Signatur: BStU, MfS, HA XX, ZMA, Nr. 20037, Bl. 50
Mitschrift der Stasi von einer Sendung des Westberliner RIAS. Darin geht es um einen offenen Brief von Udo Lindenberg an SED-Generalsekretär Erich Honecker.
Anfang der 1980er Jahre geriet der Sänger Udo Lindenberg in das Blickfeld der Stasi. Lindenberg hatte viele Fans in der DDR gewonnen, die seine Musik im westdeutschen Rundfunk und Fernsehen hörten. Die SED-Führung betrachtete den Musiker und seinen Einfluss auf die Jugend deshalb argwöhnisch. Gleichzeitig bemühte sich Lindenberg wiederholt und öffentlich um einen Auftritt in der DDR, unter anderem durch Schreiben an den SED-Generalsekretär Honecker. Als ihm das verweigert wurde, schrieb er das Lied "Sonderzug nach Pankow", in dem er Honecker direkt ansprach und verunglimpfte.
Die Stasi beobachtete den Musiker aufmerksam und legte zahlreiche Berichte zu ihm an. Das vorliegende Dokument ist die Mitschrift einer Sendung des Westberliner RIAS, in der es um Lindenbergs offenen Brief an Honecker und den "Sonderzug nach Pankow" geht. Die Mitschrift ist Teil des Versuchs der Stasi, sich ein genaues Bild von Lindenberg und seinen Absichten zu machen.
Anmerkungen zum Brief von Udo Lindenberg an Erich Honecker aus der RIAS-Sendung "RIAS Aktuell" vom 19.2.1983, 7.50 Uhr
Und nun hat er auch einen offenen Brief, betrifft Jodel-Lizenz für die DDR, an den Oberindianer in Pankow gerichtet. Darin heißt es: "Seit 8 Jahren bemühe ich mich um eine Auftrittsgenehmigung für die DDR, ich will jetzt einfach Klartext." Deswegen habe er auch den Brief an den Oberindianer geschrieben. Er hoffe jetzt auf eine klare Antwort, weil die "Anmache" so massiv sei.
Hallo, Honi, teilt Lindenberg in seinem ja nicht ganz so ernst abgefaßten Brief an den Staatsratsvorsitzenden mit, es gäbe in jenem Euren Land viele Menschen mit ganz hervorragendem Geschmack, die mich endlich demzufolge auch mal livehaftig hören möchten.
Über den Künstlerdienst der DDR und über jede Menge Unter-, Zwischen- und Flüsterhändler habe er schon versucht, eine Auftrittsgenehmigung zu erhalten.
Der Rockinterpret, der jedermann mit Du anspricht, schreibt. Er wende sich nunmehr direkt an Dich, lieber Erich, weil der ja das Sagen habe. Sicherlich haben Dir Deine Töchter oder der Stasi meinen Jodelgruß schon vorgeführt, spielt Lindenberg in dem Brief auf sein Lied über die fehlende Auftrittsgenehmigung für die DDR an. Keine Frage für mich, daß auch Du eigentlich ein ganz lockerer Typ bist, versichert er dem Staatsratsvorsitzenden. Lindenberg erklärt dazu, daß er kein Feindbild aufbauen will vom großen Kommunisten. Das mit der Klage über das Ausbleiben der Auftrittsgenehmigung wolle er ein bißchen locker machen. Sieh das alles nicht so eng und verkniffen, Genosse Honi, und gib Dein Okay für meine DDR-Tourné, schreibt der Sänger. Honi sei dabei als Kosename zu verstehen, entschuldigt der Briefschreiber. Darum wiederhole ich ruhig nochmal, was in seinem Song vom Sonderzug nach Pankow so stand:
"Ich habe eine Flasche Kognak mit, und die schmeckt sehr lecker, die schlürfe ich dann ganz locker mit dem Erich Honecker und ich sag: Eh, Honi, ich sing für wenig Money im Republikpalast, wenn Ihr mich laßt."
Und in dem Brief schreibt er nun dazu: "Nun hoffe ich aber, daß Du mir bald grünes Licht gibst für meine Reise in's rote Land."
Organisationsstruktur in der MfS-Zentrale, die durch den Minister oder einen seiner Stellvertreter direkt angeleitet wurde. Die zuletzt 13 Hauptabteilungen wurden durch Einzelleiter geführt. Die weiter untergliederten und nach dem Linienprinzip tätigen HA waren für komplexe, abgegrenzte Bereiche operativ zuständig und federführend verantwortlich. Der Zuschnitt der Zuständigkeitsbereiche war an Ressorts oder geheimdienstlichen Praktiken (z. B. Verkehrswesen, Beobachtung, Funkspionage) orientiert.
Die ZMA dienten der Schriftgutverwaltung operativer Diensteinheiten. Sie wurden überwiegend personenbezogen geführt und entstanden im Kontext der Erfassung auf Kerblochkarten (KK) bzw. Sichtlochkarten (SLK) sowie vor allem in Vorverdichtungs-, Such- und Hinweiskarteien (VSH).
In ZMA wurden Vermerke und zusammengetragene Unterlagen (sog. sogenannte "Originalinformationen") verwahrt. Der Zugang fand über die o. g. Karteien (KK, SLK, VSH) statt. ZMA waren zu meist als Hängeregistraturen mit numerischer Ablage organisiert. ZMA über Personen, die nicht zu einem registrierten Vorgang (Registrierung) geführt hatten, für die operative Arbeit nicht mehr benötigt, aber als bedeutsam betrachtet wurden (z. B. Ergebnisse aus Sicherheitsüberprüfungen), kamen in der Abteilung XII als "Archiviertes Material über Personen" (Personenablage, Allgemeine/AP) zur Ablage.
Brief von Udo Lindenberg an Erich Honecker Dokument, 3 Seiten
Zusammenfassung der Übertragung eines Konzerts von Udo Lindenberg im SFB Dokument, 1 Seite
Einreiseverbot für Udo Lindenberg in die DDR Dokument, 1 Seite
Rechtliche Einschätzung zum Liedtext "Sonderzug nach Pankow" von Udo Lindenberg Dokument, 3 Seiten