strengen Linie der Staatspartei SED. 1965 verhängte das Politbüro ein totales Auftrittsverbot gegen den Künstler. Darüber hinaus hörte die Staatssicherheit Biermanns Wohnung und Telefongespräche ab, las seine Briefe und setzte auch Spitzel auf ihn an. Ihn einzusperren oder „verschwinden“ zu lassen hätte dagegen zu viele unerwünschte internationale Reaktionen nach sich gezogen.
Obwohl seine künstlerischen Wirkungsmöglichkeiten dadurch auf private Räume eingeschränkt wurden, gewann Biermann weiterhin an Popularität – auch im Westen Deutschlands. Dort veröffentlichte er Schallplatten und Gedichtbände. Das SED-Regime konnte dies nicht verhindern und auch Auftritte des Liedermachers in anderen Staaten formal nicht verbieten. Die DDR-Oberen verweigerten ihm jedoch die Ausreise, wenn es Anfragen an den Liedermacher aus dem Ausland gab.
Über viele Jahre erschien es den SED-Funktionären leichter, den unbequemen Künstler im Lande auszuhalten, als offen gegen ihn vorzugehen. Doch 1976 spitzte sich die Situation in der DDR zu: Viele Menschen protestierten gegen die SED-Verleumdungen des in den Freitod gegangenen Pfarrers Brüsewitz. Mehr und mehr Kritiker bestanden auf der Umsetzung der auch von der DDR bei der KSZE-Konferenz in Helsinki im Jahr zuvor anerkannten Menschenrechte.
Die Machthaber waren unter Druck. Sie erlaubten Biermann, auf Einladung der Gewerkschaft IG Metall in Köln aufzutreten. Bei diesem Konzert versuchte er leidenschaftlich, die dem Westen fremd gewordene DDR zu erklären. Das Konzert diente der SED-Führung dennoch als Vorwand, den Künstler gegen seinen Willen auszubürgern und ihm die Rückkehr zu verweigern.
Biermann selbst legte seine Sicht der Dinge am 10. Dezember 1976 auf einer Pressekonferenz des "Schutzkomitees für Freiheit und Sozialismus" in West-Berlin dar. Die Gruppe hatte sich als Reaktion auf die Ausbürgerung gegründet und bemühte sich fortan um die Freilassung inhaftierter Künstler und Intellektueller in der DDR.
Ich mache Sie auf ein bedenkenswertes Mißverhältnis aufmerksam, en dem Sie nämlich, wie ich meine, erkennen können, wie sehr sich die Verhältnisse in der DDR zum Guten geändert haben. Wenn Sie nämlich bedenken, daß bei Gelegenheit des Einmarsches in die Tschechoslowakei, als also von deutschem Boden wieder einmal ein Krieg ausging als die Revolution in der Tschechoslowakei brutal nieder geschlagen wurde und Hoffnung nicht nur des tschechischen und slowakischen Volkes niedergemacht wurde, daß bei dieser Gelegenheit nicht soviel gebündelte, offene, politisch bewußte Solidarität sich
manifestiert hat wie bei Gelegenheit seiner kleinen Person, meines sogenannten Falls. Das soll Ihnen zu denken geben; denn das sieht je ein Blinder mit dem Krückstock, daß es sich nicht um den kleinen Biermann und um die Praline (?) handeln kann.
Daran können Sie sehen, wieviel reifer die Widersprüche die gesellschaftlichen Prozesse geworden sind in der DDR. Das ist in meinen Augen ein ermutigendes Zeichen. Und das Entsetzen und die Trauer über die Brutalitäten, mit denen wir uns jetzt befassen müssen, soll uns nicht besoffen machen, uns nicht blind machen gegen diese historisch wichtigere
Seite der Angelegenheit.
Aber wenn wir das immer im Hinterkopf behalten, können wir uns mit der weniger bedeutenden Seite, so gut es überhaupt gelingen kann, befassen. Denn praktische Solidarität mit denjenigen, die jetzt eingesperrt, verhört, geeint, erpreßt, bedroht, diffamiert, schikaniert, beleidigt und entwürdigt werden, ist allerdinge vonnöten. Ich hoffe nur, diejenigen die diese Solidarität üben, sind es würdig - Es kommt mir so vor, als wenn das reicht.
Der Operative Vorgang (OV) war ein registrierpflichtiger Vorgang und Sammelbegriff für Einzel- bzw. Gruppenvorgänge (Registrierung, TV und ZOV). Er wurde angelegt, um im Rahmen von verdeckten, aber zum Teil auch offenen Ermittlungen gegen missliebige Personen vorgehen zu können (Anweisung 14/52 vom 10.9.1952: Vorgangsordnung; 1976 durch Richtlinie 1/76 "zur Entwicklung und Bearbeitung Operativer Vorgänge" neu geregelt).
Ausgangspunkt des OV waren zumeist Hinweise auf, aus MfS-Sicht, strafrechtlich relevante Tatbestände (in der Regel Verstöße gegen die in der DDR geltenden politischen Normen), die es zu überprüfen galt. Bestandteil der nach einem klaren Abfolgeprinzip zu erstellenden OV waren "Maßnahmepläne" und ggf. in ihnen enthaltene Maßnahmen der Zersetzung, die vor allem dann zur Anwendung gelangten, wenn eine Inhaftierung aus taktischen Erwägungen als nicht opportun galt.
Im OV ermittelte das MfS nicht nur gegen die betreffende Person, es wurden auch Erkundigungen zum familiären Umfeld, zum Freundes- und Kollegenkreis u. ä. eingeholt. Konnten Delikte keinen Personen unmittelbar zugeordnet werden (z. B. Flugblätter, Losungen, anonyme Briefe), wurde ein OV gegen unbekannt eröffnet. Darin wurden die nach den Vorstellungen des MfS potenziell als Urheber in Frage kommenden Personen dahingehend überprüft, ob ihnen die "Tat" nachzuweisen war.
Häufig ging dem OV eine Operative Personenkontrolle (OPK) voraus. OV waren mit Vorschlägen zur Ahndung der nachgewiesenen Straftatverletzungen (z. B. Ermittlungsverfahren; Anwerbung; Zersetzungsmaßnahmen) bzw. bei Nicht-Bestätigung des Ausgangsverdachts durch Einstellen der Bearbeitung abzuschließen.
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