Signatur: BStU, MfS, BV Potsdam, Vi, Nr. 1
Der Namen Guillaume steht wie kein anderer exemplarisch für die Westspionage des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS). Er stieg zum Persönlichen Referenten des damaligen Bundeskanzlers Willy Brandt auf und hatte Zugang zu streng geheimen Unterlagen. Ein Propagandafilm der Stasi widmet sich den Hintergründen dieses Spionagefalls.
1956 wurde Günter Guillaume gemeinsam mit seiner Frau in die Bundesrepublik geschickt, um die Parteiarbeit der SPD auszuspionieren. Die Staatssicherheit bezeichnete ihn als sogenannten Übersiedlungs-Inoffizieller Mitarbeiter (ÜIM), und alle Westspione wurden als "Kundschafter für den Frieden" propagandistisch verklärt.
Vorausgegangen war eine sorgfältige Schulung durch die Hauptverwaltung A (HV A), den Auslandsgeheimdienst der DDR. Zehn Jahre lang war Guillaume dann als Parteifunktionär tätig und stieg innerhalb der Sozialdemokratischen Partei immer weiter auf. Dass er es 1970 bis ins Kanzleramt schaffte und 1972 sogar Persönlicher Referent von Bundeskanzler Willy Brandt wurde, hatte Mitte der 50er Jahre wohl niemand erwartet.
Anfang der 70er Jahre gehörte Guillaume zum engsten Mitarbeiterkreis des Kanzlers und bekam Einblick in unterschiedliche, zum Teil streng geheime Regierungsvorgänge. Im Jahre 1973 wurden dann die bundesdeutschen Sicherheitsdienste hellhörig. Doch erst im April 1974 wurde der DDR-Spion verhaftet. Der Fall löste eine politische Krise in der Bundesrepublik aus, an deren Ende Willy Brandt von seinem Amt zurücktrat. Guillaume und seine Frau wurden zu 13 bzw. 18 Jahren Freiheitsstrafe verurteilt.
Obwohl sich das Ehepaar Guillaume kurz nach ihrer vorzeitigen Freilassung und Rückkehr in der DDR scheiden ließ, traten sie in diesem 1982 gedrehten Propagandafilm des MfS als erfolgreiches Kundschafter-Ehepaar auf. Stasi-Minister Mielke lobt sie für ihren "Mut und [ihre] treue Ergebenheit" sowie „die hohen persönlichen Opfer […] und die Standhaftigkeit während der schweren Haft.“ Dies böte ein perfektes Vorbild für alle Angehörigen des MfS, so Mielke.
Die Guillaumes sprechen im Film über ihre Motive für ihren langjährigen Einsatz, kaum jedoch über operative Details. Die Biografien der Guillaumes werden als Lehrbeispiel einer gelungenen Arbeit der HV A dargestellt. Offen bleibt dabei die Frage, ob der "Topspion" des MfS wirklich viele nützliche Informationen weiterleitete. Der Film, den MfS und Deutscher Fernsehfunk in enger Zusammenarbeit erstellten, blieb vielleicht auch deswegen weitgehend unter Verschluss. Er wurde im September 1982 vor Mielke uraufgeführt, durfte danach aber nur einem ausgewähltem Publikum gezeigt werden.
In den Stasi-Akten findet man heute nur wenige Informationen über die Tätigkeit Guillaumes, weil die HV A ihren Aktenbestand während der Auflösung des MfS 1989/90 weitgehend vernichten durfte.
Musikeinspielung
Frühling 1981
X. Parteitag der SED
Unter den Gästen eine Frau, die erst seit einem Monat wieder in ihrer Heimat ist:
Christel Guillaume
Christel ich freue mich sie hier begrüßen zu können
in diesem [unverständlich] Republik, der zehnte Parteitag der gerade stattfindet.
Ein zeithistorisches Ereignis nich.
Wir haben uns viel gesorgt um dich,
haben dich Frei gekämpft.
Freuen uns...
Herr Minister
freuen uns und besonders...Danke...gerade hier in diesen Tagen,
hier das du miterleben konntest, nicht war ?
und Günter wird auch kommen,
[unverständlich]
Sie steht ja hier für, auch für den Günter,
den Genossen Günter Guillaume
und viele andere Genossen, die weiter im Einsatz ihre Pflicht erfüllen.
Es ist nartürlich besonders, also das wir Heute hier so zusammen sein können,
weil was haben wir alles getan, nich ihr wisst ja nich aber
manchmal Nachts nicht geschlafen hab, hab davon geträumt
wie ich es also so weit bekomme, dass ich euch Frei bekomme.
Also wer mit uns arbeitet der ist nie verloren, nie vergessen.
Autogeräusche
Das Wort des Ministers wird war.
Ein halbes Jahr später trifft auch Günter Guillaume in seine Heimat ein.
Erste Umarmung der Kampfgefährten.
Wagen wechsel.
Sie mussten ihn hergeben.
Hintergrundgeräusche
Generaloberst Wolf nimmt den Heimgekehrten in Empfang.
Zwei Männer die sich lange nicht gesehen haben und doch stets von einander wussten.
Hintergrundgeräusche
Günter
Micha
Willkommen daheim.
Danke dir, für alles.
Wir danken dir Günter.
Erstmal Herzlich Willkommen.
Alles alles gute zu Hause.
Gut das die lange Zeit nun endlich zu Ende ist.
Ja
Hintergrundgeräusche
Ihre Heimat
Wie lang haben beide Seelen entbehren müssen
und wie viel haben sie in diesen Jahren für sie gegeben.
Hintergrundgeräusche
Musikeinspielung
In der Dienstversammlung des Minesteriums für Staatssicherheit
melden sich Christel und Günter Guillaume zurück.
Der bewaffneten Organen der Arbeiter und Bauern Macht
Verbunden mit den...
Der Minister würdigt ihre Verdienste.
Applaus
Liebe Christel und Günter Guillaum.
Ihr habt unter sehr komplizierten Bedingungen im Herzen des Gegners
mit eurer hingebungsvollen und erfolgreichen Tätigkeit,
ein äußerst wertvollen Beitrag zur Stärkung und Sicherung der deutschen demokratischen Republik,
für die sozialistische Staatengemeinschaft insgesamt geleistet.
Durch eure Tätigkeit wurde ein wichtiger Beitrag geleistet
in der Einschätzung und Entwicklung der internationalen Lage.
Sie wird auch sichtbar, dass uns bisher möglich war den Frieden zu erhalten.
Euer Mut und eure treue Ergebenheit,
die hohen perönlichen Opfer, die ihr bringen musstet
und eure Standhaftigkeit während der schweren Haft,
sind Vorbild für alle Angehörigen des Ministeriums für Staatssicherheit
und die vielen Kundschafter an der unsichtbaren Front.
Euer Auftrag für die Sache des Sozialismus und des Friedens bis zur letzten Möglichkeit zu kämpfen,
wurde ehrenvoll erfüllt.
Dafür danken euch die Partei und die Staatsführung
und besonders unser Generalsekretär der Partei, Vorsitzender des Staatsrates
und Vorsitzender des nationalen Verteidigungsrates, Genosse Erich Honecker.
Genossinnen und Genossen, liebe Freunde
tief überzeugend von der Richtigkeit und Sieghaftigkeit unseres Kampfes,
festes Vertrauen zur Partei der Arbeiterklasse,
standhaftes Verhalten auch unter komplizierten Bedingungen
und entschlossenes, selbstloses Handeln,
dass muss jedem Angehörigen unseres Ministeriums, jeden Kundschafter und Patrioten auszeichnen.
Applaus
Herr Minister, Genossinen und Genossen
Wir melden uns nach 25 Jahren im Einsatz zurück, in der deutschen demokratischen Rapublik.
Im nahmen von Christel und mir, herzlichen Dank
für den ergreifenden Empfang in der Heimat
und danke für die Gelegenheit hier vor Genossen und Freunden
unsern Empfinden in Worten ausdruck geben zu dürfen.
Ganz besonders danken wir unseren Minister
für seinen persönlichen Einsatz und die unermühtlichen Anstrengungen,
die mit Erfolg zur Freikampfung von Christel und mir geführt haben.
Dank auch an die Genossen der Abwehr.
Die durch ihre erfolgreiche Arbeit entscheidene Voraussetzungen dafür geschaffen haben.
Wir hätten gern noch länger unseren Auftrag als Kundschafter erfüllt.
Es war nicht leicht, so plötzlich daran gehindert zu werden,
eine erfolgreiche Arbeit für die Sicherung des Friedens fortzusezten.
Das Vertrauen und die Solidarität der Partei und unseres großen Kollektivs,
das wir auch in der schweren Zeit der Haft, ständig gespührt haben,
gab uns die Kraft auch diese Prüfung zu überstehen.
Ich will nicht verschweigen das es in dieser Phase auch Depressionen gab.
Dann hielten wir uns an das Beispiel der Genossen aus dem antifaschistischen Wiederstand,
die es noch schwerer hatten und uns half auch der Gedanke
an die vielen Opfer der Sowjetarmee, bei der Befreiung unserer Heimat.
Heute sind wir bereits die älteren Tschekisten und sehen es als unsere Aufgabe an,
die eigenen Erfahrungen wie eine Stafette an die jüngeren Genossen weiter zu geben.
Die Jüngeren die bereits Heute unter uns weilen oder die erst noch zu uns stoßen werden.
Wir beide, Christel und ich, versichern, dass wir auch kümpftig bereit sind
unseren Beitrag für die Sache des Sozialismus
und vor allem für die Erhaltung des Friedens zu leisten.
Applaus
Für ihre mutigen, klugen, opferbereiten Einsatz, für ihre überragenden Verdienste
beim Schutze des Sozialismus und zur Sicherung des Friedens,
wurden Günter und Christel Guillaum mit dem Karl-Marx-Orden geehrt.
Wie hat alles Angefangen, vor einem viertel Jahrhundert?
Wie jung sie damals waren.
Im Einsatzgebiet konnten sie ihren Personalausweis nicht bei sich tragen.
Im Panzerschrank wurde er sorgfältig aufbewahrt und vor Verlust geschützt.
Christel und Günter Guillaum waren, blieben und sind Bürger der deutschen demokratischen Republik.
Guillaum Christel Margarete, geboren 06.Oktober 1927 in Allenstein
Nationalität: Deutsch, Beruf: Stenotypisten, verheiratet.
Besondere Kennzeichen: keine
Guillaum Günter Karl Heinz, geboren 01. Februar 1927 in Berlin, Nationalität: Deutsch
Beruf: Fotograf, verheiratet, Besondere Kennzeichen: keine
Keine? Äußerlich nicht. Charakterlich schon.
Zwei junge Bürger der DDR, bereit zum mutigen Schritt in eine feindliche Welt.
Wie sah sie aus diese Welt mitte der 50ger Jahre?
Februar 1953, der von den Westmächten initiierte Kalte Krieg spitzt sich zu.
In Bonn trifft der neue US-Außenminister Dullas, geistiger Vater der groß angelekten Strategie
des Rollback, zu geheim Verhandlungen mit Bundeskanzler Adenauer ein.
Die USA brauchen einen scharfen Festlandsdegen gegen die Länder des Sozialismus.
Die Regierung des westdeutschen Großkapitals nimmt die Gelegenheit war
um ihre restaurierte Nacht wieder auf millitärische Füße zu stellen
Februar 1953, treffen der Außenminister der Signatarstaaten des Potsdamer Abkommens in Berlin.
Der sowjetische Außenminister Molotov, hier mit seinem Stellvertreter Andre Gromykow,
warnt eindringlich vor dem Bruch des Abkommens, vor der Wiederbewaffnung des deutschen Imperalismus
Unterstützt von einer mächtigen Volksbewegung schlägt er vor
mit ganz Deutschland einen Friedensvertrag abzuschließen.
Die Westmächte jedoch stellen die Weichen auf Konfrontation
und sie haben es eillig.
Bereits im Oktober 1954 sitzt Adenauer als neuer junior Partner mit am Tisch.
Unter Bruch des Völkerrechts werden die Pariser Verträge unterzeichnet.
Die hochrüstung der BRD und die Eingliederung in die Nato stehen auf dem Program.
Die Tinte auf den Dokumenten ist noch nicht trocken
Sofort laufen die ersten Maßnahmen nun in frecher Offenheit an.
Der Blick der alten, neuen Generalität kann wieder nach Osten gehen.
Eine wütende Welle geistigen Terrors überliefert das Land.
Die Niederlage im zweiten Weltkrieges wird nicht hingenommen.
Kein Tag in Presse, Rundfunk und Fernsehen der nicht Revangegedanken schührt.
Und die Buchhandlungen quellen über von einer Literatur
in der dieser faschistische Raubkrieg nachträglich gewonnen wird.
Selbst eine so blutbefleckte Organisation, wie die SS
wird auf dem antikommunistischen Feldzug mitgenommen
Regelmäßig erscheint der Freiwillige, dass Organ der Waffen SS.
Sammlungs Aufrufe der Traditionsverbände.
In die Bundeswehr treten auf einem Schlag 2000 SS Offiziere ein.
Treffen der sudetendeutschen Landsmannschaft in Heidelberg.
Von vornehrein ist die Stoßrichtung klar. Gen Osten
Die verdriebenen Verbände bilden die Vorreiter.
Als sogenannter Rechtsnachvolger des deutschen Reiches beansprucht die Bonner Politik
nicht nur die eingliederung der DDR, sondern Betreibt auch
die Rückeroberrung von Gebieten der CSSR, der Volksrepublik Polen und der Sowjetunion.
Europas Friede ist in Gefahr.
Der SPD-Chef Kurt Schumacher auf einer Frontstadt-Kundgebung in West-Berlin
Das Taktieren der SPD wirkt sich verhängnisvoll aus.
Noch stellt sie sich, wenn auch ohne Konsequenz gegen die Remillitarisierung
aber ihre rechten Führer infizieren die Massen mit dem Gift des Antikommunismus.
Die westdeustche Arbeiterklasse wird in ihrer Mehrheit politisch Irre geführt
Schumachers SPD Ost-Büro kennt nur ein Ziel:
Die Version des Aufbaus in der DDR
Die einzige Kraft die sich entschlossen dieser Entwicklung in den Weg stellt
ist die kommunistische Partei.
Sie soll ausgeschaltete werden.
1956 macht die Reaktion ernst.
Die Partei wird verboten, ihre Partei- und Verlagshäuser, hier die Hamburger Volkszeitung,
werden von Einsatzkomandos besetzt
In den Sog des Terrors geraten bald auch nicht kommunistische Demokraten.
Ende 1956 ist der Weg frei.
Abstimmung im Bonner Bundestag
Die Mehrheit der Regierungsparteien und der CDU-Kanzler Adenauer
beschließt die Wiedereinführung der allgemeinen Wehrpflicht.
Die in der Opposition sitzende SPD stimmt gegen das Gesetzt.
Doch ihr Wiederstreit bleibt im Rhetorischen stecken.
Schon hier zeigt sich eine Entwicklung, die später sozialdemokratische Führer als Wehrminister sieht.
Die ersten Atomwaffen kommen in die Bundesrepublik.
Ende 1956 können sie auf einen amerikansichen Übungsgelände
in Oberbayern von Nato-Spezialisten in Augenschein genommen werden.
Die Verwandlung der BRD in ein atomares Aufmarschgebiet nimmt ihren verhängnisvollen Anfang.
Zu den balistischen Waffen gehören auch solche mit denen Ziele
tief im Hinterland der sozialistischen Staaten erreicht werden können.
Und dann ist es so weit.
In der Lüneburger Heide findet das Atomkriegsmanöver statt.
Bundeskanzler Adenauer zeigt sich tief befridigt
über die Demonstration eines 300 Meter hohen Explosionspilzes.
Beim abschließenden abschreiten einer ehren Kompanie der neuen Bundeswehr
wird er begleitet von Wehrminister Strauss und Generalinspekteur Heusinger,
der seine Generalstabserfahrungen in Hitlers Wolfsschanze gesammelt hat.
In der Zeit des sich verschärfenden Kalten Krieges ist Ernst Reuter
einer der Exponenten des reaktionären Flügels in der SPD-Führung, Verwaltungs Chef in West-Berlin.
Der bürgerliche englische Journalist Burchett urteilte über Reuter:
Die Ansichten die er äußerte waren mir aus Gesprächen mit früheren Nazis wohl bekannt.
Vor allem sabotierte er jeden Versuch das berliner Problem zu lösen.
Die kritische Situation sollte um jeden Preis aufrecht erhalten werden,
um den künftigen Kriegsgrund abzugeben.
Das Bild zeigt Reuter beim Empfang Adenauers in West-Berlin.
Beide arbeiteten Hand in Hand.
Das war die Situation in der Christel und Günter Guillaume ihren Kuntschafterauftrag übernahmen.
Der Frieden und der Sozialismus sind bedroht.
Der Frieden und der Sozialismus müssen geschützt werden.
Mit 17 Jahren wurde ich noch Soldat der faschistischen Wehrmacht
und lernte Angst und schrecken, der letzten Monate des zweiten Weltkrieges kennen.
Das prägte mich und festigte in mir die Entscheidung nie wieder Krieg.
Alles zu tun das sich das nicht wiederholt.
Das waren meine jungen Erfahrungen aber nicht nur das.
Gleich darauf, nur wenige Monate danach kam das Bedürfnis neues Wissen zu erwerben
Wissen das zwölf Jahrelang vorenthalten worden war.
Wissen das vorher verboten war.
Und die erste Organisation der ich mich dann anschloß
war die Gesellschaft für Deutsch-Sowjetische Freundschaft.
Ich wollte mehr wissen über dieses große Land,
dem wir Deutsche in dem Krieg so viel Leid zugefügt hatten.
Auf den Veranstaltungen dieser Gesellschaft lernte ich persöhnlich die ersten Menschen kennen,
die am antifaschistischen Wiederstand teil genommen hatten.
Eine Vätergeneration die ich bis dahin nicht kannte.
Die zurück gekommen war aus den Konzentrationslagern, aus den Suchthäusern und aus der Immigration.
Diesen Menschen stahl ich sozusagen alles von den Lippen.
Was sie sagten saugte ich auf wie ein Schwamm
und so erwarb ich mir das erste bisschen ideologische Wissen um die Arbeiterklasse
und die große Sowjetunion und um die Hintergründe die zu diesem schrecklichen Krieg geführt hatten,
die ihn mit ausgelöst hatten.
Diese Zeit war nun aber nicht nur dazu da, dass man in ruhe studieren konnte
sondern es zeichneten bereits schon wieder Entwicklungen ab,
die ein das fürchten lernten vor einen neuen Krieg.
Und so war es eine ganz logische Schlussvolgerung, dass der Weg
zu den sich damals bildenden Friedenskomitees, mein Weg wurde.
In ein dieser Friedenskomitees lernte ich dann Christel kennen.
Sie war aus dem gleichen Empfinden dort hingegangen.
Und wir gehörten zu denen die demonstrierten, die Flugblätter verteilten
die diskutierten mit den Anderen die noch nicht so wach waren.
zu dieser Zeit verlegte ich meinen Wohnsitz, der vorher in Berlin-Charlottenburg war,
in unsere Hauptstadt, wurde Mitarbeiter eines Verlages, wurde dort Gewerkschaftsfunktionär,
Mitglied der Betriebsgewerkschaftsleitung und Kandidat unserer Partei.
Und das wiederum führte zu neuer aktiver Arbeit für den Frieden,
für die neue junge sozialistische Gesellschaft.
Ich bekam Aufträge nach West-Berlin zu gehen
zu agitieren, andere zu Überzeugen und ich bekam den Auftrag
auch mal in die BRD zu fahren, um dort Freunden zu Helfen, Freunden Informationen zu übermitteln.
In dieser Zeit müssen die Genossen unseres Organs auf mich aufmerksam geworden sein.
Denn eines Tages lernte ich Paul Laufer kennen, meinen späteren Freund und Lehrer.
Und der erzählte mir, dass es mutige Menschen gibt
in der BRD, zum Teil ehemalige Widerstandskämpfer,
die offen gegen die adnenauerische Politik
der Wideraufrüstung auftraten.
Die entsetzt waren von den Vorbereitungen einer bewaffneten Auseinandersetzung,
die entsetzt waren von den Bedrohungen der jungen deutschen demokratischen Republik
und den anderen Ländern des Sozialismus
Mit diesen Menschen zu sprechen wurde meine erste Aufgabe.
Daraus entstand eine Bindung, denn ein Teil von ihnen war bereit
mit uns konsperativ zusammen zu arbeiten.
Für diese Führungsaufgabe dieser mutigen und tapferen Männer und Frauen,
die mit uns konsperativ zusammen arbeiten wollten, wurde ich nun vorbereitet.
Und eines Tages kam der Befehl: Du wirst in die BRD übersiedeln
Es war für mich selbstverständlich das ich Günter in das Einsatzgebiet bekleitete,
um ihm bei seiner Aufgabe, bei seiner Arbeit zu helfen und nach besten Kräften zu unterstützen.
Vor unserer Abreise wurde ich noch in einer kleinen Versammlung in die Partei aufgenommen.
Man kann sagen so begann eigentlich alles.
Wir brachten recht günstige Voraussetzungen für unsere Übersiedlung in das Operationsgebiet mit.
Meine Mutter bot als Witwe eines in der Nazi-Zeit verfolgten Tabakwarenfachmannes
holländischer Staatsangehörigkeit, die Möglichkeit legal in die Bundesrepublik umzusiedeln.
Wir zogen mit in ihre Wohnung, in Frankfurt am Main und konnten so mit
äh unsern Aufenthalt in dem Notaufnahmelager Gießen umgehen.
Als ersten Stützpunkt in unserer sogenannten neuen Heimat
erwarben wir uns unter den Namen meiner Mutter ein kleines Tabakwarengeschäft.
Die Rolle, die übrigens meine Mutter bei der Übersiedlung in die BRD spielen sollte
und die uns Hilfen geben wollte in den Einstieg in das neue Leben,
war durch den Einflus des Genossen Paul Laufer von der Zentrale,
von dem Günter bereits berichtete hat, ermöglicht wurden.
Sie hatte ihm nämlich ihr Wort gegeben, mit diesen Hilfen die ich ebend geschildert habe,
ihren ganz persöhnlichen Beitrag für die Sache des Friedens zu leisten.
Das in sie gesetzte Vertrauen, hat sie dann am Tage unserer Verhaftung
und in den Jahren danach durch ihre aufrechte Haltung und ihre Standhaftigkeit
gegenüber den feindlichen Verfassungsorganen der BRD voll gerechtfertigt.
Seit 1976 lebt sie wieder in unserer Republik
Günter hat ja bereits dargelegt welche Aufgabe ihm übertragen war.
Ich war ihm Helferin dabei, denn wir waren in der Vorbereitungszeit
vor unserer Übersiedlung, mit allem vertraut gemacht worden
was man zur Bewältigung einer solchen Aufgabe nötig hat.
In der Vorbereitungszeit war geplant gewesen,
dass ich unmittelbar im Operatiosngebiet sofort wieder in das Berufsleben einsteige.
Denn wir mussten auf jeden Fall unseren Lebensunterhalt ja auch nach Außenhin abdecken
damit niemand verdacht schöpfen konnte.
Diese Re... die Realisierung dieses Planes wurde jedoch dadurch verzögert,
dass ich festellen musste das ich ein Kind erwartete.
Ich überbrückte dann diese Monate der Wartezeit mit Schreibarbeiten für ein kleines Ingenieurbüro.
Ettliche Monate nach der Geburt des Sohnes,
stieg ich dann wieder in die Berufsarbeit ein, in dem ich mir
über eine Zeitungsanzeige eine Stelle bei eim Wirtschaftsdienstverlag besorgte,
da ich aber nach weiteren neuen Wirkungsmöglichkeiten suchten... suchte
besuchte ich sämtliche Veranstaltungen der SPD, der wir 1957 beigetreten waren,
insbesondere der sogenannten Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Frauen
wo ich versuchte durch kleine, kritische Diskussionsbeiträge auf mich aufmerksam zu machen.
Das war damals in dem stark links orientierten SPD Unterbezirk Frankfurt am Main
nur möglich, wenn man als rechte Sozialdemokratin auftrat.
Diese Taktik führte Ende 1958 dann auch zum Erfolg.
Eine hauptamtlich bei der SPD des Bezirks Hessen-Süd tätige Funktionärin
wurde durch einen solchen kritischen Diskussionsbeitrag von mir aufmersam auf mich
und bot mir eine Arbeitsstelle im Bezirksbüro an.
Es handelte sich dabei um die Mitarbeit im Referat für Frauen, Lehrer, [unverständlich], Flüchtlinge.
Gleichzeitig war damit aber auch eine Vorzimmert... tätigkeit
für den damaligen Bezirksvorsitzenenen der SPD Hessen-Süd, Willy Birkelbach, verbunden
Willy Birkelbach war zu dieser Zeit Mitglied des Bundestages,
Mitglied des außenpolitischen und wirtschaftspolitischen Ausschusses des Bundestages,
Mitglied des Parteivorstandes und
Vorsitzender der sozialistischen Fraktion des europäischen Parlaments in Straßburg.
Es stand außer Frage, dass ich diese Chance nutzte
und die Arb... dieses Arbeitsangebot annahm.
Mein neuer Arbeitsplatz bot die Möglichkeit dem Inhalt
unseres eigentlichen Auftrages eventuell eine zusätzliche, neue und höhere Qualität zu geben.
Ich bekam dann auch wirklich Material auf meinen Schreibtisch,
das eigentlich einen besonderen Wert für die darauffolgende Aufklärungsarbeit darstellte.
Besonders während meiner hauptamtlichen Tätigkeit bei der Partei war es mir möglich
auch für Günter Verbindungen zu einflussreichen rechten Sozialdemokraten zu knüpfen.
Er nutzte dann diese Verbindungen für sein weiteres Bekanntwerden in der Partei
und für seinen späteren Entwicklungsgang.
Und der war dann so gestaltet, dass er von 1964, in der Zeit von 1964 bis 1967,
zuerst Geschäftsführer der SPD des Unterbezirks Frankfurt am Main wurde,
dann Stadtverordneter in der Stadtverordnetenversammlung Frankfurt am Main
und anschließend Geschäftsführer der SPD-Fraktion im Frankfurter Rathaus.
In der Zeit meines beruflichen Aufstiegs musste ich natürlich auch weiterhin die ehr'namtliche
Tätigkeit auf Parteiebene in Frankfurt am Main wahrnehmen.
Ich war trotz meiner Tätigkeit in Wiesbaden
eine Zeit lang Mitglied des Unterbezirksvorstandes der SPD Frankfurt am Main
Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Frauen,
Deligierte auf Parteitagen, Mitglied des Ortsvereinsvorstandes und so weiter.
Diese vielfältigen Tätigkeiten führten zu einer großen Arbeitsbelastung.
Sowohl Günter, als auch ich mussten unsere hauptberufliche Tätigkeit,
unsere ehrenamtliche Parteiarbeit,
und das Wesentlichste und Wichtigste den Inhalt unseres Auftrages
so miteinander verbinden und verknüpfen, dass wir zu einem optimalen Ergebnis kommen konnten.
Vom kleinen Tabakwarengeschäft in die Geschäftsstelle der SPD,
welch schwieriger, arbeitsreicher Weg.
Für die Kundschafter neuer Möglichkeiten und neue Verantwortung.
Das Programm von Godesberg ist die allein gültige und verbindliche Grundlage der politischen Aktivität unserer Partei.
Seit Godesberg 1959 versteht sich die SPD als staatstragende Kraft.
Wir bekennen uns zu diesem Staat. Wir bekämpfen nicht diesen Staat,
sondern wir kämpfen darum, dass dieser Staat eine andere Regierung bekommt.
Hier handelt es sich darum, dass uns das von uns gemeinsam erarbeitete Grundgesetz den Auftrag gegeben hat,
diesen Staat einmal in ein Gesamtdeutschland zu überführen.
Wir sprechen immer meine Freunde von der Wiedervereinijung,
solle ich lieber sagen zur Befreiung des Ostens? Das ist doch die Frage um die es sich handelt.
Was in der DDR das Volk erbaut, die Profiteure wollten es ausschlachten.
Was das Volk säht, die Ostlandritter wollen es ernten.
Wo das Volk mündig ist, da soll es wieder in die Knechtschaft zurückgestoßen werden.
Auch Boykott und Drohungen reagieren die Werktätigen der DDR
mit gesteigerten Anstrengungen zur Stärkung von Staat und Wirtschaft.
In den Schaltzentralen von Bonn bis Westberlin wird die Atmosphäre weiter angeheizt.
Doch der Friede ist nicht wehrlos, im Sozialismus hat er einen starken Schutz.
Anfang August 1961 billigen die Repräsentanten der Warschauer Pakt-Staaten
die von der KPdSU und der SED zur Sicherung des Friedens eingeleiteten Schritte.
Die Volkskammer beschließt gesetzliche Maßnahmen um den Anschlag abzuwehren.
Der Gegenschlag trifft die Aggressoren ehe sie ihre Pläne verwirklichen können.
Gegenüber Westberlin, der gefährlichsten Einbruchsstelle,
wird der antifaschistische Schutzwall errichtet.
Verbände der NVA sichern Schulter an Schulter mit den Kampfgruppen der Arbeiterklasse die Maßnahmen ab,
die von einem Stab unter Leitung Erich Honeckers getroffen werden.
Der aufgestachelte Mob heult. Unmacht und Wut auf der Seite der Verlierer.
Abschied von einem ausgeträumten Traum.
Bis hier her und nicht weiter.
Die Illusionen sind dahin, aber die Pläne werden der neuen Lage angepasst.
Die Ausdehnung des NATO-Machtbereichs auf ein Gesamtdeutschland in den Grenzen von 1937
bleibt erklärtes Ziel auch der SPD.
Ihr neu gekürter Kanzlerkandidat Willy Brandt bietet dafür in einer Rede vor dem Bundestag
sozialdemokratische Minister als Helfer an.
Und der Wehrexperte der SPD Fritz Erler,
erläutert dieses Anerbieten dem Präsidenten der NATO-Führungsmacht.
Man konnte mit gutem Gewissen die Kunde nach Amerika bringen,
dass auch ein Regierungswechsel in diesem Lande den Grundpfeiler unserer Existenz,
die deutsch-amerikansiche Freundschaft, nicht z u erschüttern vermag.
Im Rückblick durch gezielte Veröffentlichung seiner Gespräche
mit dem damaligen Spiegel-Journalisten Günter Gaus bestätigt Herbert Wehner:
Noch vor der Wahl 1965 hat der langjährige Bundeskanzler Adenauer nicht nur die Möglichkeit,
sondern aufgrund seiner Vorstellungen von der weiteren politischen Entwicklung
sogar die Notwendigkeit einer Koalition zwischen CDU und SPD dargelegt und vertreten.
Axel Cesar Springer gibt die Parole aus: Packt die Krise in den Schrank.
Wir brauchen eine neue klare Politik gegenüber unseren westlichen Freunden,
die auch eine neue Verteidigungsstrategie einschließt.
Außenminister und Verteidigungsminister der Bundesrepublik Deutschland
können besser für unsere Sicherheit sorgen,
wenn sie sich auf ein Kabinett der großen Mehrheit der Deutschen stützen.
Dann steht die Regierung der sogenannten großen Koalition.
Brandt wird hinter dem Alt-Nazi Kiesinger Vizekanzler und Außenminister.
Welche Personen kommen in Betracht für einen möglichen Regierungswechsel in Bonn.
Welche Kontakte sind zu diesen Kreisen möglich.
Dieser Auftrag wurde verstanden.
Es wurde unsere neue Aufgabe so nah wie möglich an die führenden Sozialdemokraten heranzukommen,
die eines Tages in Bonn Regierungsämter ausfüllen würden.
In Frankfurt am Main gab es einen Mann, von dem man das erwarten konnte.
Der Bundestachsabjeordnete Georg Leber hat in Frankfurt seinen Wahlkreis
und er war Vorsitzender der Gewerkschaft Bau-Steine-Erden, die ihren Sitz in Frankfurt hatte.
Um mit Georg Leber näher in Berührung zu kommen, nahmen wir sogar einen Wohnungswechsel vor.
Wir zogen in seinen Wahlkreis und schufen damit die Vorraussetzung
in seinem Wahlkreis selbst Wahlfunktionen übernehmen zu können.
Und so is' mir dann auch gelungen der Vorsitzende der SPD im Wahlkreis Georg Lebers' zu werden
und die Funktion seines Wahlkampfleiters zu übernehmen.
Das war auf dem Wege dahin ein wichtjer und bedeutender Schritt.
Im Herbst 1969 ging unsere Rechnung auf.
Es trat das ein, was die Zentrale aufgrund der engen Zusammenarbeit mit uns eingeschätzt hatte
und wie wir es uns erhofft hatten.
Die SPD wurde Kanzlerpartei und damit entstand für den Regierungsapparat in Bonn
ein Bedarf an sozialdemokratischen Männern und Frauen, die in der Lage waren
im Staatsapparat Aufgaben zu übernehmen.
Zu meiner großen Überraschung wurde ich nicht Mitarbeiter Georg Lebers' in seinem Ressor
Verkehr, Post und Fernmeldewesen, sondern
es war ein weiterer Mann der Clique, von der ich vorhin sprach,
nach Bonn gekommen, undzwar einer der engsten Mitarbeiter Georg Lebers'
bei der Führung der Gewerkschaft Bau-Steine-Erden.
Der Kollege Dr. Herbert Ehr'nberch, der seine Öffentlichkeitsarbeit,
seine Wirtschaftsplanungsarbeit in Frankfurt gemacht hatte,
war von Leber lanciert worden als Abteilungsleiter
für Wirtschafts- und Sozialpolitik im Bundeskanzleramt.
Und vermutlich haben beide in den ersten Stunden in Bonn den Gedanken gehabt mich dort anzusiedeln.
Jedenfalls erhielt ich von Georg Leber die Nachricht: Du gehst ins Bundeskanzleramt.
Und Herbert Ehr'nberg stellte mich dem damaligen Chef des Kanzleramtes Horst Ehmke vor
und sagte: Diesen Genossen möchte ich für meine Abteilung haben.
Er soll dort eine Aufgabe übernehmen, die es bei noch keinem Kanzler gegeben hat.
Wir wollen ein Zeichen setzen und eine Lobby schaffen für die Gewerkschaften.
Für Brandt war ich kein Fremder, er kannte mich schon über 12 Jahre als Parteifunktionär.
Uns're erste Begegnung war in Vorbereitung des Bundestachswahlkampfes 1961
anlässlich einer Wahlreise in Hessen.
Wir haben uns dann später sehr oft gesehen auf Konferenzen und bei Besuchen in Frankfurt am Main.
Er war mir gegenüber vom ersten Tag an sehr aufgeschlossen
und das führte dazu, dass ich es auch erreichte, dass er mich auf
manche Reisen zu Verbänden, zu Kongressen, zu Gewerkschaftstagen mitnahm
und wir uns also auch menschlich näher kamen.
Ein großer Sprung nach vorne gelang mir 1972.
Wir erinnern uns, 1972 war das Jahr, in dem die erste
sozial-liberale Regierung eigentlich gekippt werden sollte,
und im Herbst kamen die vorgzogenen Bundestagswahlen.
Zu diesen Wahlen kandidierte auch der damalige Referent Willy Brandts,
Peter Reuschenbach, in seinem Heimatwahlkreis in Essen erstmalig für den Bundestag
er wurde dann später auch gewählt und das hatte zur Folge, dass Reuschenbach sich beurlauben ließ.
Und ich wurde vorgeschlagen seine Funktion für die Zeit des Wahlkampfes zu übernehmen,
also erster Wahlhelfer Willy Brandts zu werden.
Wir waren dann in den 6 Wochen bis zum Wahltach Tach und Nacht unterwegs.
Gemeinsam reisten wir im Sonderzug oder im Wagen oder im Flugzeug
kreuz und quer durch die Bundesrepublik und absolvierten Hunderte,
vielleicht sogar mehr als Tausend Wahlverantstaltungen.
Das brachte uns menschlich nahe und es hatte für mich
den großen Gewinn, dass ich Einblick bekam in die Regierungsarbeit des Bundeskanzlers.
Ich war der Einzje aus dem Kanzleramt, der ihn begleitete
und alle Post, alle Dokumente, die per Kurier oder per Fernschreiber
an den Bundeskanzler übermittelt wurden hatten im Kopf oder auf dem Umschlach den Vermerk:
An den Bundeskanzler über Herrn Guillaume.
Das wurde mir später im Prozess natürlich sehr, sehr vorgehalten,
es war ein Beweisstück.
Der erfolgreiche Wahlkampf, der Wahlsieg Willy Brandts führte dann dazu,
dass er gleich noch in der Wahlnacht sagte: Wir bleiben zusammen.
Und am nächsten Tage ordnete er an, dass ich in das Kanzlerbüro versetzt wurde
und dort sein persönlicher Referent für die Verbindung zur Partei
und zur eigenen Fraktion wurde.
Treff mit Heinz, dem bewährten Instrukteur der Zentrale, gehörten zum Kundschafteralltag.
Doch nun war eine neue Lage entstanden
Günthers Einstellung als persönlicher Referent des Bundeskanzlers
eröffnete neue und größere Möglichkeiten.
Er war in das Zentrum der feindlichen Macht vorgedrungen.
Ein neues Verbindungssystem erwies sich als nötig
und wurde mit Hilfe von Heinz aufgebaut.
Neue Genossen kamen ins Einsatzgebiet, stellten sich Günther und Christel an die Seite.
Zu ihnen gehörten auch Wolfgang und Anita.
Heinz, der über viele Jahre die Verbindung gehalten hatte, war es der
Günther und mich zusammenführte.
'S war um 1971, ich kann mich an diesen ersten Treff sehr genau erinnern.
Um den 7. Oktober trafen wir uns in einem kleinen Restaurant in Köln.
Wir sprachen dort über Dinge, die man halt so im Restaurant behandeln kann.
Erst auf einem anschließenden Spaziergang durch die Kölner Innenstadt
haben wir eingehend künftige Verbindungsfragen erörtert.
Tja, ursprünglich war für uns eine andere Aufgabe vorgesehen.
Ende der 60er-Jahre waren wir in mehreren westeuropäischen Ländern,
kurzzeitig, um unsere Psedonym aufzubauen und abzusichern.
Wir haben dann im Süden der Bundesrepublik eine Arbeit aufgenommen,
haben ein zweites Mal geheiratet, unsere Wohnung bezogen.
Tja und als es dann mit der eigentlichen Arbeit losgehen sollte,
entschied die Zentrale, nachdem es Christel und Günther gelungen war bis nach Bonn vorzustoßen
und damit für sie ein neues Verbindungssystem notwendig geworden war,
ihr beide übernehmt diese Aufgabe.
Ich lernte Günther etwas später kernen... kennen und kurz danach auch Christel
in jenem Restaurant, Kassersruhe, was für uns später von so großer Bedeutung sein sollte.
Wir waren eigentlich sehr froh, dass alles so gut harmonierte.
Die Entscheidung für die Auswahl war richtig getroffen.
Wir waren offensichtlich die passenden Partner.
Christel und Günther berichteten in erster La... in erster Linie natürlich über ihre Arbeit,
eine Fülle wertvoller Informationen, Einschätzungen zu Personen,
Aussagen von Brandt, Bahr und Ehmke zu den gerade erst abgeschlossene Verträgen mit der Sowjetunion
und anderen sozialistischen Ländern,
zum Transitabkommen, das damals gerade erst unterzeichnet war
und erste interne Auffassungen zum Grundlagenvertrag.
Diese Fülle von wichtigen Informationen galt es der Zentrale zu übermitteln.
'S war eine hohe Verantwortung das alles so zu erfassen
und weiterzugeben, dass nichts verloren ging.
Wenn ich heute auf uns're Arbeit zurückblicke,
kann ich sagen 's war eine verantwortungsvolle Arbeit, die hohe Anforderungen an uns stellte.
Wir waren sehr stolz, dass uns diese Aufgabe übertragen war.
Und eins kann ich für uns alle vier sagen, 's war eine Arbeit,
die uns allen viel Spaß und Freude gemacht hat.
Uns're Treffs standen natürlich immer unter großem Zeitdruck
und mussten unter komplizierten Bedingungen durchgeführt werden.
Ich erinnere mich da an einen Treff,
der unmittelbar am Anschluss des SPD-Parteitages in Hannover stattfand.
Christel und Günter mussten anschließend verreisen,
wie mir also die Information übergeben.
Ich fuhr sozusagen als Anhalter in ihrem Auto mit
und Günter schilderte mir seine Eindrücke vom Parteitag, Christel fuhr das Auto,
und anschließend besprach Günter ein Tonband,
worauf er all die Informationen gab, die es wichtig war zu übermitteln.
In Freiburg verließ ich das Auto, in meiner Tasche alle Informationen
und im Kopf hoffentlich alle Eindrücke, um sie dann der Zentale zu überbringen.
Ich muss sagen, in all der Zeit
haben wir Christel und Günter großen Respekt und Hochachtung dafür entgegen gebracht,
dass sie diese vielfältjen Belastungen ausgehalten haben
und ob sie mit solcher Umsicht gemeistert haben.
Am 13. August 1973 traf ich Christel in diesem Gartenrestaurant in Casselsruhe,
da bemerkte ich, wie am Nachbartisch einer von drei Herren
eine Aktentasche auf den Tisch stellte
und in etwas ungewöhnlicher Weise am Griff manipulierte.
Das fiel mir auf und bei näherem Hinsehen bemerkte ich an der Stirnseite dieser Tasche ein Loch
und mich durchfuhr ein wahnsinniger Schreck.
Ich sagte, lachend, denn so war unsere Unterhaltung zu Christel,
"Du jetzt lach mal weiter und guck dich mal nicht um,
ich glaube die haben uns eben fotografiert."
Nach einer Weile sachte sie lachend zu mir: "Du hast recht."
Also nichts wie weg, denn wir warteten ja eigentlich auf Günter.
Bei der Autofahrt durch Bonn mussten wir unse... fanden wir unsere Beobachtung bestätigt.
Wir verabredeten uns eine Legende für unseren Treff und trennten uns.
Ich fuhr nach Köln mit einer Gruppe, hinter mir natürlich,
lief durch Köln, die Stadt kannte ich zum Glück sehr gut,
die Verfolger immer hinter mir.
Ich muss sagen mein Gehirn war wie ausgeschaltet
und ich konnte eigentlich gar nicht mehr richtig denken, aber gerade das war ja jetzt notwendig.
Bei dieser vierstündigen Verfolgung gelang es mir dann letztlich
noch eine Straßenbahn zu bekommen
und ich hatte den Eindruck, dass nur noch einer dieser Männer nach mir einstieg,
ich setzte mich neben ihn auf den Sitz,
weil ich in meiner Angst eigentlich nur verhindern wollte,
dass er über Sprechfunk für Nachschub sorgte.
Er stieg dann auch ziemlich bald aus und ich fuhr bis zur Endhaltestelle weiter.
Geschafft. Ich lief noch durch ein' Park und zum Hotel zurück,
weil ich mir sicher war, dass mich vom Hotel zum Treff keiner beobachtet hatte.
Am nächsten Tag fuhr ich, mit einem Tag Verspätung allerdings, nach Berlin zurück.
Der Genosse, der mich schon oftmals auf Reisen geschickt hatte,
wartete schon ungeduldig auf mich.
Er war es nicht gewöhnt, er schätzte meine Pünktlichkeit.
Die von Anita wahrgenommene Observation verlangte eine klare Analyse der Situation.
'S galt vorallem herauszufinden, was war Ursache und Anlass der Beobachtung.
Die Situation war widersprüchlich.
Erstens gab es nachwievor ein ungestörtes Vertrauensverhältnis des Bundeskanzlers zu Günter.
Mit dem Zugang zu vertraulichen Informationen, zu hochvertraulichen Informationen,
ich denke an die Norwegenreise und an die Dokumente der NATO-Ratstagung,
konnte man sogar von einem gestiegenen Vertrauensverhältnis ausgehen.
Und das wiederrum stand ja im Widerspruch zur festgestellten Observation.
Musste aber nicht, denn zweitens galt die Beobachtung ausschließlich Christel.
Und das wiederrum konnte im Zusammenhang stehen
mit der beabsichtigten Einstellung von Christel im Bundesverteidigungsministerium.
Drittens gab es, nach unserer Kenntnis, seit Günters Einstellung im Kanzleramt
und im Ergebnis der Sicherheitsüber... der Sicherheitsüberprüfung der Zentrale
keine neuen belasteten Momente.
Allerdings konnten wir damals nicht wissen, dass es dem Gegner gelungen war
Funksprüche aus der Anfangsphase zuzuordnen.
Und viertens unterstrich die Beendigung der Observation im Januar '74
und die Tatsache, dass es im Umfeld beider Genossen keine veränderten Bedingungen gab
die Annahme, dass es sich nur um eine normale Überprüfung gehandelt haben könne.
Vorallem musste die damalige politische Situation berücksichtigt werden.
Es bestand Klarheit darüber, dass eine Enttarnung der Kundschafter
zu einem politischen Eklat geführt hätte.
Ein vorzeitiger Abzug hätte ihn mit Sicherheit ebenso gebracht.
Hinzu kommt, dass die Position, die insbesondere Günter innehatte,
für die Sicherung der DDR und des gesamten sozialischen Lagers
vor einem Überraschungsangriff von besonderer Bedeutung war.
Und im militärischen Bereich gab es eben keine Entspannung.
Tja und so wurde in Abwägung all dieser Faktoren entschieden:
Erstens, alles belastende Material ist zu vernichten.
Zweitens, Treffs finden nur unter den Bedingungenen äußerster Kospiration statt.
Und drittens ist für die vom Gegner beobachtete...
das vom Gegener beobachtete Zusammentreffen zwischen Christel und Anita
eine Legende festzulegen.
Tja und was ich persönlich besonders hoch schätze:
Niemals, auch nicht im Ansatz ist von beiden Genossen irgendwann einmal
der Wunsch auf Rückzug geäußert worden.
Ihre Haltung war 'Spitzenposition bedeutet Spitzenrisiko'
und eine solche Stellung gibt man nicht auf.
Die historischen außen- und innenpolitischen Dimensionen dieses Spionagefalls
wurden von parteipolitschen Auseinandersetzugen überdeckt.
Die unklare Rolle von Verfassungsschutzpräsident Dr. Günther Nollau dagegen,
der immer wieder vor den Ausschuss geladen wurde,
war eher geeignet, Staatsverdrossenheit zu nähren.
Der Verdacht kam auf, Nollau könne seinen Förderer, Herbert Wehner,
über die Enttarnung Guillaumes unterrichtet haben,
noch bevor der zuständige Bundesinnenminister davon erfuhr.
Tatsächlich fühlten sich Hans Dietrich Genscher, aber auch Willy Brandt
von Noller nur unzureichend über Guillaume informiert.
Erste vorbgebrachte Sicherheitsbedenken gegen Guillaume hätten sich nicht bestätigt.
Die Verdachtsmomente des damaligen Innenministers Genscher habe er angehört,
einer Beobachtung Guillaumes im Amt und auf Reisen zugestimmt.
Dass er nichts von dieser Observierung seines Referenten bemerkte,
erweckte bei Brandt den Anschein,
dass die Überwachung besonders geschickt gehandhabt wurde.
Und weil er in der Folgezeit nichts Negatives über Guillaume erfuhr,
habe er die Verdachtsmomente noch bis März 1974,
also knapp 2 Monate vor seinem Rücktritt, für unbegründet gehalten.
Meine Damen und Herren, aus der Verantwortung meines Amtes heraus
erkläre ich, ich hätte die Sicherheitsorgane rügen müssen.
Wenn sie sich nicht so verhalten hätten...
Hektik, Verwirrung, Kopflosigkeit, Gegenseitige Anklagen und Vorwürfe,
Intrigen der Geheimdienste und Parteiencliquen.
Bei wem bleibt der schwarze Peter?
...das allein entscheidet.
Nach der Verhaftung wurde von Günter und von mir in den Massenmedien der Bundesrepublik
ein derart monströses Charakterbild entwickelt,
dass es für uns selbstverständliche Pflicht war,
durch unser persönliches Auftreten eine aufrechte Erhaltung, Standhaftigkeit und Disziplin
während des Prozesses vor aller Öffentlichkeit dieses Bild zu widerlegen.
Wir standen nicht als irgendwelche Kriminelle vor dem Oberlandesgericht in Düsseldorf,
sondern als Kundschafter des Friedens,
als Kämpfer gegen die Aggressionspläne des Klassenfeindes.
Wir waren ohne Schuld, denn dieser... unser Kampf
war uns durch die politische Entwicklung in der BRD aufgezwungen worden und dadurch legitim.
Guillaume, von der Untersuchungshaft etwas blass, etwas weniger füllig,
und seine Frau lassen alles ziemlich heiter und gelassen über sich ergehen.
Die ist der Mann, der seit 20 Jahren als Offizier des DDR-Ministeriums für Staatssicherheit
auf die SPD angesetzt war und am Ende
den Rücktritt des von ihm ausspionierten Bundeskanzlers Brandt bewirkte.
Seinen größten Coup konnte der SPD- und Gewerkschaftsreferent im Kanzleramt landen,
als er Willy Brandt auf Reisen begleitete.
Diese einzigartigen Aufnahmen von Guillaume drehte unser Kamerateam in Norwegen
im Sommerurlaub des Kanzlers 1973.
Guillaume hatte wegen einer Kette von Pannen in der Bonner Abwehr
Gelegenheit im Chiffrierraum für den Kanzler bestimmte geheime Fernschreiben zu lesen
und an sich zu nehmen, unter anderem ein Schreiben des US-Präsidenten Nixon
und NATO-Verteidigungspapiere.
Die heutige Verhandlung vor den fünf Richtern des vierten Strafsenats
wirkte unterkühlt, wie die Klimaanlage des Saals.
Da Guillaume und seine Frau weder zur Person noch zur Sache aussagen wollten,
verlas das Gericht mehrere Personalurkunden bis hin zu den Schulzeugnissen von Frau Guillaume.
Richtig brisant wird dieser Spionageprozess erst,
wenn Guillaumes Bonner Tätigkeit zur Sprache kommt
und seine damaligen Bonner Dienstvorgesetzten als Zeugen aussagen werden.
Für den Prozess sind 15 Verhandlungstage angesetzt.
Der erste sozialdemokratische deutsche Bundeskanzler trat zurück,
weil er sich nach dem Fall Guillaume, so Brandt selbst,
für Verhandlungen mit der DDR und vielleicht darüber hinaus nicht mehr unbefangen genug fühlte.
Ein neuer Kanzler ging daran die in den Abschwung geratene Sozialdemokraten zu konsolidieren.
Er war nicht Guillaumes Opfer, der Herr Bundeskanzler,
an seinem Sturz haben ganz andere Leute gearbeitet, lange vor dem Fall Guillaume.
Schon Ende 1973 erschien der Spiegel mit diesem Titel.
Ja, was machen. Selbst in den eigenen Reihen galt er schon nicht mehr als Macher
Man machte es mit ihm und ließ ihn ins offene Messer rennen.
Der Spionageprozess gegen den DDR-Agenten und früheren Referenten im Kanzleramt Guillaume,
sowie dessen Ehefrau wurde vor dem Oberlandesgericht in Düsseldorf
wurde nach dreißigtägiger Verhandlungspause fortgesetzt.
Heute sagten der SPD-Bundestagsabgeordnete Ehrenberg
und Verteidigungsminister Leber als Zeugen aus.
Leber lobte Guillaume, den er 1961 flüchtig kennengelernt,
der 1965 in seiner Wahlkampfmannschaft gearbeitet
und der bei den Bundestagswahlen 1969 Sprecher seines Frankfurter Wahlkreises 140 gewesen war,
in höchsten Tönen.
Guillaume war stets informiert, hilfsbereit, reaktionsfähig,
er war stets da, wenn er gebraucht wurde.
Leber wörtlich: "Ich war zufrieden mit dem Mann,
ich konnte mir eigentlich keinen besseren Wahlkreissprecher wünschen."
Ähnlich positiv äußerte sich auch der zweite Zeuge Herbert Ehrenberg,
1969 bis '71 Leiter der Wirtschaftsabteilung im Kanzleramt.
Aufgrund seiner Frankfurter Erfahrungen mit Guilaume,
war Ehrenberg froh, den, so wörtlich, organisatorisch ungewöhnlich befähigten Mann
in sein Referat holen zu können.
Prozess in Düsseldorf wurde heute Bundesminister Bahr als Zeuge vernommen.
Wegen einer, wie es hieß, möglichen Gefährdung der Staatssicherheit,
wurde die Öffentlichkeit bei den Vernehmung Bahrs zeitweise ausgeschlossen.
35 Journalisten und 30 zugelassene Zuschauer drängten sich an diesem 23. Verhandlungstag
vor dem kleinen abhörsicheren Gerichtssaal,
um den 95. Zeugenauftritt in diesem Prozess mitzuerleben.
Erst nach seiner mehr als vierstündigen Vernehmung war der SPD-Vorsitzende dann für die Kameras sichtbar.
Willy Brandt hatte auf die Fragen des Gerichts und der Bundesanwaltschaft
eine überzeugende Darstellung der Tätigkeit
seines Referenten Guillaume im Kanzleramt, aus seiner Sicht, gegeben.
'Zeuge Brandt, nehmen sie bitte Platz.' hatte der Vorsitzende gesagt,
als Brandt am Vormittag den Gerichtssaal betreten hatte.
Brandt bestätigte, dass Guillaume auf vielfältige Weise auch zu Verschluss- und Geheimsachen
Zugang hatte und drückte damit noch einmal seine anderslautende erste Auskunft
vor dem Deutschen Bundestag nach der Festnahme Guillaumes zurecht.
Über Sachprobleme hat Brandt, nach seinen Aussagen, mit Guillaume kaum gesprochen.
Von Bedeutung ist dagegen Brandts Meinung, dass Guillaume
bei zahlreichen Hintergrundgesprächen am Rande auch von vertraulichen Zusammenkünften
der SPD-Führungsspitze und von Staatsmännern sozialdemokratisch regierter Länder
wichtige Erkenntnisse gewinnen konnte.
Den potentiellen Schaden für die Bundesrepublik hielt der frühere Kanzler für erheblich.
Es war sehr schwer sich in eine Umgebung und in Lebensumstände einzuordnen,
die uns bis zu dieser Stunde völlig fremd und auch unverständlich waren.
Es hat sehr viel physische und auch psychische Kraft gekostet.
Es galt auf eine in der Länge nicht absehbare Zeit sich darauf einzustellen,
ständig die Waage zu halten zwischen notwendiger Anpassung an die gegebenen Umstände,
einfach um zu überleben, und einer konsequenten Distance,
die es den feindlichen Verfassungs- und Justizorganen verwehrten zu nah an uns heranzutreten.
Hierzu war die Ausschöpfung aller physischen und psychischen Kraftreserven erforderlich.
Und ich kann aus meiner Erfahrung sagen, dass diese Reserven, diese Kraftreserven größer sind,
als man vor dem Eintreten einer solchen Ausnahmesituation überhaupt für möglich hält.
Im Ministerium für Staatssicherheit, es ist die Zeit vor dem neunten Parteitag,
kommen die Genossen zu einer Parteikonferenz zusammen.
Genossinnen und Genossen, unsere im Operationsgebiet wirkenden Kundschafter
beziehen im Wesentlichen in diesen Fragen eine klare Klassenposition,
und halten dem verstärkten Druck des Feindes stand.
Dafür mag auch das Beispiel unserer Kundschafter Christel und Günter Guillaume dienen,
denen wir heute Morgen das Mandat als Ehrndelegierte unserer Konferenz erteilten.
Es geht nicht darum Rückschläge in Erfolge umzumünzen,
aber ihr Beispiel an Standhaftigkeit gegenüber dem Klassenfeind
übt einen positiven, stabilisierenden Einfluss auf unser inoffizielles Netz aus.
Genossen, ich habe nun die ehrenvolle Aufgabe die Grüße der Genossen Christel und Günter Guillaume
an die Parteiorganisation des Ministeriums für Staatssicherheit zu verlesen.
Genosse Günter Guillaume schreibt uns: 'BRD-Gefängnis Köln-Ossendorf, Februar 1976.
Zunächst will ich allen Genossen unserer Parteiorganisation bitten,
auch die Kampfesgrüße von mir und Christel entgegenzunehmen.
Wir möchten Ihnen allen für die Solidarität danken und versichern,
dass wir nachwievor ungebrochen und kampfbereit sind.
Wir möchten die Mitglieder und hier versammelten Diligierten auffordern, sich mit uns zu verpflichten,
die neuen Zielsetzungen unserer Partei mit höchstem persönlichem Einsatz anzustreben,
jederzeit unsere Deutsche Demokratische Republik, ihre Bürger und der'n sozialistsche Errungenschaften
vor den Aggressions- und Subversionsgelüsten der Feinde zu schützen,
und im festen Bündnis mit der UdSSR und den andern sozialistischen Staaten
für den Frieden der Welt zu kämpfen.
Es lebe die starke und erfolgreiche Sozialistsche Einheitspartei Deutschlands, Günter Guillaume.
Genossen, damit zugleich übersendet uns Günter ein hinter Kerkermauern angefertigtes
symbolisches Geschenk an unsere Parteiorganisation, das ich hiermit überreichen möchte.
Liebe Genossinnen und Genossen, wir danken unsrer Christel und Günter Gui... Guillaume
für die [unverständlich] Grüße, die sie an unsere Deligiertenkonferenz gerichtet haben.
Wir möchten Ihnen versichern, dass wir alles tun werden, unsere Kräfte einsetzen werden,
damit sie bald aus dem Gefängnis freigekämpft werden.
Geschafft. Nach hartnäckigem Bemühen wurde Christel, ein halbes Jahr vor Günter, freigekämpft.
Christel, Christel, Mensch, Christel.
Oh Gott, ich freu mich so.
Es... es hat lange gedauert, du. Ach...
Endlich zu Hause und ich wäre so gern nicht allein gekommen, ich hätte Günter mitgebracht.
Ach natürlich. Herzlich Willkommen, herzlich Willkommen, Christel.
Walther. Du bist ja so weiß geworden, etwa wegen mir?
Sei willkommen. - Ja. - Komm. - Gehn wir. - Komm.
Liebe Christel, erlaube, dass ich nochmal nach der ersten erregenden Stunde
dich in aller Form auf dem Boden unserer DDR, nach langjährigem Einsatz, willkommen heiße.
Und damit du weißt, dass das nicht nur leere Worte sind,
sondern, dass wir die ganze Zeit daran gedacht haben,
glaube ich dir eine besondere Freude machen zu können wenn wir dir als allererstes
auf unserem Boden das Dokument unserer Partei überreichen können,
deren langjähriges Mitglied du ja bist.
Liebe Christel, schau es dir an, es ist in der ganzen Zeit, glaube ich, gut und sauber geführt worden
und jetzt brauchst du auch nicht mehr im Verborgenen zu wirken,
jetzt kannst auch diese Nadel offen tragen.
Also recht schönen vielen Dank für alle erwiesene Treue.
Nach harten Jahren der Trennung, Wiedersehen mit den Vertrauten.
Gut schaust aus. - Extra für dich.
Anita.
Christel, willkommen zu Hause.
Ist das schön.
Wolfgang.
Was haben wir drauf gewartet. - Christel.
Heinz, mein Lieber, oh ja mein Lieber.
Heinz.
Jeder von euch kam auf den verschiedensten Wegen zu der Arbeit in den Reihen unseres Ministeriums.
Jeder war auf verschiedene Art und Weise darauf mehr oder auch weniger vorbereitet.
Aber euch alle verbindet, dass jeder einen bestimmten, schon ins Auge gefassten Weg
vorrübergehend für längere oder für kürzere Zeit aufgegeben hat
und ohne zu zögern diesen Kampfauftrach der Partei übernommen und auch ehrenvoll erfüllt hat.
Das' eine hervorragende Sache, wir können wirklich mit Recht stolz auf euch sein.
Ihr habt, wir sprachen von den 25 Jahren, nun schon mit neue Traditionen unseres Kampfes begründet.
Christel wurde noch von unserem Jenossen Paul,
hier glaube ich als "Der große Paul" bekannt, unserm Genossen Paul Laufer
auf den Weg geschickt mit Günter.
Paul verkörperte für uns die alten Traditionen des konspirativen Kampfes der Partei.
Paul arbeitete schon im Apparat der Aufklärung, so wie das die kommunistische Partei
in den Jahren der Vorbereitung des Kampfes gegen den Faschismus und der Auseinandersetzung
mit dem Faschismus geschaffen hatte.
Er war verhaftet und zeigte vor dem faschistischen Gericht sein' Mut, seine Standhaftigkeit
und übergab dann an uns die Stafette.
Du Christel gehörtest noch zu denen, die sie von ihm übernommen haben.
Nun lebt er schon ettliche Jahre nicht mehr,
aber die Traditionen des Kampfes, des revolutionären, konspirativen Kampfes
der Partei der Arbeiterklasse sind durch unsere Arbeit,
durch solche Genossen wie euch lebendig und wir können stolz darauf sein.
Liebe Genossinnen, liebe Genossen, Kampfgefährten vieler Jahre,
dieser uns doch sehr bewegende Tag,
dieser Anlass liegt ja nun unmittelbar vor dem zehnten Parteitag
unsrer Sozialistschen Einheitspartei, der nächste Woche beginnt.
Es' eine sehr schöne Tradition geworden, dass die Kommunisten zum Parteitag ihre Leistungen,
ihre besonderen Anstrengungen zu Wohle des Volkes abrechnen vor der Partei.
Und so tun das auch unsere Kollektive,
so tun das auch unsere Kämpfer an der unsichtbaren Front.
Ein Festtag, ein neuer Kampfabschnitt im Leben der Partei,
ein neuer Lebensabschnitt im Kampf der Genossin Guillaume.
Liebe Christel, ich grüße dich ganz, ganz herzlich.
Mich hat ähm... deine Aula sehr beeidruckt, nich...
Bücher waren damals eine Brücke zur Heimat, auch Herrmann Kanz' Aula,
der Motto er das Heine-Wort voran stellt:
'Der heutige Tag ist ein Resultat des gestrigen.
Was dieser gewollt hat müssen wir erforschen, wenn wir zu wissen wünschen, was jener will.'
... deswegen kam das alles etw... ziemlich verzögerlich. - Aha.
Die junge Sportlerin Barbara Pätzold,
der erfahrene Genosse Kreissekretär Kurt Schädlich aus Annaberg,
inzwischen leider verstorben.
Er gehörte zu jenen Parteifunktionären bei denen die Tschekisten
immer ein offenes Ohr und ein gutes Wort fanden.
Nach der Begeisterung, die ihr zum Ausdruck [unverständlich],
dass ich das auch irgendwann einmal zu sehen bekomme,
denn das wäre...
Hier mit Ursel Lorenzen und Sigmund Jähn, unserem ersten Kundschafter im All.
... als Krönung auch ansehen wurde [unverständlich] das Leben [unverständlich] wir erlebt haben möchte.
Er hat während der Haftzeit viel für die Guillaumes getan, Michael Kohl,
unser ehemaliger Leiter der DDR-Vertretung in Bonn.
[Durcheinandergerede] Herzerfrischende Begegnung mit der Jugend.
Jetz möcht ich euch beiden mal 'n paar Genossen von unserer Tschekistendelegation vorstellen.
Hans wo bist du? Genosse General Vog,
ist von der Sowjetarmee ausm Zuchthaus Brandenburg befreit worden,
dort unser Genosse... - Karl. - ... Generalleutnant Karl Kleinjung,
der kämpfte schon in Spanien mit der Sowjetarmee hinter der Front
und von denen haben wir die Stafette übernommen.
Ihr habt se 'n Stück getragen, nun werd'n se die andern, die jung' Genossen weiter tragen.
Also das sind einige.
Die Waffe früher, früher, ja. Jetzt anlaufen...
Der Nachwuchs muss hart ran,
Günter sieht es bei einem Besuch im Übungsgelände des Wachregiments Feliks Dzierzynski auf der Kampfbahn.
Jetz hat er seine eigene Variante genommen.
Leistungsvergleich auf dem Schießstand.
Die erste Unteroffiziersausbildungskompanie beim Schießen der Grundübung MP [unverständlich] Major Lüder.
Dankeschön. [Durcheinandergerede] Genosse Lüder saß mit im Forum.
Und, wie gehts von statten?
Das ist das Komplizierte, also die laufende Scheibe, die Ringscheibe wird im Wesentlichen
immer erfüllt, also die Ringzahl ist nunmal in Ausnahme bei einem Genossen
und dort öh... gehts es darum, dass wir das aufschreiben, was wir an Erfahrung bei ihm erkannt haben
und das wir im nächsten Schießtraining mit ihm auswerten.
Bei Nacht schießen wir zweimal in [unverständlich] Schützen auf 100 Meter Entfernung.
Auf Ringscheibe! Drei! Ziel aufsitzen! Drei Schuss, eins im Feuer! Feuer!
Ich möchte dazu mal sagen, wir machen hier heut unsre Schießübung gemacht, unsre erste
und im Gegensatz für uns is dit ein kleiner Beitrach.
'Is nun unsre Arbeit hier zu tun, wir müssen hier schießen.
Dit is nich vergleichbar mit den Einsatz inner unsichtbaren Front,
wir schinden uns hier zwar ab, is zwar alles körperlich anstregend für uns.
Äh wenn es zu kriegerischen Auseinander-se-setzungen kommt,
dass wir dann mit der Waffe in der Hand diesen äh unseren sozialistischen Staat,
unsere sozialistische Klassengemeinschaft äh verteidigen, ja.
Diese zu erfüllen müssen wir ebend alles vorher proben,
denn es... es... es geht ja darum, der Feind lauert, is ja nur darauf abjesehen,
dass... dass er, wenn wir eine, bei uns eine Schwäche auftritt, ja,
dass er diese sofort ausnutzt und zu kriegerischen Auseinandersetzugen
und für diese Augenblick müssen wir gerüstet sein.
Und darum is' es jetz lieber mehr jetzt ein Tropfen Schweiß mehr zu vergießen
als nachher ein' Tropfen Blut, ja.
Also, ich möchte doch noch mal betonen, dass mich begeistert eure Einsatzbereitschaft,
denn ihr müsst ja im Rahmen eurer Ausbildung euch auch äh... im Klaren sein,
ihr könnt jederzeit damit konfrontiert werden,
genauso wie der Kundschafter an der unsichtbaren Front,
einer... auf eine feindliche Handlung zu reagieren,
so will ich's mal darstellen.
Wir wollen nicht von Krieg reden,
aber Provokationen des Gegners an der Grenze hat's ja wohl schon genuch gegeben. - Ja.
Ich wollte sagen, uns wir solln uns körperlich drauf vorbereiten den Frieden zu erhalten
und da ist der Kundschafter der Vorpo... unser Vorposten,
denn alles das was er uns vorher sagt brauchen wir
sozusagen nie versuchen mit Gewalt zurückzuhalten.
Genosse Oberstleutnant, ich möchte Ihnen ein Geschenk überreichen aus Anlass,
dass Sie heut hier gewesen sind möcht ich Ihnen danken dafür
und Ihnen sagen, dass das was sie geleistet haben
und was alle anderen Genossen n der unsichtbaren Front weiterhin jetzt leisten in diesem Moment
für uns Vorbild is und wir weiterhin versuchen um die bestmöglichsten Ergebnisse zu kämpfen.
Danke euch.
Das hat... hat einer aus unsrer Kompanie gemalt
und soll sie daran erinnern, dass Sie heute an diesem Tag hier draußen waren.
Genossen ihr werdet nicht oft besungen, nunja, das wäre taktisch nicht klug...
Manifestation der Jugend, auch dieser und den kommenden Generationen soll der Friede erhalten bleiben,
das ist der edle Sinn und das hohe Ziel des Kundschafterauftrags.
Genossen wir schaffen hier eine Basis, wir stärken unsere Revolution.
Steht ihr euren Mann im Auftrag des Friedens, den Rücken stärken wir euch schon.
Genossen ihr werdet nicht oft besungen, nunja, das wäre taktisch nicht klug.
Drum sei auch dies Lied recht schnell verklungen,
wir wissen schon, was ihr für uns tut.
Operative Beobachtung
Die Beobachtung zählte zu den konspirativen Ermittlungsmethoden, die in der Regel von operativen Diensteinheiten in Auftrag gegeben und von hauptamtlichen Mitarbeitern der Linie VIII (Hauptabteilung VIII) durchgeführt wurden. Dabei wurden sog. Zielpersonen (Beobachtungsobjekte genannt) über einen festgelegten Zeitraum beobachtet, um Hinweise über Aufenthaltsorte, Verbindungen, Arbeitsstellen, Lebensgewohnheiten und ggf. strafbare Handlungen herauszufinden. Informationen aus Beobachtungen flossen in Operative Personenkontrollen, Operative Vorgänge oder Sicherheitsüberprüfungen ein. Im westlichen Ausland wurden Beobachtungen meist von IM unter falscher Identität ausgeführt.
Eine selbständige Abteilung ist eine Organisationsstruktur in der MfS-Zentrale, die durch den Minister oder einen seiner Stellvertreter direkt angeleitet und durch militärische Einzelleiter geführt wurde. Die weiter untergliederten Abteilungen prägten Linien aus (z. B. Abt. XIV; Linienprinzip) oder blieben auf die Zentrale beschränkt (z. B. Abt. X). Die eng umrissenen Zuständigkeiten mit operativer Verantwortung und Federführung orientierten sich an geheimdienstlichen Praktiken (Telefonüberwachung) oder Arbeitsfeldern (Bewaffnung, chemischer Dienst).
Als Abwehr wurden alle geheimpolizeilichen Aktivitäten zur Sicherung der politischen, ökonomischen und gesellschaftlichen Stabilität der DDR und des kommunistischen Bündnissystems bezeichnet, die nach dem Verständnis des MfS durch feindliche Angriffe gefährdet waren. Maßnahmen zur Bekämpfung westlicher Spionage und politischer Opposition galten somit ebenso als Abwehr wie etwa die Sicherung von Produktivität und Anlagensicherheit in den Betrieben sowie die Verhinderung von Republikflucht und Ausreisen. Demgemäß waren die meisten operativen Arbeitsbereiche des MfS ganz überwiegend mit Abwehr befasst.
Aufklärung hatte innerhalb des MfS unterschiedliche Bedeutungen: Sie wird zur Bezeichnung des Tätigkeitsbereiches der Auslandsspionage verwendet, die überwiegend von der HV A getragen wurde, die teilweise auch kurz als Aufklärung bezeichnet wird. Darüber hinaus findet der Begriff Verwendung bei der Bezeichnung von Sachverhaltsermittlungen (Aufklärung eines Sachverhalts) und von Überprüfungen der Eignung von IM-Kandidaten (Aufklärung des Kandidaten).
Bekämpfung von Widerstand und Opposition umschreibt, was zwischen 1950 und 1989 als eine Kernaufgabe des MfS galt. Gegen den Willen eines Großteils der ostdeutschen Bevölkerung wurde eine Diktatur etabliert, die nicht durch Wahlen legitimiert war: Dies war einer der Gründe für die Bildung des MfS am 8.2.1950.
Um ihren gesellschaftlichen Alleinvertretungs- und Herrschaftsanspruch zu sichern, schuf sich die SED als Repressions- und polizeistaatliche Unterdrückungsinstanz das MfS - das konsequenterweise so auch offiziell von ihr als "Schild und Schwert der Partei" bezeichnet wurde. Bereits in der "Richtlinie über die Erfassung von Personen, die eine feindliche Tätigkeit durchführen und von den Organen des MfS der DDR festgestellt wurden" vom 20.9.1950 wurde dementsprechend festgelegt, dass "alle Personen" zu registrieren seien, deren Verhalten geeignet war, die "Grundlagen" der DDR in Frage zu stellen.
Ferner wurde bestimmt, dass "über Personen, die eine feindliche Tätigkeit ausüben, [...] Vorgänge" anzulegen sind und über "die erfassten Personen [...] eine zentrale Kartei" einzurichten ist. Das offensive Vorgehen gegen Regimegegner erfuhr eine Ergänzung in den gleichzeitig getroffenen Festlegungen zur Übergabe der als "feindlich" klassifizierten Personen an die Staatsanwaltschaften.
Das MfS wurde somit bei der Bekämpfung von Widerstand und Opposition zur Ermittlungsinstanz; die nachfolgenden Urteile gegen Oppositionelle und Regimekritiker ergingen in enger Kooperation mit den vom MfS zumeist vorab instruierten Gerichten und zum Schein vermeintlicher Rechtsstaatlichkeit unter Hinzuziehung von mit dem MfS häufig zusammenarbeitenden Rechtsanwälten.
Inhalte, Auftreten und Erscheinungsbild von politisch abweichendem Verhalten, Widerstand und Opposition wandelten sich im Laufe der DDR-Geschichte. Zugleich änderten sich auch die Strategien und Methoden des MfS in Abhängigkeit vom konkreten Erscheinungsbild von Protest und Widerstand, aber auch analog zum Ausbauniveau des Apparates und seines Zuträger- und Informantennetzes sowie zur jeweils getroffenen Lageeinschätzung und unter Berücksichtigung der politischen Rahmenbedingungen.
Zu allen Zeiten gab es in beinahe allen Bevölkerungsgruppen und in allen Regionen Aufbegehren, Opposition und Widerstand. In den ersten Jahren nach Gründung der DDR gingen die SED und das MfS mit drakonischen Abschreckungsstrafen (u. a. Todesurteilen) gegen politische Gegner vor. Gefällt wurden die Urteile nicht selten in penibel vorbereiteten Strafprozessen mit präparierten Belastungszeugen und unter Verwendung erzwungener Geständnisse.
In mehreren Orten der DDR wurden z. B. Oberschüler (Werdau, Leipzig, Werder, Eisenfeld, Fürstenberg/Oder, Güstrow), die anknüpfend an das Vorbild der Gruppe "Weiße Rose" in der NS-Diktatur Widerstand geleistet hatte, zum Tode oder zu langjährigen Zuchthausstrafen verurteilt, weil sie Informationen gesammelt und Flugblätter verteilt hatten. Manch einer von ihnen überlebte die Haftbedingungen nicht oder nur mit dauerhaften gesundheitlichen Schäden.
Im Laufe der 50er Jahre ging das MfS schrittweise zum verdeckten Terror über. Nach wie vor ergingen langjährige Zuchthausstrafen; politische Opponenten, die von Westberlin aus die Verhältnisse in der DDR kritisierten, wurden - wie Karl Wilhelm Fricke 1955 - in geheimen Operationen entführt, nach Ostberlin verschleppt, in MfS-Haft festgehalten und vor DDR-Gerichte gestellt (Entführung).
Das Bestreben der SED, sich in der westlichen Öffentlichkeit aufgrund dieser ungelösten Fälle und angesichts eklatanter Menschenrechtsverletzungen nicht fortlaufender Kritik ausgesetzt zu sehen, führte, begünstigt durch die Absicht, der maroden Finanz- und Wirtschaftslage mit westlicher Unterstützung beizukommen, schrittweise zu einem Wandel. Im Ergebnis kam es auch zu einer Modifikation der MfS-Strategien im Vorgehen gegenüber Widerstand und Opposition.
Neben die im Vergleich zu den 50er Jahren zwar niedrigeren, für die Betroffenen aber nach wie vor empfindlich hohen Haftstrafen traten als beabsichtigt "lautloses" Vorgehen die Strategien der Kriminalisierung und Zersetzung. In einem "Entwurf der Sektion politisch-operative Spezialdisziplin" des MfS, der auf 1978 zu datieren ist, wird hierzu ausgeführt: "Um der Behauptung des Gegners die Spitze zu nehmen, dass wir ideologische Meinungsverschiedenheiten oder Andersdenkende mit Mitteln des sogenannten politischen Strafrechts bekämpfen, sind dazu noch wirksamer Maßnahmen zur Kriminalisierung dieser Handlungen sowie nicht strafrechtliche Mittel anzuwenden."
In der Richtlinie 1/76 "zur Entwicklung und Bearbeitung Operativer Vorgänge" vom Januar 1976 wurden unter Punkt 2.6 "die Anwendung von Maßnahmen der Zersetzung" geregelt und unter Punkt 2.6.2 die "Formen, Mittel und Methoden der Zersetzung" erörtert. Jene reichten u. a. von der "systematischen Diskreditierung des öffentlichen Rufes" auch mittels "unwahrer […] Angaben" und der "Verbreitung von Gerüchten" über das "Erzeugen von Misstrauen", dem "Vorladen von Personen zu staatlichen Dienststellen" bis zur "Verwendung anonymer oder pseudonymer Briefe, […] Telefonanrufe".
Mit der "Ordnungswidrigkeitenverordnung" (OWVO) von 1984 ging man zudem verstärkt dazu über, politisch unliebsame Personen, sofern sie sich an Protesten beteiligten, mit Ordnungsstrafen zu überziehen und sie somit materiell unter Druck zu setzen. All diese Maßnahmen sollten nach außen hin den Eindruck erwecken, dass das MfS weniger rigoros als in früheren Jahren gegen Regimegegner vorging.
Nach der Freilassung von Oppositionellen, die kurz zuvor während der Durchsuchung der Umweltbibliothek 1987 und nach den Protesten am Rande der Liebknecht-Luxemburg-Demonstration 1988 in Berlin inhaftiert worden waren, äußerten selbst SED-Mitglieder Zweifel, ob das MfS noch in der Lage sei, offensiv und effektiv gegen politische Opponenten vorzugehen.
Hochgerüstet und allemal zum Einschreiten bereit, trat das MfS jedoch noch bis in den Herbst 1989 gegenüber weniger prominenten Menschen in Aktion, die Widerstand leisteten, inhaftierte diese und ließ gegen sie hohe Haftstrafen verhängen. Bis zum Ende der DDR schritt das MfS bei sog. Demonstrativhandlungen ein und ging gegen - wie es hieß - ungesetzliche Gruppenbildungen vor.
Vorgangsart von 1953 bis 1960. In Beobachtungsvorgängen wurden Personen erfasst, die als potenziell oder tatsächlich politisch unzuverlässig oder feindlich eingestellt galten und daher vorbeugend beobachtet wurden. Dazu gehörten etwa ehemalige NS-Funktionsträger, ehemalige Sozialdemokraten, Teilnehmer an den Aktionen des 17. Juni 1953 sowie Personen, die aus dem Westen zugezogen waren. Die Vorgangsart verlor nach und nach an Bedeutung. 1960 gingen noch bestehende Beobachtungsvorgänge in den zugehörigen Objektvorgängen auf. Der Beobachtungsvorgang war zentral in der Abteilung XII zu registrieren, die betroffenen Personen in der zentralen Personenkartei F 16 zu erfassen.
Im Zusammenhang mit der Verwaltungsreform der DDR vom Sommer 1952 wurden die fünf Länderverwaltungen für Staatssicherheit (LVfS) in 14 Bezirksverwaltungen umgebildet. Daneben bestanden die Verwaltung für Staatssicherheit Groß-Berlin und die Objektverwaltung "W" (Wismut) mit den Befugnissen einer BV. Letztere wurde 1982 als zusätzlicher Stellvertreterbereich "W" in die Struktur der BV Karl-Marx-Stadt eingegliedert.
Der Apparat der Zentrale des MfS Berlin und der der BV waren analog strukturiert und nach dem Linienprinzip organisiert. So waren die Hauptabteilung II in der Zentrale bzw. die Abteilungen II der BV für die Schwerpunkte der Spionageabwehr zuständig usw. Auf der Linie der Hauptverwaltung A waren die Abteilung XV der BV aktiv. Einige Zuständigkeiten behielt sich die Zentrale vor: so die Militärabwehr (Hauptabteilung I) und die internationalen Verbindungen (Abteilung X) oder die Arbeit des Büros für Besuchs- und Reiseangelegenheiten in Westberlin (Abteilung XVII). Für einige Aufgabenstellungen wurde die Bildung bezirklicher Struktureinheiten für unnötig erachtet. So gab es in den 60er und 70er Jahren für die Abteilung XXI und das Büro der Leitung II Referenten für Koordinierung (RfK) bzw. Offiziere BdL II. Für spezifische Aufgaben gab es territorial bedingte Diensteinheiten bei einigen BV, z. B. in Leipzig ein selbständiges Referat (sR) Messe, in Rostock die Abt. Hafen.
An der Spitze der BV standen der Leiter (Chef) und zwei Stellv. Operativ. Der Stellv. für Aufklärung fungierte zugleich als Leiter der Abt. XV. Die Schaffung des Stellvertreterbereichs Operative Technik im MfS Berlin im Jahre 1986 führte in den BV zur Bildung von Stellv. für Operative Technik/Sicherstellung.
Hauptverwaltung (HV) war eine Organisationseinheit in der MfS-Zentrale, die bereits ausdifferenzierte Aufgabenkomplexe in einer hierarchisch gegliederten Einheit zusammenfasst. Überwiegend durch Stellvertreter des Ministers direkt geleitet. Über das Gründungsjahrzehnt des MfS hinweg hatte nur die HV A als echte HV Bestand. Daneben war Hauptverwaltung eine Bezeichnung für Diensteinheiten im MfS ohne strukturell berechtigenden Hintergrund.
Die Hauptverwaltung A (HV A) war die Spionageabteilung des MfS, deren Bezeichnung sich an die der Spionageabteilung des KGB, 1. Verwaltung, anlehnt. Der Ordnungsbuchstabe A wurde in der Bundesrepublik oftmals, aber unzutreffenderweise mit "Aufklärung" aufgelöst. Die HV A wurde 1951 als Institut für Wirtschaftswissenschaftliche Forschung (IWF) gebildet und ging im September 1953 als HA XV in das Staatssekretariat für Staatssicherheit ein. Sie wurde im MfS von 1956 bis zur Auflösung im Juni 1990 als HV A bezeichnet.
Der Schwerpunkt nachrichtendienstlicher Tätigkeit der HV A lag in der Bundesrepublik Deutschland und Westberlin, wo sie mit Objektquellen, d. h. den IM in den nachrichtendienstlichen Zielobjekten, aktiv war.
Die HV A gliederte sich 1956 in 15, 1989 in 20 Abteilungen.
Für die operative Arbeit gegen das Bundeskanzleramt und wichtige Bundesministerien war die Abteilung I, für die gegen die bundesdeutschen Parteien die Abteilung II und für die Arbeit außerhalb Deutschlands die Abteilung III zuständig. Für die Infiltration der USA war die Abteilung XI, für die NATO und die Europäischen Gemeinschaften die Abteilung XII verantwortlich. Mit der Militärspionage war die Abteilung IV befasst, mit der Unterwanderung gegnerischer Nachrichtendienste die Abteilung IX.
Innerhalb der Hauptverwaltung war vornehmlich der Sektor Wissenschaft und Technik (SWT) mit Wissenschafts- und Technikspionage befasst, der zu diesem Zweck die Abteilung XIII bis XV sowie die Arbeitsgruppen 1, 3 und 5 unterhielt sowie eine eigene Auswertungsabteilung, die Abteilung V bzw. ab 1959 Abteilung VII.
Leiter der HV A waren 1951/52 Anton Ackermann, kurzzeitig Richard Stahlmann, 1952-1986 Markus Wolf, dann Werner Großmann und 1989/90 Bernd Fischer. Von anfangs zwölf Mitarbeitern wuchs der Apparat bis 1955 auf 430, bis 1961 auf 524 Mitarbeiter und erreichte bis 1972 einen Umfang von 1.066 hauptamtlichen Mitarbeitern. Bis 1989 wuchs die HV A auf 3.299 hauptamtliche Mitarbeiter, hinzu kamen 701 OibE (1985: 1.006) sowie 778 HIM. OibE und HIM arbeiteten verdeckt in der DDR und im Operationsgebiet. Insgesamt verfügte die HV A also zuletzt über 4.778 Mitarbeiter.
Die Anzahl der von der HV A geführten IM umfasste im Jahre 1989 rund 13.400 in der DDR und weitere 1.550 in der Bundesrepublik. Über 40 Jahre hinweg werden nach Hochrechnungen insgesamt rund 6.000 Bundesbürger und Westberliner IM der HV A gewesen sein.
Inoffizielle Mitarbeiter (IM) waren das wichtigste Instrument des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS), um primär Informationen über Bürger, die Gesellschaft, ihre Institutionen und Organisationen der DDR oder im Ausland zu gewinnen. Unter Umständen hatten IM auf Personen oder Ereignisse in der DDR steuernden Einfluss zu nehmen.
In der DDR-Gesellschaft hießen sie "Spitzel", "Denunzianten" oder "Kundschafter". Mit der deutschen Einheit hat sich die Bezeichnung Inoffizieller Mitarbeiter des MfS für die heimlichen Zuträger etabliert. Sie lieferten u. a. Informationen über Stimmungen und Meinungen in der Bevölkerung.
Die SED-Führung wollte stets über die konkrete Situation und Lage in der DDR unterrichtet sein. Die IM hatten den Auftrag, "staatsgefährdende" Bestrebungen zu ermitteln, was beim MfS "politisch ideologische Diversion" bzw. "politische Untergrundtätigkeit" hieß. Der Bogen hierfür war weit gespannt und reichte von einer privaten Meinungsäußerung bis hin zu politischen Aktivitäten. Überdies sollten sie, wenn auch selten, direkt auf gesellschaftliche Entwicklungen oder einzelne Personen einwirken.
Die IM waren das wichtigste Repressionsinstrument in der DDR. IM wurden auf bestimmte Schwerpunkte angesetzt, von denen tatsächliche oder vermeintliche Gefahren ausgehen konnten. Diese Objekte und Territorien, Bereiche oder Personen waren so zahlreich, dass die geheimpolizeiliche Durchdringung tendenziell den Charakter einer flächendeckenden Überwachung annahm.
Die Anzahl der vom MfS geführten inoffiziellen Mitarbeiter umfasste im Jahre 1989 ungefähr 189.000 IM, darunter 173.000 IM der Abwehrdiensteinheiten, ferner 13.400 IM in der DDR und 1.550 IM in der Bundesrepublik, die von der Hauptverwaltung A geführt wurden, sowie diverse andere wie Zelleninformatoren usw. Auf 89 DDR-Bürger kam somit ein IM. In der Zeit von 1950 bis 1989 gab es insgesamt ca. 620.000 IM.
Die Entwicklung des IM-Netzes ist nicht allein von einem kontinuierlichen Anstieg geprägt, sondern verweist auf besondere Wachstumsphasen in Zeiten innergesellschaftlicher Krisen wie dem 17. Juni 1953 oder am Vorabend des Mauerbaus. Im Zuge der deutsch-deutschen Entspannungspolitik wurde das IM-Netz ebenfalls erweitert. So umfasste es Mitte der 70er Jahre – hochgerechnet – über 200.000 IM. Angesichts wachsender oppositioneller Bewegungen hatte es in den 80er Jahren gleichfalls ein hohes Niveau.
Die flächendeckende Überwachung der Gesellschaft fiel regional recht unterschiedlich aus. Im Land Brandenburg, das die Bezirke Cottbus, Frankfurt (Oder) und Potsdam vereint, war sie stärker als in Thüringen. Die höchste IM-Dichte wies der ehemalige Bezirk Cottbus auf.
Das MfS operierte formal nach territorialen Gesichtspunkten und Sicherungsbereichen, setzte jedoch operative Schwerpunkte in der geheimpolizeilichen Arbeit. Bezogen auf das Gesamtministerium lagen diese – sowohl auf Kreis-, als auch auf Bezirks- und Hauptabteilungsebene – bei der Volkswirtschaft, der Spionageabwehr und auf der "politischen Untergrundtätigkeit", der "Bearbeitung " von oppositionellen Milieus und den Kirchen.
Die Motive zur Kooperation mit dem MfS waren überwiegend ideeller, seltener materieller Natur, noch seltener war Erpressung der Grund. Die Kooperation währte durchschnittlich sechs bis zehn Jahre oder länger. Augenfällig ist, dass darunter nicht wenige soziale Aufsteiger waren. Der Anteil von weiblichen IM lag in der DDR bei 17 Prozent, in der Bundesrepublik bei 28 Prozent. Über die Hälfte der IM war Mitglied der SED. Von den 2,3 Mio. Mitgliedern der Partei ausgehend, waren 4 bis 5 Prozent zuletzt inoffiziell aktiv, d. h. jedes zwanzigste SED-Mitglied.
Das MfS differenzierte IM nach Kategorien: Gesellschaftliche Mitarbeiter für Sicherheit, IM zur Sicherung und Durchdringung des Verantwortungsbereichs, IM im besonderen Einsatz, Führungs-IM und IM zur Sicherung der Konspiration und des Verbindungswesens. Die wichtigste Kategorie waren IM mit "Feindverbindungen" bzw. solche, die Personen zu "bearbeiten" hatten, die "im Verdacht der Feindtätigkeit" standen. Im Laufe der 80er Jahre nahm der Anteil von IM in der Kategorie IMB bis Dezember 1988 auf rund 3.900 zu.
Der Anteil von Bundesbürgern oder Ausländern unter den IM des MfS betrug nicht einmal 2 Prozent. 1989 waren mindestens 3.000 Bundesbürger inoffiziell im Dienste des MfS, zusätzlich mehrere Hundert Ausländer. In der Zeit von 1949 bis 1989 waren insgesamt mindestens 12.000 Bundesbürger und Westberliner IM.
Die operativen Ziele des MfS waren über die gesamte Bundesrepublik Deutschland verteilt. Darüber hinaus gab es Schwerpunkte in Europa, im Nahen Osten und Asien, nachgeordnet auch in Afrika und Lateinamerika. Nachrichtendienstliche Schwerpunkte waren vor allem die Wissenschafts- und Technikspionage, erst danach die politische und mit etwas Abstand die Militärspionage. Die Bundesrepublik Deutschland wurde folglich vor allem als Ressource zur Systemstabilisierung genutzt.
Die politische Spionage diente vornehmlich dazu, die politische Gefährdungslage des herrschenden Systems in der DDR bestimmen zu können. Dieses Profil deutet an, dass die Spionage der Bewahrung des Status quo dienen sollte. Von einer Unterwanderung der Bundesrepublik war die Geheimpolizei zahlenmäßig weit entfernt. Vielmehr waren ihre inoffiziellen Mitarbeiter damit beschäftigt, das DDR-System zu stabilisieren.
Von 1980 bis 1989 geltende IM-Kategorie, als IMB definiert – nicht zu verwechseln mit der Vorgangsart IMB der Hauptverwaltung A. Mit der Einführung des IMB wurden die IM-Kategorien IMV und IMF zu einer zusammengefasst. Die IMB galten als hochkarätige IM, die direkten Kontakt mit Personen hatten, die vom MfS als "feindlich" eingestuft wurden und deren Vertrauen besaßen, etwa Zuträger mit kirchlichen Funktionen oder aus Oppositionsgruppen. Außerdem wurden IMB zur Bekämpfung als "feindlich" angesehener Organisationen und Individuen im sog. Operationsgebiet eingesetzt. Zuletzt gab es rund 3.900 IMB.
Der Instrukteur unterhielt im Auftrag des Führungsoffiziers die persönliche Verbindung zu dem im "Operationsgebiet" eingesetzten inoffiziellen Mitarbeiter oder Residenten. Er beauftragte und instruierte den IM und nahm dessen Berichte entgegen. In der Regel waren die Instrukteure DDR-Bürger und erhielten in den 80er Jahren den Status von Hauptamtlichen IM. Zuletzt gab es 777 Instrukteure.
Kurier war eine IM-Kategorie der HV A. Der Kurier hielt die Verbindung zwischen dem im Westen ansässigen IM und dem Führungsoffizier aufrecht und übergab bzw. übernahm Informationen, Instruktionen, vom West-IM beschaffte Dokumente, nachrichtendienstliche Hilfsmittel und Geld. Die Gegenstände wurden z. B. in sogenannten "toten Briefkästen" gelagert, so dass West-IM und Kuriere sich nicht begegneten ("unpersönliches Verbindungswesen"). Als Kurier wurden meistens IM aus der DDR eingesetzt. Ein Kurier konnte auch Aufgaben des Instrukteurs übernehmen. Beim MfS galt das grenzüberschreitende Verbindungssystem als "Lebensnerv" und zugleich verwundbarste Stelle der Westarbeit.
Mit Operationsgebiet bezeichnete das MfS zusammenfassend alle Länder, in denen bzw. gegen die es geheimdienstliche Aktionen durchführte. Zumeist waren damit die Bundesrepublik Deutschland und Westberlin gemeint, der Begriff konnte aber auch jedes andere westliche oder neutrale Land einschließen. Aufgrund besonderer innenpolitischer Entwicklungen galten 1968/69 auch die Tschechoslowakei, spätestens seit den 70er Jahren faktisch Rumänien und in den 80er Jahren auch Polen als Operationsgebiet.
Inszenierte fiktive Sachverhalte und Vorwände, die bei bestimmten Personen gewünschte Verhaltensweisen auslösen und/oder das MfS in die Lage versetzen sollten, an bestimmte Informationen zu gelangen, wobei der nachrichtendienstliche Hintergrund der Vorgänge unerkannt bleiben sollte. Die Legende sollte glaubwürdig sein und auf realen, überprüfbaren Gegebenheiten beruhen. Je nach operativer Zielsetzung gab es die Reise-, Ermittlungs-, Gesprächs-, Kontakt-, Ausweich- und Rückzugslegenden.
Eine Sicherheitsüberprüfung ist ein Verfahren zur Einschätzung der "sicherheitspolitischen" Eignung von Personen, denen bedeutsame Aufgaben, Funktionen und Befugnisse übertragen oder Vollmachten bzw. Erlaubnisse und Genehmigungen erteilt werden sollten (u. a. Leitungskräfte, Geheimnisträger, Angehörige von anderen Sicherheitsorganen, Reisekader, Leistungssportler, Waffenbesitzer).
Ziel der Sicherheitsüberprüfung war es, ihre Zuverlässigkeit "unter den jeweiligen Lagebedingungen" sicherzustellen und entsprechend ungeeignete Personen aus bedeutsamen oder sicherheitsrelevanten Positionen und Bereichen fernzuhalten. Das familiäre und soziale Umfeld der betreffenden Personen wurde zumeist in die Überprüfung mit einbezogen. Die Sicherheitsüberprüfung war mit der Entscheidung über Zustimmung oder Nichtzustimmung abzuschließen. Zu bereits überprüften Personen waren Wiederholungsüberprüfungen vorgesehen. In den 80er Jahren fielen im MfS jährlich Hunderttausende Sicherheitsüberprüfungen an und dominierten vor allem die Arbeit der Kreisdienststellen.
Untersuchungshaft ist eine freiheitsentziehende Zwangsmaßnahme zur Sicherung des Strafverfahrens. Die Untersuchungshaft begann nach der Verkündung des Haftbefehls durch einen Richter und endete mit der Überstellung in den Strafvollzug nach Erlangung der Rechtskraft einer Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe, selten auch mit der Freilassung.
Voraussetzungen für die Anordnung der Untersuchungshaft waren ein dringender Tatverdacht sowie entweder Fluchtverdacht oder Verdunklungsgefahr (§ 112 StPO/1949, § 141 StPO/1952, § 122 StPO/1968). Der Vollzug der Untersuchungshaft war gesetzlich mit nur einem StPO-Paragraphen geregelt (§ 116 StPO/1949, § 147 StPO/1952, § 130 StPO/1968), alles Weitere in internen Ordnungen. Er erfolgte für Beschuldigte, deren Ermittlungsverfahren von der Staatssicherheit geführt wurden, in MfS-Untersuchungshaftanstalten in Berlin bzw. den Bezirksstädten der DDR.
Die Haftbedingungen waren dort von Willkür, völliger Isolation und daraus resultierender Desorientierung der Häftlinge gekennzeichnet. Für den Vollzug der Untersuchungshaft war im MfS die Linie XIV (Abt. XIV) zuständig; die Vernehmungen oblagen den Untersuchungsführern der Linie IX (HA IX).
Beginn einer freiheitsentziehenden Maßnahme, Ergreifung eines Beschuldigten oder Angeklagten aufgrund eines richterlichen Haftbefehls (§ 114 StPO/1949, § 142 StPO/1952, §§ 6 Abs. 3, 124 StPO/1968). Zu unterscheiden von der vorläufigen Festnahme und der Zuführung.
Ansprache von Markus Wolf zur Premiere eines Films über Richard Stahlmann Audio, 41 Minuten, 50 Sekunden
Politische Einschätzung zur Lage und den Vorbereitungen zur Fußball-Weltmeisterschaft 1974 Dokument, 6 Seiten
Vernehmung von Karl-Heinz Schmidt im Schauprozess gegen ihn wegen Spionage für die Organisation Gehlen Audio, 58 Minuten, 21 Sekunden
Diskussion von Mitarbeitern der BV Cottbus zu aktuellen politischen Problemen Audio, 1 Stunde, 18 Minuten, 51 Sekunden