Signatur: BArch, MfS, HA VI, 8740
Die Staatssicherheit hielt das Notaufnahmelager Gießen unter genauer Beobachtung. In den 1960er Jahren fertigte sie Fotos des Geländes an.
Die Notaufnahmelager in Uelzen (Niedersachsen) und Gießen (Hessen) zählten zu den größten Überwachungsprojekten der Stasi in der Bundesrepublik. Flüchtlinge, die illegal die DDR verließen, und Übersiedler, die offiziell über einen Ausreiseantrag ausreisten, mussten hier eine Aufenthaltserlaubnis für die Bundesrepublik beantragen. Beide Aufnahmeeinrichtungen galten für die Staatssicherheit als feindliche Objekte.
Für die Stasi waren die Objekte aus drei Aspekten interessant: Zum einen kamen hier Menschen zusammen, die der DDR den Rücken gekehrt hatten. Aus Sicht der SED und der Staatssicherheit handelte es sich um "Republikflüchtige" – und damit um Straftäter. Zudem waren in den Notaufnahmelagern vor allem in den 1950er-Jahren antikommunistische Widerstandsgruppen präsent. Der eigentliche Grund aber war die sogenannte Notaufnahme, ein 1950 etabliertes Überprüfungsverfahren für Flüchtlinge und Übersiedelnde aus der DDR.
Die Stasi interessierte sich von Beginn an für jedes Detail des Verfahrens und der dazugehörigen Verwaltung. Inoffizielle Mitarbeiter fotografierten Gebäude und Mitarbeiter der Lagerverwaltung. Sie fertigten Lagepläne an und skizzierten die Einrichtung der Büros. Die Stasi-Offiziere schickten auch Vertrauensleute als Flüchtlinge getarnt nach Gießen und Uelzen, um das Verfahren auszukundschaften. Nach ihrer Rückkehr sollten sie über jede Station im Lager Auskunft geben.
Mehr als alles andere standen allerdings die westlichen Geheimdienste im Fokus. Grundrisse und Möblierung ihrer Büros in Gießen und Uelzen hielt die Stasi in zahlreichen Zeichnungen fest. Rückkehrende sollten Namen und Adressen von Geheimdienstmitarbeitern nennen und über ihre Erlebnisse in den Zweigstellen für Befragungswesen Auskunft geben.
Im Zuge dieser Überwachungen ist auch der vorliegende Fotobericht aus dem Notaufnahmelager Gießen entstanden.
Dieses Blatt zeigt drei Schwarz-Weiß-Aufnahmen eines Notaufnahmelagers in Gießen.
Das erste Foto, welches aus einem Auto heraus entstanden ist, zeigt die Zufahrtsstraße und die anderen beiden Fotos zeigen jeweils ein anderes Gebäude des Aufnahmelagers.
Operative Beobachtung
Die Beobachtung zählte zu den konspirativen Ermittlungsmethoden, die in der Regel von operativen Diensteinheiten in Auftrag gegeben und von hauptamtlichen Mitarbeitern der Linie VIII (Hauptabteilung VIII) durchgeführt wurden. Dabei wurden sog. Zielpersonen (Beobachtungsobjekte genannt) über einen festgelegten Zeitraum beobachtet, um Hinweise über Aufenthaltsorte, Verbindungen, Arbeitsstellen, Lebensgewohnheiten und ggf. strafbare Handlungen herauszufinden. Informationen aus Beobachtungen flossen in Operative Personenkontrollen, Operative Vorgänge oder Sicherheitsüberprüfungen ein. Im westlichen Ausland wurden Beobachtungen meist von IM unter falscher Identität ausgeführt.
Straftaten gegen die staatliche Ordnung
Straftaten gegen die staatliche Ordnung waren Straftatbestände des 8. Kapitels des StGB/1968. Insbesondere der 2. Abschnitt ("Straftaten gegen die staatliche und öffentliche Ordnung") enthält politische Strafnormen, die für die strafrechtliche Untersuchungstätigkeit der Staatssicherheit (Untersuchungsorgan) von großer Bedeutung waren.
Das gilt vor allem für § 213 ("Ungesetzlicher Grenzübertritt"), der in der Honecker-Ära Grundlage von rund der Hälfte aller MfS-Ermittlungsverfahren war. Auch § 214 ("Beeinträchtigung staatlicher und gesellschaftlicher Tätigkeit") spielte, vor allem im Zusammenhang mit der Bekämpfung von Ausreiseantragstellern, in den 80er Jahren eine immer wichtigere Rolle.
Ähnliches gilt für § 219 ("Ungesetzliche Verbindungsaufnahme") und § 220 ("Öffentliche Herabwürdigung der staatlichen Ordnung"), die die ähnlichen, aber schwerer wiegenden Strafnormen aus dem 2. Kapitel des StGB/1968 § 100 ("Staatsfeindliche Verbindungen", ab 1979 "Landesverräterische Agententätigkeit") und § 106 ("Staatsfeindliche Hetze") weitgehend verdrängten (Staatsverbrechen).
Straftaten gegen die staatliche Ordnung
Straftaten gegen die staatliche Ordnung waren Straftatbestände des 8. Kapitels des StGB/1968. Insbesondere der 2. Abschnitt ("Straftaten gegen die staatliche und öffentliche Ordnung") enthält politische Strafnormen, die für die strafrechtliche Untersuchungstätigkeit der Staatssicherheit (Untersuchungsorgan) von großer Bedeutung waren.
Das gilt vor allem für § 213 ("Ungesetzlicher Grenzübertritt"), der in der Honecker-Ära Grundlage von rund der Hälfte aller MfS-Ermittlungsverfahren war. Auch § 214 ("Beeinträchtigung staatlicher und gesellschaftlicher Tätigkeit") spielte, vor allem im Zusammenhang mit der Bekämpfung von Ausreiseantragstellern, in den 80er Jahren eine immer wichtigere Rolle.
Ähnliches gilt für § 219 ("Ungesetzliche Verbindungsaufnahme") und § 220 ("Öffentliche Herabwürdigung der staatlichen Ordnung"), die die ähnlichen, aber schwerer wiegenden Strafnormen aus dem 2. Kapitel des StGB/1968 § 100 ("Staatsfeindliche Verbindungen", ab 1979 "Landesverräterische Agententätigkeit") und § 106 ("Staatsfeindliche Hetze") weitgehend verdrängten (Staatsverbrechen).
Von der Bezirksverwaltung Magdeburg verfasstes Flugblatt, das im Notaufnahmelager Uelzen kursierte Dokument, 1 Seite
Foto der Zweigstelle für Befragungswesen in Gießen 1 Fotografie
Abschlussbericht der HA VII/3 über den Aufenthalt im Zentralen Aufnahmeheim Röntgental Dokument, 6 Seiten
Bilder des Zentralen Aufnahmeheims Röntgental 2 Fotografien