Signatur: BArch, MfS, HA VI, Nr. 17061, Bl. 39-42
Auch wenn Bundesbürger Eintrittskarten für ihre Verwandte aus der DDR angefragt hatten, durften diese jedoch nicht in den Westen reisen. Vielmehr wollte das MfS dann die Verbindungen zwischen den Bürgern der DDR und der Bundesrepublik noch strenger unter die Lupe nehmen.
Bürgern der DDR war vor dem Rentenalter nur gestattet, aus triftigen beruflichen Gründen oder in dringenden Familienangelegenheiten in die Bundesrepublik zu reisen. Auch zur Olympiade nach München konnten DDR-Bürger nicht einfach als Touristen reisen. Denn sie hätten dies zur ‚Republikflucht‘ nutzen oder die westdeutsche Mannschaft anfeuern können. Auch hier versuchte die Stasi nichts dem Zufall zu überlassen und wählte sorgfältig aus, wer politisch zuverlässig genug war, um die Bundesrepublik reisen zu dürfen.
Dem zugrunde lag ein Beschluss des Zentralkomitees der SED, demzufolge "Touristendelegationen" aus allen Bezirken der DDR zu bilden seien. Es kamen jedoch nur solche Bürger in Frage, die zuvor vom MfS gründlich durchleuchtet worden waren. Nur wer die ‚richtigen‘ Charaktereigenschaften zeigte und ideologisch unanfechtbar war durfte reisen. Fast immer mussten aber die engsten Familienangehörigen zuhause bleiben um den Reisenden mehr Grund zur Rückkehr zu geben.
[anonymisiert]
An das
Reisebüro der Deutschen Demokratischen Republik DDR Berlin 104
Friedrichstr. ll0 - 112
Betr.: Eintrittskarten für die Spiele der XX. Olympiade München / Kiel 1972,
Sehr geehrte Herren!
Ich erhielt heute vom Organisationskomitee für die Spiele der XX. Olympiade München 1972 ein Schreiben der Abt. VIII, Verkehr, vom 11.1.1972 , wovon ich mir erlaube hier eine Fotocopie beizufügen. Danach hat die DDR rund 21.000 Eintrittskarten für die Olympischen Spiele zur Verfügung gestellt erhalten.
Meine Verwandten aus der DDR haben ebenfalls die Absicht die Spiele zu besuchen. Bitte , teilen Sie mir mit ob die Eintrittskarten von dort , auf Antrag , zur Verfügung gestellt werden oder ob ich von hier Karten in die DDR senden soll. Im zweiten Fall würde dann mit Ihrer Reisegruppe die Reise erfolgen.
Sie haben sicherlich bereits heute einen genauen Zeit- u. Ablaufplan aufgestellt, Ich bitte um nähere Einzelheiten, damit die erforderlichen Reisegenehmigungen schnellstens beantragt werden können.
Es handelt sich bei den Besuchern aus der DDR um 2 Herren , 63 und 32 Jahre alt sowie um eine Dame im Alter von 25 Jahren.
Ich würde mich sehr freuen von Ihnen bald eine genaue Auskunft zu erhalten und danke Ihnen hierfür.
Mit freundlichen Grüßen!
[anonymisiert]
Anlage
Straftaten gegen die staatliche Ordnung
Straftaten gegen die staatliche Ordnung waren Straftatbestände des 8. Kapitels des StGB/1968. Insbesondere der 2. Abschnitt ("Straftaten gegen die staatliche und öffentliche Ordnung") enthält politische Strafnormen, die für die strafrechtliche Untersuchungstätigkeit der Staatssicherheit (Untersuchungsorgan) von großer Bedeutung waren.
Das gilt vor allem für § 213 ("Ungesetzlicher Grenzübertritt"), der in der Honecker-Ära Grundlage von rund der Hälfte aller MfS-Ermittlungsverfahren war. Auch § 214 ("Beeinträchtigung staatlicher und gesellschaftlicher Tätigkeit") spielte, vor allem im Zusammenhang mit der Bekämpfung von Ausreiseantragstellern, in den 80er Jahren eine immer wichtigere Rolle.
Ähnliches gilt für § 219 ("Ungesetzliche Verbindungsaufnahme") und § 220 ("Öffentliche Herabwürdigung der staatlichen Ordnung"), die die ähnlichen, aber schwerer wiegenden Strafnormen aus dem 2. Kapitel des StGB/1968 § 100 ("Staatsfeindliche Verbindungen", ab 1979 "Landesverräterische Agententätigkeit") und § 106 ("Staatsfeindliche Hetze") weitgehend verdrängten (Staatsverbrechen).
1950 entstanden; 1958 Aufwertung zur HA VIII.
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Signatur: BArch, MfS, HA VI, Nr. 17061, Bl. 39-42
Auch wenn Bundesbürger Eintrittskarten für ihre Verwandte aus der DDR angefragt hatten, durften diese jedoch nicht in den Westen reisen. Vielmehr wollte das MfS dann die Verbindungen zwischen den Bürgern der DDR und der Bundesrepublik noch strenger unter die Lupe nehmen.
Bürgern der DDR war vor dem Rentenalter nur gestattet, aus triftigen beruflichen Gründen oder in dringenden Familienangelegenheiten in die Bundesrepublik zu reisen. Auch zur Olympiade nach München konnten DDR-Bürger nicht einfach als Touristen reisen. Denn sie hätten dies zur ‚Republikflucht‘ nutzen oder die westdeutsche Mannschaft anfeuern können. Auch hier versuchte die Stasi nichts dem Zufall zu überlassen und wählte sorgfältig aus, wer politisch zuverlässig genug war, um die Bundesrepublik reisen zu dürfen.
Dem zugrunde lag ein Beschluss des Zentralkomitees der SED, demzufolge "Touristendelegationen" aus allen Bezirken der DDR zu bilden seien. Es kamen jedoch nur solche Bürger in Frage, die zuvor vom MfS gründlich durchleuchtet worden waren. Nur wer die ‚richtigen‘ Charaktereigenschaften zeigte und ideologisch unanfechtbar war durfte reisen. Fast immer mussten aber die engsten Familienangehörigen zuhause bleiben um den Reisenden mehr Grund zur Rückkehr zu geben.
[anonymisiert]
Abteilung VIII
Verkehr
[anonymisiert]
VIII D 2022 Goe/ni 11. Januar 1972
Betreff: Eintrittskarten für die Spiele der XX. Olympiade München 1972
hier: DDR
Bezug: Ihr Schreiben vom 3. Januar 1972 an Herrn Präs. W. Deume
Sehr geehrter Herr [anonymisiert]
Vielen Dank für Ihr an Herrn Daume gerichtetes Schreiben, das unserer
Abteilung zur direkten Beantwortung zugeleitet wurde. Ich darf ihnen dazu folgende Ausführungen geben:
Der DDR wurden nicht 40.000, sondern rund 21.000 Eintrittskarten für
die Olympischen Spiele zur Verfügung gestellt. Die für die DDR zuständige offizielle Verkaufsstelle war das
Reisebüro der Deutschen Demokratischen Republik
Friedrichstr. 110-112
DDR-Berlin l04
Soweit uns bekannt ist, werden ca. 2.000 Besucher aus der DDR zu den Olympischen Spielen kommen, und zwar auf 2 Besuchsabschnitte aufgeteilt. Nach welchen Gesichtspunkten die Besucher ausgewählt werden, ist uns nicht bekannt. Wir können auch keinen Einfluß darauf nehmen.
Selbstverständlich ist es Ihnen freigestellt, in der Bundesrepublik
Karten für Ihre Freunde in der DDR zu kaufen und sie ihnen zukommen zu lassen.
Wir wissen aber nicht, ob die DDR ihre derzeitigen Ausreisebestimmungen
Das Organisationskomitee ist ein eingetragener Verein. Gemäß § 11 der Satzung wird der Verein vertreten durch den Präsidenten gemeinsam mit einem Vizepräsidenten oder jeweils einzeln durch den Generalsekretär oder den ständigen stellvertretenden Generalsekretär.
Straftaten gegen die staatliche Ordnung
Straftaten gegen die staatliche Ordnung waren Straftatbestände des 8. Kapitels des StGB/1968. Insbesondere der 2. Abschnitt ("Straftaten gegen die staatliche und öffentliche Ordnung") enthält politische Strafnormen, die für die strafrechtliche Untersuchungstätigkeit der Staatssicherheit (Untersuchungsorgan) von großer Bedeutung waren.
Das gilt vor allem für § 213 ("Ungesetzlicher Grenzübertritt"), der in der Honecker-Ära Grundlage von rund der Hälfte aller MfS-Ermittlungsverfahren war. Auch § 214 ("Beeinträchtigung staatlicher und gesellschaftlicher Tätigkeit") spielte, vor allem im Zusammenhang mit der Bekämpfung von Ausreiseantragstellern, in den 80er Jahren eine immer wichtigere Rolle.
Ähnliches gilt für § 219 ("Ungesetzliche Verbindungsaufnahme") und § 220 ("Öffentliche Herabwürdigung der staatlichen Ordnung"), die die ähnlichen, aber schwerer wiegenden Strafnormen aus dem 2. Kapitel des StGB/1968 § 100 ("Staatsfeindliche Verbindungen", ab 1979 "Landesverräterische Agententätigkeit") und § 106 ("Staatsfeindliche Hetze") weitgehend verdrängten (Staatsverbrechen).
Eine selbständige Abteilung ist eine Organisationsstruktur in der MfS-Zentrale, die durch den Minister oder einen seiner Stellvertreter direkt angeleitet und durch militärische Einzelleiter geführt wurde. Die weiter untergliederten Abteilungen prägten Linien aus (z. B. Abt. XIV; Linienprinzip) oder blieben auf die Zentrale beschränkt (z. B. Abt. X). Die eng umrissenen Zuständigkeiten mit operativer Verantwortung und Federführung orientierten sich an geheimdienstlichen Praktiken (Telefonüberwachung) oder Arbeitsfeldern (Bewaffnung, chemischer Dienst).
1950 entstanden; 1958 Aufwertung zur HA VIII.
Die Durchsuchung von Wohnungen, Räumen oder Personen war eine strafprozessuale Maßnahme im Ermittlungsverfahren zum Zwecke der Festnahme oder Verhaftung Verdächtiger bzw. zum Auffinden von Beweismaterial (§§ 108–119 StPO/1968). Eine Durchsuchung musste vom Staatsanwalt bzw. konnte bei Gefahr im Verzuge auch von den Untersuchungsorganen angeordnet werden und bedurfte einer richterlichen Bestätigung binnen 48 Stunden (§ 121 StPO/1968). Die Durchsuchung oblag eigentlich den Untersuchungsorganen, formal im MfS also der Linie IX (Hauptabteilung IX). Tatsächlich wurden sie aber regulär von Mitarbeitern der Linie VIII (Hauptabteilung VIII) durchgeführt.
Die Durchsuchung Verhafteter und vorläufig Festgenommener konnte ohne staatsanwaltliche Anordnung durchgeführt werden und bedurfte keiner richterlichen Bestätigung (§ 109 StPO/1968); sie wurde im MfS von den – formal nicht zuständigen – Mitarbeitern der Linie XIV (Abteilung XIV) durchgeführt. Außerhalb des Ermittlungsverfahrens war die Durchsuchung von Personen und Sachen durch Polizei und MfS polizeirechtlich geregelt (§ 13 VP-Gesetz). Vom MfS wurden die Möglichkeiten der Durchsuchung und Beschlagnahme auch außerhalb des jeweiligen strafprozessualen Ermittlungsverfahrens für geheimdienstliche Zwecke genutzt. Jenseits jeglicher rechtlicher Regelungen führten operative Diensteinheiten des MfS, vor allem die Linie VIII (Hauptabteilung VIII), auch konspirative Wohnungsdurchsuchungen durch.
Werber hatten planmäßig Kandidaten für die inoffizielle Arbeit im Operationsgebiet zu kontaktieren und zu rekrutieren. Seit 1984 wurde zwischen zwei Typen von Werbern unterschieden: Werber I wurden für die Kontaktierung, Vorbereitung und Durchführung von Werbungen eingesetzt oder nahmen die "unmittelbare Bearbeitung" von Werbekandidaten vor. Werber II waren für die Hinweis- und Dossierarbeit zur Aufklärung von Personen, Sachverhalten und Objekten eingesetzt. 1988 gab es 275 bundesdeutsche Werber.
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Signatur: BArch, MfS, HA VI, Nr. 17061, Bl. 39-42
Auch wenn Bundesbürger Eintrittskarten für ihre Verwandte aus der DDR angefragt hatten, durften diese jedoch nicht in den Westen reisen. Vielmehr wollte das MfS dann die Verbindungen zwischen den Bürgern der DDR und der Bundesrepublik noch strenger unter die Lupe nehmen.
Bürgern der DDR war vor dem Rentenalter nur gestattet, aus triftigen beruflichen Gründen oder in dringenden Familienangelegenheiten in die Bundesrepublik zu reisen. Auch zur Olympiade nach München konnten DDR-Bürger nicht einfach als Touristen reisen. Denn sie hätten dies zur ‚Republikflucht‘ nutzen oder die westdeutsche Mannschaft anfeuern können. Auch hier versuchte die Stasi nichts dem Zufall zu überlassen und wählte sorgfältig aus, wer politisch zuverlässig genug war, um die Bundesrepublik reisen zu dürfen.
Dem zugrunde lag ein Beschluss des Zentralkomitees der SED, demzufolge "Touristendelegationen" aus allen Bezirken der DDR zu bilden seien. Es kamen jedoch nur solche Bürger in Frage, die zuvor vom MfS gründlich durchleuchtet worden waren. Nur wer die ‚richtigen‘ Charaktereigenschaften zeigte und ideologisch unanfechtbar war durfte reisen. Fast immer mussten aber die engsten Familienangehörigen zuhause bleiben um den Reisenden mehr Grund zur Rückkehr zu geben.
Brief vom 11.1.1972 Blatt 2
für Besucher der Olympischen Spiele unter 60 Jahre ändert.
Ich bedauere sehr, Ihnen in dieser Angelegenheit keine detaillierteren Auskünfte geben zu können.
Mit freundlichen Grüßen
i.A.
[Unterschrift]
(Goedecke)
Straftaten gegen die staatliche Ordnung
Straftaten gegen die staatliche Ordnung waren Straftatbestände des 8. Kapitels des StGB/1968. Insbesondere der 2. Abschnitt ("Straftaten gegen die staatliche und öffentliche Ordnung") enthält politische Strafnormen, die für die strafrechtliche Untersuchungstätigkeit der Staatssicherheit (Untersuchungsorgan) von großer Bedeutung waren.
Das gilt vor allem für § 213 ("Ungesetzlicher Grenzübertritt"), der in der Honecker-Ära Grundlage von rund der Hälfte aller MfS-Ermittlungsverfahren war. Auch § 214 ("Beeinträchtigung staatlicher und gesellschaftlicher Tätigkeit") spielte, vor allem im Zusammenhang mit der Bekämpfung von Ausreiseantragstellern, in den 80er Jahren eine immer wichtigere Rolle.
Ähnliches gilt für § 219 ("Ungesetzliche Verbindungsaufnahme") und § 220 ("Öffentliche Herabwürdigung der staatlichen Ordnung"), die die ähnlichen, aber schwerer wiegenden Strafnormen aus dem 2. Kapitel des StGB/1968 § 100 ("Staatsfeindliche Verbindungen", ab 1979 "Landesverräterische Agententätigkeit") und § 106 ("Staatsfeindliche Hetze") weitgehend verdrängten (Staatsverbrechen).
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Information Anfragen - Spiele der XX. Olympiade 1972 in München Dokument, 2 Seiten
Vorschlag zur Teilnahme, Zusammensetzung und politischen Vorbereitung von Touristengruppen Dokument, 11 Seiten
Vorbereitung und Umsetzung der Überwachung von beantragten und genehmigten Reisen von DDR-Bürgern zu den Olympischen Spielen 1972 nach München Dokument, 2 Seiten
Information über Pläne, Absichten, Maßnahmen und andere Aktivitäten gegen die DDR und verschiedene sozialistische Staaten unter Mißbrauch der Olympischen Sommerspiele 1972 in München Dokument, 13 Seiten