Signatur: BStU, MfS, HA XX/AKG, Nr. 1030, Bl. 2-3
Die Partei- und Staatsführung hielt Informationen über die Umweltverschmutzung in der DDR unter Verschluss. Die Staatssicherheit überwachte sehr genau kirchliche Umweltgruppen, die öffentlich ökologische Missstände in der DDR anprangerten. Über deren geplante Aktivitäten anlässlich des Weltumwelttages am 5. Juni 1988 war die Stasi bestens informiert. So überwachte sie auch den "Pleiße-Gedenkumzug" in Leipzig, an dem 120 bis 140 Personen teilnahmen.
Im SED-Staat war die Umweltpolitik der "Einheit von Wirtschafts- und Sozialpolitik" untergeordnet. Umweltdaten unterlagen in der DDR seit einem Beschluss des Ministerrates vom 16. November 1982 mehr denn je der Geheimhaltung. Umweltverschmutzungen und deren gesundheitliche Folgen wurden in der offiziellen Berichterstattung totgeschwiegen. Dennoch waren immer weniger Menschen bereit, die schwerwiegenden Folgen des ökologischen Raubbaus in der DDR stillschweigend hinzunehmen.
In Leipzig gründete sich 1981 als eine der ersten Ökologiegruppen in der DDR die Arbeitsgruppe Umweltschutz (AGU). Befasste sich die AGU anfangs noch mit Einzelproblemen des Umweltschutzes, brachte sie ab 1988 weitere gesellschaftliche Aspekte, wie Demokratiedefizite, zur Sprache, die das System grundlegend hinterfragten. Am 5. Juni 1988 – dem Weltumwelttag – organisierte die Gruppe den "1. Pleiße-Gedenkumzug". Demonstrantinnen und Demonstranten machten an diesem Tag auf die Verschmutzung des Flusses Pleiße aufmerksam, der ursprünglich als Lebensader der Stadt Leipzig galt. Er wurde "verrohrt, verschüttet, abgedeckt und unterirdisch abgeleitet", weil er biologisch tot war und eine enorme Geruchsbelästigung darstellte. Im Volksmund als "Rio Phenole" bezeichnet, stand er beispielhaft für die Umweltsituation der Stadt und der geschundenen Region rings um Leipzig.
Die Veranstaltung stieß außerhalb der Kirchenöffentlichkeit laut Einschätzungen der Stasi zwar nur auf eine "geringe Öffentlichkeitswirksamkeit", doch es wurden auch Vertreterinnen und Vertreter des politischen Systems und der Medien eingeladen. Laut Angaben des Ministeriums für Staatssicherheit, das vorbeugende Sicherungsmaßnahmen veranlasst hatte, nahmen insgesamt etwa 120 bis 140 Personen teil. Im vorliegenden Bericht dokumentierte die Stasi den Verlauf der Veranstaltung.
Hinweis
über einen"Pleiße-Gedenkumzug" anläßlich des Weltumwelttages am 05.06.1988 in Leipzig
Am 05.06.1988 wurde in der Zeit von 14.00 bis 16.30 Uhr im Leipziger Naherholungsgebiet Auenwald entlang der Pleiße ein "Pleiße-Gedenkumzug" durchgeführt.
Zu diesem "Umzug" war seit ca. 1 Woche mittels postalisch versandter bzw. im Stadtgebiet von Leipzig angebrachter Handzettel aufgerufen worden. Auf diesen Handzetteln waren lediglich der Treffpunkt und der Beginn des "Pleiße-Gedenkumzuges" angegeben, Hinweise über die Marschstrecke sowie die Organisatoren dieser Maßnahme waren nicht vermerkt. Mit hoher Wahrscheinlichkeit wurde dieser "Umzug" durch Angehörige der "Arbeitsgruppe Umweltschutz" des Jugendpfarramtes Leipzig organisiert (An der Feststellung der Organisatoren wird gearbeitet.).
In Abstimmung mit der SED-Bezirksleitung wurden durch die Bezirksverwaltung Leipzig im Zusammenwirken mit der DVP Maßnahmen zur Kontrolle und Dokumentierung durchgeführt.
An dem "Pleiße-Gedenkumzug", der sich in Form einer Wanderung in losen Gruppen gestaltete, beteiligten sich insgesamt ca. 120 bis 140 Personen unterschiedlichster Altersgruppen, teilweise mit Klein- und Kleinstkindern, Auch Rollstuhlfahrer nahmen an der Veranstaltung teil.
Zu Beginn erhielten die Teilnehmer aus Stoff gefertigte Anstecker (Postkartengröße, Text: "Umkehr zum Leben - Umweltschutz Leipzig").
Im Verlauf des Spazierganges wurden zwei Rastpausen eingelegt, in denen Diskussionen geführt wurden.
Signatur: BStU, MfS, HA XX/AKG, Nr. 1030, Bl. 2-3
Die Partei- und Staatsführung hielt Informationen über die Umweltverschmutzung in der DDR unter Verschluss. Die Staatssicherheit überwachte sehr genau kirchliche Umweltgruppen, die öffentlich ökologische Missstände in der DDR anprangerten. Über deren geplante Aktivitäten anlässlich des Weltumwelttages am 5. Juni 1988 war die Stasi bestens informiert. So überwachte sie auch den "Pleiße-Gedenkumzug" in Leipzig, an dem 120 bis 140 Personen teilnahmen.
Im SED-Staat war die Umweltpolitik der "Einheit von Wirtschafts- und Sozialpolitik" untergeordnet. Umweltdaten unterlagen in der DDR seit einem Beschluss des Ministerrates vom 16. November 1982 mehr denn je der Geheimhaltung. Umweltverschmutzungen und deren gesundheitliche Folgen wurden in der offiziellen Berichterstattung totgeschwiegen. Dennoch waren immer weniger Menschen bereit, die schwerwiegenden Folgen des ökologischen Raubbaus in der DDR stillschweigend hinzunehmen.
In Leipzig gründete sich 1981 als eine der ersten Ökologiegruppen in der DDR die Arbeitsgruppe Umweltschutz (AGU). Befasste sich die AGU anfangs noch mit Einzelproblemen des Umweltschutzes, brachte sie ab 1988 weitere gesellschaftliche Aspekte, wie Demokratiedefizite, zur Sprache, die das System grundlegend hinterfragten. Am 5. Juni 1988 – dem Weltumwelttag – organisierte die Gruppe den "1. Pleiße-Gedenkumzug". Demonstrantinnen und Demonstranten machten an diesem Tag auf die Verschmutzung des Flusses Pleiße aufmerksam, der ursprünglich als Lebensader der Stadt Leipzig galt. Er wurde "verrohrt, verschüttet, abgedeckt und unterirdisch abgeleitet", weil er biologisch tot war und eine enorme Geruchsbelästigung darstellte. Im Volksmund als "Rio Phenole" bezeichnet, stand er beispielhaft für die Umweltsituation der Stadt und der geschundenen Region rings um Leipzig.
Die Veranstaltung stieß außerhalb der Kirchenöffentlichkeit laut Einschätzungen der Stasi zwar nur auf eine "geringe Öffentlichkeitswirksamkeit", doch es wurden auch Vertreterinnen und Vertreter des politischen Systems und der Medien eingeladen. Laut Angaben des Ministeriums für Staatssicherheit, das vorbeugende Sicherungsmaßnahmen veranlasst hatte, nahmen insgesamt etwa 120 bis 140 Personen teil. Im vorliegenden Bericht dokumentierte die Stasi den Verlauf der Veranstaltung.
In diesem Zusammenhang wurden den Teilnehmern jeweils vier Sichtmaterialien folgenden Inhaltes zur Kenntnis gegeben:
- "Wann wird die Pleiße endlich sauber?"
- "Umweltschutz in der DDR - ein Gesetz?"
- graphische Darstellung von Flußläufen in der DDR mit unterschiedlicher Farbgestaltung
- Artikel aus der "Leipziger Volkszeitung" von 1968 zum Thema "Reinhaltung der Pleiße" sowie dazu gefertigte textliche Anmerkungen
(Maßnahmen zur Identifizierung der Träger dieser Sichtelemente sind eingeleitet.)
Während der Diskussion sowie im Gesamtverlauf des "Pleiße-Gedenkumzuges" gab es keine Vorkommnisse. Am Endpunkt lösten sich die Teilnehmer selbständig auf, nachdem sie zur Beteiligung an dem am 12.06.1988 in Deutzen/Kreis Borna stattfindenen "Umweltgottesdienst" aufgefordert wurden.
Ein Eingreifen von Sicherungskräften war nicht erforderlich. Aufgrund der gewählten Marschstrecke war nur eine geringe Öffentlichkeitswirksamkeit zu verzeichnen.
Die Anwesenheit von Vertretern westlicher Massenmedien wurde nicht festgestellt.
Hinweis auf geplante Aktivitäten kirchlicher Umweltgruppen zum Weltumwelttag 1988 Dokument, 1 Seite
Maßnahmen zur Verhinderung des 2. Pleiße-Gedenkmarsches am 5. Juni 1989 in Leipzig Dokument, 1 Seite
Eingabe zur Pleiße an den Ministerrat der DDR Dokument, 2 Seiten
Bericht zum Trägerkreis für die Schaffung eines Kommunikationszentrums Dokument, 4 Seiten