Signatur: BArch, MfS, BdL/Dok., Nr. 8323, Bl. 1-18
Die Stasi überwachte bereits Mitte der 1980er Jahre verschiedene jugendliche Subkulturen wie Punks, Skinheads und Heavy-Metal-Fans. Bei den beiden letzteren stellte sie zunehmend faschistische Ausprägungen fest.
Am Abend des 17. Oktobers 1987 überfielen rechtsextreme Skinheads ein Punkkonzert in der Ost-Berliner Zionskirche. Neben der Punkband "Die Firma" spielte auf dem Konzert auch "Element of Crime" aus West-Berlin. Als die Konzertbesucherinnen und -besucher die vollbesetzte Kirche verließen, schlugen etwa 30 angetrunkene Neonazis aus Ost- und West-Berlin auf sie ein. Dabei brüllten sie faschistische Parolen wie "Juden raus", "Kommunistenschweine" und "Sieg Heil!". Anwesende Volkspolizisten registrierten das Geschehen, hielten sich aber im Hintergrund und griffen erst ein, nachdem ein Notruf eingegangen war.
Bei den anschließenden Ermittlungen arbeiteten Staatssicherheit und Volkspolizei eng zusammen. Der Überfall auf die Zionskirche zeigte, dass es trotz der geleugneten Existenz von Rechtsextremismus in der DDR eine gewaltbereite Neonazi-Szene gab. Da westliche Medien bereits einen Tag später über den Vorfall berichteten, konnten auch die DDR-Medien dieses Ereignis nicht mehr stillschweigend übergehen. Für die Gerichtsverfahren stimmte sich die Staatssicherheit eng mit der Justiz der DDR ab. Im ersten Prozess erhielten die vier Hauptangeklagten zunächst unerwartet niedrige Strafen zwischen einem und zwei Jahren Haft. Nachdem es Proteste gegen die Urteile gegeben hatte, forderte die Generalstaatsanwaltschaft in Abstimmung mit dem Obersten Gericht der DDR in den Berufungsverhandlungen ein höheres Strafmaß. Die Neonazis aus Ost-Berlin erhielten schließlich Haftstrafen bis zu vier Jahren.
In der vorliegenden Information aus dem Jahr 1986 führt die Staatssicherheit die Gruppe der "Skinheads" als eine Erscheinungsform "negativ-dekadenter Jugendlicher" neben den "Punkern" und "Heavy-Metal-Fans" auf. Neonazistische Tendenzen unter "Skinheads" und "Heavy-Metal-Fans" waren der Stasi bereits bekannt: "Diese Personenkreise zeichnen sich neben der Bereitschaft zur Gewaltanwendung durch solche Eigenheiten wie Nationalismus, Ausländerfeindlichkeit bis hin zur Propagierung antikommunistischen und antisowjetischen Gedankenguts aus." Der Bericht zeigt, dass sich die DDR-Geheimpolizei neben den Punks auch mit den Skinheads bzw. "Heavys" zu dieser Zeit bereits ausführlicher auseinandergesetzt hatte. Sie stellte fest, dass sich "bereits eine gewisse Organisationsstruktur erkennen" lasse und sich bestimmte Jugendklubs und Gaststätten als feste Treffpunkte für die Skinhead-Szene etablierten.
Mit dem Erscheinungsbild dieser Jugendlichen sind Handlungsweisen verbunden, die sich u.a. wie folgt äußern:
- Absingen faschistischer Lieder in der Öffentlichkeit;
- faschistische Grußerweisung in der Öffentlichkeit;
- Bedrohung und Beschimpfung progressiv auftretender Jugendlicher;
- Tragen faschistischer Symbole, Orden, Uniformteile;
- Auftreten in nach westlichem Vorbild organisierten "Wehrsportgruppen".
Territoriale Schwerpunkte im Auftreten von Jugendlichen mit faschistischen Verhaltensweisen/Handlungen sind die Bezirke Magdeburg, Leipzig, Erfurt, FranMurt/Oder sowie die Hauptstadt Berlin. Als ein weiterer Ausdruck der hier dargestellten Erscheinung müssen auch die im August 1985 bei der Rennsportveranstaltung in Brno/CSSR festgestellten feindlichen Handlungen von Jugendlichen aus der DDR eingestuft werden.
Die dabei mit faschistischer Grußerweisung, Absingen des "Deutschlandliedes" und Liedern der faschistischen Wehrmacht sowie Widerstandshandlungen in Erscheinung getretenen Personen waren "uniformähnlich" bekleidet und trugen zum Teil "adlerähnliche" Rückenaufnäher auf ihren Lederjacken. Bei den festgestellten Personen handelte es sich um 16 Personen aus dem Bezirk Frankfurt/Oder und 12 Jugendlichen aus dem Bezirk Rostock.
Des weiteren ist festzustellen, daß sich in Einzelfällen Punker mit Personen des politischen Untergrundes, vor allem mit Personen des literarisch-künstlerischen Bereiches verbinden und gemeinsam Veranstaltungen durchführen. Im Rahmen der Bearbeitung der Mitglieder der "Punk-Band" "Schleimkeim" (Erfurt), gegen die bereits 1983 ein Ermittlungsverfahren durchgeführt wurde und die jetzt wieder aktiv sind, wurde bekannt, daß der operativ bekannte Anderson die Gruppe dazu inspirierte, ihre Musik in einem privaten Tonstudio aufzeichnen zu lassen und diese Aufzeichnungen als Grundlage für eine in Westberlin erscheinende Platte mit "DDR-Punk-Gruppen" bereitzustellen.
Zur Absicherung der Gruppe "Schleimkeim" sollten deren Produktionen unter dem Pseudonym "Saukerle" erfolgen.
Inoffiziell und offiziell wurde bekannt, daß zwischenzeitlich die Produktion dieser Platte durch die private Plattenfirma "Aggressive Rockmusik" erfolgte. Am 15.6.1985 wurde im Rahmen der RIAS-Treffpunkt-Sendung nach einem Wortbeitrag "Punks in der DDR" auf eine Platte mit DDR-Punk-Gruppen ... hingewiesen. Daraus wurden zwei Titel der Gruppe "Saukerle" alias "Schleimkeim" "Norm, Norm, Norm ..." sowie "Untergrund und Anarchie ..." abgespielt. Auf der B-Seite der Platte befinden sich Aufnahmen der DDR-Punk-Band "Zwitschermaschine" (Pseudonym). Von der Moderatorin wurde ein zur Platte gehörendes "Beiblatt" verlesen (siehe Anlage 3), das von den Beteiligten selbst entworfen worden sein soll und eine klare Formulierung der Ziele und Absichten der Punk-Musik-Produzenten der DDR darstellt (Mitschnitt des Beitrages liegt bei der HA XX/2 vor).
Erstes Stadium des Strafverfahrens, steht formal unter Leitung des Staatsanwaltes (§ 87 StPO/1968). Die eigentlichen Ermittlungen werden von den staatlichen Untersuchungsorganen (Polizei, MfS, Zoll) durchgeführt (§ 88 StPO/1968) und vom Staatsanwalt beaufsichtigt (§ 89 StPO/1968).
Tatsächlich waren für die Ermittlungen des MfS lediglich die zuvor vom MfS ausgewählten Staatsanwälte der Abteilungen IA zuständig, die gemäß MfS-internen Regelungen keine Einsicht in Unterlagen oder Ermittlungen, die nicht der StPO entsprachen, bekommen durften. Faktisch gab es daher eine doppelte Aktenführung in der zuständigen Linie IX: den internen Untersuchungsvorgang und die für Staatsanwaltschaft und Gericht bestimmte Gerichtsakte und somit keine wirksame staatsanwaltschaftliche Aufsicht über die MfS-Ermittlungen. Einleitung wie auch Einstellung des Ermittlungsverfahrens konnten selbständig von den Untersuchungsorganen verfügt werden (§§ 98, 141 StPO/1968).
Mit dem Ermittlungsverfahren verbunden waren Eingriffe in die persönliche Freiheit Beschuldigter durch die Untersuchungsorgane wie die Beschuldigten- und Zeugenvernehmung, die Durchsuchung, die Beschlagnahme, die Festnahme oder die Untersuchungshaft. In der Tätigkeit des MfS stellte das Ermittlungsverfahren einen besonders wirksamen Teil des repressiven Vorgehens gegen politische Gegner dar.
Signatur: BArch, MfS, BdL/Dok., Nr. 8323, Bl. 1-18
Die Stasi überwachte bereits Mitte der 1980er Jahre verschiedene jugendliche Subkulturen wie Punks, Skinheads und Heavy-Metal-Fans. Bei den beiden letzteren stellte sie zunehmend faschistische Ausprägungen fest.
Am Abend des 17. Oktobers 1987 überfielen rechtsextreme Skinheads ein Punkkonzert in der Ost-Berliner Zionskirche. Neben der Punkband "Die Firma" spielte auf dem Konzert auch "Element of Crime" aus West-Berlin. Als die Konzertbesucherinnen und -besucher die vollbesetzte Kirche verließen, schlugen etwa 30 angetrunkene Neonazis aus Ost- und West-Berlin auf sie ein. Dabei brüllten sie faschistische Parolen wie "Juden raus", "Kommunistenschweine" und "Sieg Heil!". Anwesende Volkspolizisten registrierten das Geschehen, hielten sich aber im Hintergrund und griffen erst ein, nachdem ein Notruf eingegangen war.
Bei den anschließenden Ermittlungen arbeiteten Staatssicherheit und Volkspolizei eng zusammen. Der Überfall auf die Zionskirche zeigte, dass es trotz der geleugneten Existenz von Rechtsextremismus in der DDR eine gewaltbereite Neonazi-Szene gab. Da westliche Medien bereits einen Tag später über den Vorfall berichteten, konnten auch die DDR-Medien dieses Ereignis nicht mehr stillschweigend übergehen. Für die Gerichtsverfahren stimmte sich die Staatssicherheit eng mit der Justiz der DDR ab. Im ersten Prozess erhielten die vier Hauptangeklagten zunächst unerwartet niedrige Strafen zwischen einem und zwei Jahren Haft. Nachdem es Proteste gegen die Urteile gegeben hatte, forderte die Generalstaatsanwaltschaft in Abstimmung mit dem Obersten Gericht der DDR in den Berufungsverhandlungen ein höheres Strafmaß. Die Neonazis aus Ost-Berlin erhielten schließlich Haftstrafen bis zu vier Jahren.
In der vorliegenden Information aus dem Jahr 1986 führt die Staatssicherheit die Gruppe der "Skinheads" als eine Erscheinungsform "negativ-dekadenter Jugendlicher" neben den "Punkern" und "Heavy-Metal-Fans" auf. Neonazistische Tendenzen unter "Skinheads" und "Heavy-Metal-Fans" waren der Stasi bereits bekannt: "Diese Personenkreise zeichnen sich neben der Bereitschaft zur Gewaltanwendung durch solche Eigenheiten wie Nationalismus, Ausländerfeindlichkeit bis hin zur Propagierung antikommunistischen und antisowjetischen Gedankenguts aus." Der Bericht zeigt, dass sich die DDR-Geheimpolizei neben den Punks auch mit den Skinheads bzw. "Heavys" zu dieser Zeit bereits ausführlicher auseinandergesetzt hatte. Sie stellte fest, dass sich "bereits eine gewisse Organisationsstruktur erkennen" lasse und sich bestimmte Jugendklubs und Gaststätten als feste Treffpunkte für die Skinhead-Szene etablierten.
Am 07.11.1985 erfolgte im RIAS-Treffpunkt erneut ein Beitrag über "Musik aus dem Untergrund der DDR" von einem Sambler (Kassette mit 120 min. Laufzeit) mit dem Titel "Live im Paradiese DDR". Die Aufnahmen für diese Kassettenproduktion seien in "Philips-Tonstudio sieben Meter unter der Hauptstadt der DDR" erfolgt. Nähere Angaben zu dieser Produktion sind bisher nicht bekannt. Im Rahmen eines OV der BV Potsdam konnte 1985 herausgearbeitet werden, daß weitere illegale DDR-Punk-Gruppen an Platten- und Kassettenproduktionen, die in Westberlin und der BRD verlegt wurden, beteiligt sein sollen. So soll die Gruppe "Wutanfall" aus Leipzig - jetzt mit veränderter Besetzung unter dem Namen "L'Attentat" bekannt - unter dem Pseudonym "Rotz-Kotz" in Westberlin eine Platte mit dem Titel "Monotonie im Alltag - DDR" produziert haben. Weiterhin wurde bekannt, daß sich hinter dem Pseudonym "Zwitschermaschine" die bisher noch nicht identifizierte Punk-Band "Musikbrigade" aus Dresden verbergen soll.
Die Durchführung gemeinsamer Veranstaltungen zeigte sich auch bei dar im Kulturhaus Coswig/Bezirk Dresden durchgeführten "Intermedia"-Veranstaltung, die durch den Kulturhausleiter und den operativ bekannten Tannert, Christoph gemeinsam mit dem operativ bekannten Anderson organisiert wurde. An dieser Veranstaltung (die Teilnehmer wurden gezielt eingeladen) nahmen u.a. folgende "Punk-Rock-Gruppen" teil:
"Paranoia"; Dresden
"Angst durch Ratlosigkeit" (abgespaltener Teil der ehemaligen Gruppe "Wutanfall"); Leipzig
"Otze"; Weimar
"Rosa Extra"; Berlin
"Klick und raus"; Berlin.
Der Operative Vorgang (OV) war ein registrierpflichtiger Vorgang und Sammelbegriff für Einzel- bzw. Gruppenvorgänge (Registrierung, TV und ZOV). Er wurde angelegt, um im Rahmen von verdeckten, aber zum Teil auch offenen Ermittlungen gegen missliebige Personen vorgehen zu können (Anweisung 14/52 vom 10.9.1952: Vorgangsordnung; 1976 durch Richtlinie 1/76 "zur Entwicklung und Bearbeitung Operativer Vorgänge" neu geregelt).
Ausgangspunkt des OV waren zumeist Hinweise auf, aus MfS-Sicht, strafrechtlich relevante Tatbestände (in der Regel Verstöße gegen die in der DDR geltenden politischen Normen), die es zu überprüfen galt. Bestandteil der nach einem klaren Abfolgeprinzip zu erstellenden OV waren "Maßnahmepläne" und ggf. in ihnen enthaltene Maßnahmen der Zersetzung, die vor allem dann zur Anwendung gelangten, wenn eine Inhaftierung aus taktischen Erwägungen als nicht opportun galt.
Im OV ermittelte das MfS nicht nur gegen die betreffende Person, es wurden auch Erkundigungen zum familiären Umfeld, zum Freundes- und Kollegenkreis u. ä. eingeholt. Konnten Delikte keinen Personen unmittelbar zugeordnet werden (z. B. Flugblätter, Losungen, anonyme Briefe), wurde ein OV gegen unbekannt eröffnet. Darin wurden die nach den Vorstellungen des MfS potenziell als Urheber in Frage kommenden Personen dahingehend überprüft, ob ihnen die "Tat" nachzuweisen war.
Häufig ging dem OV eine Operative Personenkontrolle (OPK) voraus. OV waren mit Vorschlägen zur Ahndung der nachgewiesenen Straftatverletzungen (z. B. Ermittlungsverfahren; Anwerbung; Zersetzungsmaßnahmen) bzw. bei Nicht-Bestätigung des Ausgangsverdachts durch Einstellen der Bearbeitung abzuschließen.
Signatur: BStU, MfS, BV Erfurt, KD Weimar, Nr. 1362, Bl. 30
Punks, Skinheads, Popper: Aus Erfahrungsberichten von Inoffiziellen Mitarbeitern stellte die Stasi eine Übersicht zu Merkmalen von verschiedenen Jugendkulturen in der DDR zusammen.
In den 80er Jahren prägten immer häufiger alternative Jugendkulturen das Straßenbild in den Städten und Gemeinden der DDR. Um über die verschiedenen Ausprägungen im Bilde zu sein, stützte sich das MfS auf Berichte von IM aus den entsprechenden Kreisen. Aus den daraus zusammengetragenen Informationen fertigte die Stasi einen Erkennungsschlüssel zu den verschiedenen Jugendkulturen in der DDR an. Darin spiegelt sich der Blick der Geheimpolizisten auf diese Gruppen wieder.
[Skizzierte und tabellarische Darstellung von acht Erscheinungsformen von jugendlichen Gruppen in der DDR]
Übersicht über Erscheinungsformen negativ-dekadenter Jugendlicher in der DDR
[Schema zur Darstellung der Beziehungen der einzelnen Jugendgruppen untereinander:
Die Gruppe der Tramper, Penner, Blueser hat Kontakt zu Ted's, Skin's, Punk's und Heavy's.
Die Skin's nehmen den Kontakt von sich aus zu den Heavy's auf.
Die Gruppe der Heavy's hat Kontakt zu den Gruftie's und den Skin's.
Die Punk's halten Kontakt zu den Skin's, den New Romantik's und den Heavy's .
Die New Romantik's haben von sich aus nur Kontakt zu der Gruppe der Popper.
Die Gruppe der Popper sucht den Kontakt zu den New Romantik's und den Punk's.
Ted's und Gruftie's nehmen von sich aus keinen Kontakt zu anderen Jugendgruppen auf.]
[Skizze von einem Ted mit Elvislocke und Hemd]
Alter: 15-30 Jahre
zahlenmäßig sehr keine Gruppierung, fanatische Anhänger des Rock'n Roll der 50er Jahre
meist in entspr. Fanclubs organis
Bekleidung im Stil der 50er Jahre:
Röhrenjeans, spitze Schuhe
Haare im Stil der R+R-Zeit (Elvislocke, "Ente")
Politisches Desinteresse
kaum op. in Ersch. getreten, Aktivitäten meist zu Geb. u. Todestagen von verehrten Rockidolen.
[Skizze von einem Tramper mit längerem Haar, Bart und einer Jeansjacke]
Alter: 20-30 Jahre
klassische Erscheinung der neg.-dek. Jugend der 70er Jahre
Blues-Jans
Teilnahme an trad. Veranstaltungen
lange Haare, Jeans, Parka, Tramper "Jesuslatschen"
Bärte, z.T. mod. Beiwerk ähnl. der Hippies
an keine konkrete politische Haltung gebunden
treten durch Org. von überörtlichen Treffen in Ersch.
keine feste Anbindung an kirch.. Arb.
kaum Zunahme
[Skizze von einem Skin, glatzköpfig, Hosenträger]
Alter: 15-22
engl.: Kopfhaut
gesell.-gefährl.
Ersch.-form neg.-dek. Jgdl. als Einzelpersonen oder in losen Gruppierungen
keine festen Strukturen
äußeres Kennzeichen ist Glatze oder Bürstenschnitt, Bomberjacke, Röhrenjeans, hohe Arbeitsschuhe mit Nägeln und Eisen beschlagen
ablehnende, neg. bis fdl. pol. Haltg.
z.T. neofaschist. Tendenzen, Gewaltverherrlichung und -praktizierung, brutales Vorgehen
krimin. gefährdet (Rowdytum, Körperverletzung, Widerstand gegen staatl. Maßnahmen
z.T. in kirchl. offener Jgd.-arbeit
[Skizze von einem Heavy mit Lederjacke]
Alter: 15-25 Jahre
Anhänger der sog. Heavy-Metal-Musik (extrem harter Rock)
Ähnlichkeit mit westl. Rockern:
schwarze Lederbekleidung, Ledermütze, mit Nieten besetzte Jacken u. Hosen, Tragen von schweren Ketten u.ä., normal bis halblanges Haar
ursprünglich ablehnende Haltung zu Staat u. Gesell.
zunehmend Integrierung in Org.-formen der FDJ mit gesell.-gemäßen Verhaltensweisen
ehem. aggr. Verh. z.T. neofasch. Tendenzen nach westl. Vorbild, mit Verbreitung der Heavy-Musik zunehmend gesell.-gemäßer
[Skizze von einem Gruftie mit abstehenden Haaren, hellem Gesicht und dunkler Kleidung]
Alter: 15-20 Jahre
aus Heavy-Szene hervorgegangen, in Feindschaft zu diesen, Verherrl. von Gruseleffekten, Satans- u. Todeskult, Anhänger der Gruppe "The Cure"
schwarz oder weiß gefärbtes, nach allen Seiten stehendes Haar, weiß gepudertes Gesicht
schwarze Kleidung
Tragen von Symbolen wie Kreuzen verkehrt herum getragen
totales polit. und gesellschaftliches Desinteresse
kaum op. Anfall
öffentl.-wirksamk. durch Sammeln von Grabutensilien, z.T. Grabschändungen, ruhig, von anderen Jgdl. abgekapselt
[Skizze von einem männlichen Punk mit Irokesenhaarschnitt, Halstuch und Hosenträgern und einem weiblichen Punk mit hochstehendem Haar und Halsketten]
Alter: 15-22 Jahre
engl.: Dreck/Abfall
charakt. durch äußerlich dok. Dekadenz, gesell.-widr. bis - gefährl. Ersch.
keine feste Strukt.
verdreckte, zerrissene, mit Farbe beschmierte Kleidung, Utensilien wie Sicherheitsnadeln/Rasierklingen
mehrfarbiges wirres Haar, z.T. "Irokesenschnitt".
ablehnende bis fdl. polit. Haltung
Ablehnung jeglicher Staatsform und gesellschaftl. Normen
Verherrlichung anarchist. Gedanken
"totale Freiheit"
gewaltät. Auftreten
kriminelle Verhaltens u. asoziale Lebensweisen, oft fest in kirchl. off. Jgd.-arbeit, Anleitung durch Diakone
[Skizze von einem New Romantik mit Seitenscheitel, der das linke Auge fast bedeckt]
Alter: 15-18 Jahre
Im Zusammenhang mit der Verwaltungsreform der DDR vom Sommer 1952 wurden die fünf Länderverwaltungen für Staatssicherheit (LVfS) in 14 Bezirksverwaltungen umgebildet. Daneben bestanden die Verwaltung für Staatssicherheit Groß-Berlin und die Objektverwaltung "W" (Wismut) mit den Befugnissen einer BV. Letztere wurde 1982 als zusätzlicher Stellvertreterbereich "W" in die Struktur der BV Karl-Marx-Stadt eingegliedert.
Der Apparat der Zentrale des MfS Berlin und der der BV waren analog strukturiert und nach dem Linienprinzip organisiert. So waren die Hauptabteilung II in der Zentrale bzw. die Abteilungen II der BV für die Schwerpunkte der Spionageabwehr zuständig usw. Auf der Linie der Hauptverwaltung A waren die Abteilung XV der BV aktiv. Einige Zuständigkeiten behielt sich die Zentrale vor: so die Militärabwehr (Hauptabteilung I) und die internationalen Verbindungen (Abteilung X) oder die Arbeit des Büros für Besuchs- und Reiseangelegenheiten in Westberlin (Abteilung XVII). Für einige Aufgabenstellungen wurde die Bildung bezirklicher Struktureinheiten für unnötig erachtet. So gab es in den 60er und 70er Jahren für die Abteilung XXI und das Büro der Leitung II Referenten für Koordinierung (RfK) bzw. Offiziere BdL II. Für spezifische Aufgaben gab es territorial bedingte Diensteinheiten bei einigen BV, z. B. in Leipzig ein selbständiges Referat (sR) Messe, in Rostock die Abt. Hafen.
An der Spitze der BV standen der Leiter (Chef) und zwei Stellv. Operativ. Der Stellv. für Aufklärung fungierte zugleich als Leiter der Abt. XV. Die Schaffung des Stellvertreterbereichs Operative Technik im MfS Berlin im Jahre 1986 führte in den BV zur Bildung von Stellv. für Operative Technik/Sicherstellung.
Inoffizielle Mitarbeiter (IM) waren das wichtigste Instrument des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS), um primär Informationen über Bürger, die Gesellschaft, ihre Institutionen und Organisationen der DDR oder im Ausland zu gewinnen. Unter Umständen hatten IM auf Personen oder Ereignisse in der DDR steuernden Einfluss zu nehmen.
In der DDR-Gesellschaft hießen sie "Spitzel", "Denunzianten" oder "Kundschafter". Mit der deutschen Einheit hat sich die Bezeichnung Inoffizieller Mitarbeiter des MfS für die heimlichen Zuträger etabliert. Sie lieferten u. a. Informationen über Stimmungen und Meinungen in der Bevölkerung.
Die SED-Führung wollte stets über die konkrete Situation und Lage in der DDR unterrichtet sein. Die IM hatten den Auftrag, "staatsgefährdende" Bestrebungen zu ermitteln, was beim MfS "politisch ideologische Diversion" bzw. "politische Untergrundtätigkeit" hieß. Der Bogen hierfür war weit gespannt und reichte von einer privaten Meinungsäußerung bis hin zu politischen Aktivitäten. Überdies sollten sie, wenn auch selten, direkt auf gesellschaftliche Entwicklungen oder einzelne Personen einwirken.
Die IM waren das wichtigste Repressionsinstrument in der DDR. IM wurden auf bestimmte Schwerpunkte angesetzt, von denen tatsächliche oder vermeintliche Gefahren ausgehen konnten. Diese Objekte und Territorien, Bereiche oder Personen waren so zahlreich, dass die geheimpolizeiliche Durchdringung tendenziell den Charakter einer flächendeckenden Überwachung annahm.
Die Anzahl der vom MfS geführten inoffiziellen Mitarbeiter umfasste im Jahre 1989 ungefähr 189.000 IM, darunter 173.000 IM der Abwehrdiensteinheiten, ferner 13.400 IM in der DDR und 1.550 IM in der Bundesrepublik, die von der Hauptverwaltung A geführt wurden, sowie diverse andere wie Zelleninformatoren usw. Auf 89 DDR-Bürger kam somit ein IM. In der Zeit von 1950 bis 1989 gab es insgesamt ca. 620.000 IM.
Die Entwicklung des IM-Netzes ist nicht allein von einem kontinuierlichen Anstieg geprägt, sondern verweist auf besondere Wachstumsphasen in Zeiten innergesellschaftlicher Krisen wie dem 17. Juni 1953 oder am Vorabend des Mauerbaus. Im Zuge der deutsch-deutschen Entspannungspolitik wurde das IM-Netz ebenfalls erweitert. So umfasste es Mitte der 70er Jahre – hochgerechnet – über 200.000 IM. Angesichts wachsender oppositioneller Bewegungen hatte es in den 80er Jahren gleichfalls ein hohes Niveau.
Die flächendeckende Überwachung der Gesellschaft fiel regional recht unterschiedlich aus. Im Land Brandenburg, das die Bezirke Cottbus, Frankfurt (Oder) und Potsdam vereint, war sie stärker als in Thüringen. Die höchste IM-Dichte wies der ehemalige Bezirk Cottbus auf.
Das MfS operierte formal nach territorialen Gesichtspunkten und Sicherungsbereichen, setzte jedoch operative Schwerpunkte in der geheimpolizeilichen Arbeit. Bezogen auf das Gesamtministerium lagen diese – sowohl auf Kreis-, als auch auf Bezirks- und Hauptabteilungsebene – bei der Volkswirtschaft, der Spionageabwehr und auf der "politischen Untergrundtätigkeit", der "Bearbeitung " von oppositionellen Milieus und den Kirchen.
Die Motive zur Kooperation mit dem MfS waren überwiegend ideeller, seltener materieller Natur, noch seltener war Erpressung der Grund. Die Kooperation währte durchschnittlich sechs bis zehn Jahre oder länger. Augenfällig ist, dass darunter nicht wenige soziale Aufsteiger waren. Der Anteil von weiblichen IM lag in der DDR bei 17 Prozent, in der Bundesrepublik bei 28 Prozent. Über die Hälfte der IM war Mitglied der SED. Von den 2,3 Mio. Mitgliedern der Partei ausgehend, waren 4 bis 5 Prozent zuletzt inoffiziell aktiv, d. h. jedes zwanzigste SED-Mitglied.
Das MfS differenzierte IM nach Kategorien: Gesellschaftliche Mitarbeiter für Sicherheit, IM zur Sicherung und Durchdringung des Verantwortungsbereichs, IM im besonderen Einsatz, Führungs-IM und IM zur Sicherung der Konspiration und des Verbindungswesens. Die wichtigste Kategorie waren IM mit "Feindverbindungen" bzw. solche, die Personen zu "bearbeiten" hatten, die "im Verdacht der Feindtätigkeit" standen. Im Laufe der 80er Jahre nahm der Anteil von IM in der Kategorie IMB bis Dezember 1988 auf rund 3.900 zu.
Der Anteil von Bundesbürgern oder Ausländern unter den IM des MfS betrug nicht einmal 2 Prozent. 1989 waren mindestens 3.000 Bundesbürger inoffiziell im Dienste des MfS, zusätzlich mehrere Hundert Ausländer. In der Zeit von 1949 bis 1989 waren insgesamt mindestens 12.000 Bundesbürger und Westberliner IM.
Die operativen Ziele des MfS waren über die gesamte Bundesrepublik Deutschland verteilt. Darüber hinaus gab es Schwerpunkte in Europa, im Nahen Osten und Asien, nachgeordnet auch in Afrika und Lateinamerika. Nachrichtendienstliche Schwerpunkte waren vor allem die Wissenschafts- und Technikspionage, erst danach die politische und mit etwas Abstand die Militärspionage. Die Bundesrepublik Deutschland wurde folglich vor allem als Ressource zur Systemstabilisierung genutzt.
Die politische Spionage diente vornehmlich dazu, die politische Gefährdungslage des herrschenden Systems in der DDR bestimmen zu können. Dieses Profil deutet an, dass die Spionage der Bewahrung des Status quo dienen sollte. Von einer Unterwanderung der Bundesrepublik war die Geheimpolizei zahlenmäßig weit entfernt. Vielmehr waren ihre inoffiziellen Mitarbeiter damit beschäftigt, das DDR-System zu stabilisieren.
Die Kreisdienststellen waren neben den Objektdienststellen die territorial zuständigen Diensteinheiten. Sie waren entsprechend den regionalen Gegebenheiten unterschiedlich strukturiert und personell ausgestattet. Einige verfügten über ein Referat zur komplexen Spionageabwehr oder zur Sicherung der Volkswirtschaft und andere nur über spezialisierte Mitarbeiter in diesen Bereichen. Ihre Aufgaben waren die Kontrolle der Wirtschaft, des Verkehrswesens, des Staatsapparates, des Gesundheitswesens, der kulturellen Einrichtungen, der Volksbildung, ggf. von Einrichtungen des Hoch- und Fachschulwesens, wissenschaftlich-technischer Einrichtungen sowie die Überwachung besonders interessierender Personenkreise.
Die Kreisdienststellen waren maßgeblich an den Genehmigungsverfahren für dienstliche bzw. private Auslandsreisen beteiligt, führten Sicherheitsüberprüfungen durch und erstellten Stimmungs- und Lageberichte. Zur Realisierung der Aufgaben bedurfte es einer engen Zusammenarbeit mit den Partnern des POZW, insbesondere mit der Volkspolizei, den Räten und anderen Einrichtungen der Kreise. Die Kreisdienststellen unterhielten ständige Verbindungen zu den SED Kreisleitungen. Zwei Drittel der hauptamtlichen Mitarbeiter der Kreisdienststellen waren operativ tätig. Die Kreisdienststellen führten 50 Prozent der IM und bearbeiteten etwa 60 Prozent der OV zu einzelnen Personen oder Gruppen.
Die Kreisdienststellen gliederten sich in 2 bis 16 Fachreferate sowie das Referat Auswertung und Information (ZAIG) und die Wache/Militärische Sicherungsgruppe. In jeder Kreisdienststelle gab es einen Offizier, der teilweise oder ganz (IM-führender Mitarbeiter/XV) für die Belange der HV A vor Ort zuständig war.
Der Neonazi-Überfall auf die Zionskirche
Einleitung
Information der BV Berlin zum Neonazi-Überfall auf ein Punkkonzert in der Zionskirche
Jugendliche Subkulturen und Skinheads in der DDR
Information zu "Erscheinungsformen gesellschaftswidrigen Auftretens und Verhaltens negativ-dekadenter Jugendlicher"
Erscheinungsformen "negativ-dekadenter" Jugendlicher
Rede Erich Mielkes auf der erweiterten Kollegiumssitzung des MfS am 9. März 1988
Die Stasi ermittelt gegen Skinheads
Information über eine Feier von Skinheads in der Gaststätte "Sputnik"
Information über bisherige Untersuchungen des Neonazi-Überfalls auf die Zionskirche
Information über den Fund von Handzetteln der "Anti-Nazi-Liga"
Öffentlicher Druck auf das Strafverfahren
Schreiben des Generalstaatsanwalts der DDR zum Skinheadverfahren
Schreiben des Generalstaatsanwalts der DDR zum Verlauf des Verfahrens gegen vier am Überfall auf die Zionskirche beteiligte Skinheads
Maßnahmen des MfS gegen die Skinhead-Szene
Informationsbedarf zur Einschätzung über die in der DDR existierenden Skinheads
Einschätzung über die in der DDR existierenden Skinheads
Bericht zu Erscheinungen der Skinheadbewegung im Stadtbezirk Berlin-Mitte
Information an alle Bezirksverwaltungen des MfS und diverse Hauptabteilungen zu "kriminellen/rowdyhaften Jugendlichen"
Bericht zu einem "Vorbeugungsgespräch" mit einem jugendlichen Skinhead
Ergebnisse der Maßnahmen
Einschätzung der Bezirksverwaltung für Staatssicherheit Berlin Abteilung IX zum OV "Konzert"
Lageeinschätzung zur Skinhead-Szene in Berlin
Lageeinschätzung zum Stand der Bekämpfung des politisch-motivierten Rowdytums im 1. Halbjahr 1988
Eröffnungsbericht zum Operativen Vorgang "Ring"
Epilog
Literaturhinweise