Signatur: BArch, MfS, ZAIG, Nr. 11482, Bd. 2, Bd. 2, Bl. 117-396
Im Rahmen seines ersten Staatsbesuchs in der Bundesrepublik 1987 besuchte DDR-Staatschef Erich Honecker auch seinen Heimatort Wiebelskirchen im Saarland. Die Stasi informierte u. a. über eine geplante Protest-Veranstaltung der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte (IGfM) mit einer Konzeptzeichnung zur dort dargestellten „Kleinen DDR“.
1987 wähnte sich die Partei- und Staatsführung der DDR an einem wichtigen Ziel angekommen: Erich Honecker besuchte vom 7. bis 11. September die Bundesrepublik Deutschland. Die SED sah darin die langersehnte vollständige staatsrechtliche Anerkennung der DDR durch den westdeutschen Staat. Der Bundesregierung ging es ihrerseits vor allem um Reiseerleichterungen für ihre Bürgerinnen und Bürger. Engere Beziehungen wurden als Grundlage für die nationale Einheit Deutschlands gesehen. Der Besuch des Saarlands war Honecker ein besonderes, weil persönliches Anliegen: Für den im saarländischen Wiebelskirchen geborenen Staatschef handelte es sich um eine Reise in die alte Heimat, bei der er seine Schwester sowie Jugendfreunde treffen und das Grab seiner Eltern besuchen wollte.
Um befürchtete Risiken zu minimieren, ordnete Stasi-Minister Erich Mielke die „Aktion Dialog“ an – ein umfassendes Überwachungs- und Sicherungsprogramm. Das Ministerium für Staatssicherheit sollte nicht nur Anschläge verhindern, sondern auch jede Form von Störung oder Protest im In- und Ausland möglichst eindämmen. Besonders problematisch war aus Sicht der DDR, dass die Sicherheitsbehörden der Bundesrepublik zwar Schutz zusicherten, das verfassungsmäßige Demonstrationsrecht jedoch nicht einschränkten. Aus Stasi-Sicht bedeutete dies eine unberechenbare Lage, in der spontane Proteste möglich blieben.
Und tatsächlich nutzten zahlreiche Gruppen die Gelegenheit, um auf Missstände in der DDR hinzuweisen. Mitglieder der Jungen Union errichteten eine symbolische Mauer und präsentierten Plakate mit Parolen wie „Die Mauer muss weg“. Die Internationale Gesellschaft für Menschenrechte organisierte eine „kleine DDR“ mit Käfigen, Stacheldraht und ehemaligen politischen Häftlingen, die öffentlich ihre Schicksale schilderten. Auch ehemalige DDR-Bürgerinnen und -Bürger demonstrierten direkt in Wiebelskirchen und Neunkirchen für Reisefreiheit, Menschenrechte und die Abschaffung der Strafbarkeit von „Republikflucht“. Die Rufe „Mörder, Mörder“ und Holzkreuze für Mauertote verliehen den Protesten eine drastische Symbolik.
Honecker selbst bekam von den meisten Aktionen kaum etwas mit – eine Mischung aus strenger Abschirmung und gezielter Wegführung. Dennoch dokumentierte die Stasi alles minutiös: Fotografien, Zeitungsberichte, Rundfunk- und Fernsehmitschnitte wurden gesammelt, ausgewertet und teilweise Grundlage für weitere Überprüfungen. Besonders irritiert war das MfS davon, dass westdeutsche Medien die Ambivalenz des Besuchs offen zeigten: Während DDR-Fotografen fast ausschließlich jubelnde Szenen einfingen, hielten westliche Kameras auch Proteste und kritische Stimmen fest. Im Rückblick wertete die Stasi die „Aktion Dialog“ gleichwohl als Erfolg: Honecker blieb unversehrt, größere Störungen traten nicht ein, und die deutsch-deutschen Beziehungen erhielten neuen Auftrieb.
[handschriftliche Ergänzung: ZAIG/1. 4927/87 [Kürzel: [nicht lesbar]]
[handschriftliche Ergänzung: aus Dok. 4018]
Cottbus, 03.09.1987
Tgb.Nr./AKG/[handschriftliche Ergänzung: 981]/87
Bezirksverwaltung für Staatssicherheit
Leiter
Ministerium für Staatssicherheit
ZAIG, Bereich 1,
Leiter
[Stempel: MfS
– 327–
04. Sept. 1987
Tgb. Nr. [handschriftliche Ergänzung: 11629]
Weiter an: [handschriftliche Ergänzung: [nicht lesbar]
[Kürzel: Ja.]
[Kürzel: [nicht lesbar]]]
[handschriftliche Ergänzung: [unterstrichen: 2]
(ist unbekannt)]
Information „Dialog 87“
Durch eine Quelle der Bezirksverwaltung für Staatssicherheit Cottbus aus dem Operationsgebiet wurden weitere Informationen zu der von der IGfM, Arbeitsgruppe Westberlin, der Jungen Union Westberlin, der „Arbeitsgemeinschaft 13. August e.V.“ und anderen feindlichen Kräften geplanten Provokation während des für den 10.09.1987 vorgesehenen Aufenthaltes des Genossen Erich Honecker in Neunkirchen-Wiebelskirchen bekannt.
Bisher sollen etwa 20 Mitglieder und Sympathisanten der IGfM, Arbeitsgruppe Westberlin, ihre Teilnahme an der Fahrt nach Wiebelskirchen erklärt haben. Über die Anzahl der Teilnehmer von Mitgliedern der Jungen Union und der „Arbeitsgemeinschaft 13. August e.V.“ liegen keine Hinweise vor. Die Fahrt soll am 09.09.1987, 23:00 Uhr mit dem Bus im Transit durch die DDR erfolgen.
Für den 10./11.09.1987 ist auf dem Marktplatz in Neunkirchen-Wiebelskirchen, der symbolische Aufbau „Kleine DDR“ geplant. (siehe Anlage 1)
Auf einer Grundfläche von 50 m[hochgestellt: 2] soll eine mit Stacheldraht versehene Mauer von 2 m Höhe errichtet werden, die einen Käfig umrahmt. Es ist vorgesehen, daß im Käfig sitzende ehemalige „politische Gefangene der DDR“, welche Häftlingsbekleidung tragen, über Megaphone auf ihre Schicksale aufmerksam machen und Forderungen an Genossen Erich Honecker richten. Bewacht werden soll die „Kleine DDR“ durch in originalgetreu nachgebildete Uniformen der NVA gekleidete Personen.
Während des Besuches Erich Honeckers sollen Filme und Dias über den Mauerbau an die symbolisch errichtete Mauer projektiert und verschiedene Informationsmaterialien verteilt werden. Das Anbringen großer Plakate und Transparente, mit Losungen, wie
„Die Mauer muß weg“
„DDR = 5.000 politische Gefangene“
Straftaten gegen die staatliche Ordnung
Straftaten gegen die staatliche Ordnung waren Straftatbestände des 8. Kapitels des StGB/1968. Insbesondere der 2. Abschnitt ("Straftaten gegen die staatliche und öffentliche Ordnung") enthält politische Strafnormen, die für die strafrechtliche Untersuchungstätigkeit der Staatssicherheit (Untersuchungsorgan) von großer Bedeutung waren.
Das gilt vor allem für § 213 ("Ungesetzlicher Grenzübertritt"), der in der Honecker-Ära Grundlage von rund der Hälfte aller MfS-Ermittlungsverfahren war. Auch § 214 ("Beeinträchtigung staatlicher und gesellschaftlicher Tätigkeit") spielte, vor allem im Zusammenhang mit der Bekämpfung von Ausreiseantragstellern, in den 80er Jahren eine immer wichtigere Rolle.
Ähnliches gilt für § 219 ("Ungesetzliche Verbindungsaufnahme") und § 220 ("Öffentliche Herabwürdigung der staatlichen Ordnung"), die die ähnlichen, aber schwerer wiegenden Strafnormen aus dem 2. Kapitel des StGB/1968 § 100 ("Staatsfeindliche Verbindungen", ab 1979 "Landesverräterische Agententätigkeit") und § 106 ("Staatsfeindliche Hetze") weitgehend verdrängten (Staatsverbrechen).
Straftaten gegen die staatliche Ordnung
Straftaten gegen die staatliche Ordnung waren Straftatbestände des 8. Kapitels des StGB/1968. Insbesondere der 2. Abschnitt ("Straftaten gegen die staatliche und öffentliche Ordnung") enthält politische Strafnormen, die für die strafrechtliche Untersuchungstätigkeit der Staatssicherheit (Untersuchungsorgan) von großer Bedeutung waren.
Das gilt vor allem für § 213 ("Ungesetzlicher Grenzübertritt"), der in der Honecker-Ära Grundlage von rund der Hälfte aller MfS-Ermittlungsverfahren war. Auch § 214 ("Beeinträchtigung staatlicher und gesellschaftlicher Tätigkeit") spielte, vor allem im Zusammenhang mit der Bekämpfung von Ausreiseantragstellern, in den 80er Jahren eine immer wichtigere Rolle.
Ähnliches gilt für § 219 ("Ungesetzliche Verbindungsaufnahme") und § 220 ("Öffentliche Herabwürdigung der staatlichen Ordnung"), die die ähnlichen, aber schwerer wiegenden Strafnormen aus dem 2. Kapitel des StGB/1968 § 100 ("Staatsfeindliche Verbindungen", ab 1979 "Landesverräterische Agententätigkeit") und § 106 ("Staatsfeindliche Hetze") weitgehend verdrängten (Staatsverbrechen).
Im Zusammenhang mit der Verwaltungsreform der DDR vom Sommer 1952 wurden die fünf Länderverwaltungen für Staatssicherheit (LVfS) in 14 Bezirksverwaltungen umgebildet. Daneben bestanden die Verwaltung für Staatssicherheit Groß-Berlin und die Objektverwaltung "W" (Wismut) mit den Befugnissen einer BV. Letztere wurde 1982 als zusätzlicher Stellvertreterbereich "W" in die Struktur der BV Karl-Marx-Stadt eingegliedert.
Der Apparat der Zentrale des MfS Berlin und der der BV waren analog strukturiert und nach dem Linienprinzip organisiert. So waren die Hauptabteilung II in der Zentrale bzw. die Abteilungen II der BV für die Schwerpunkte der Spionageabwehr zuständig usw. Auf der Linie der Hauptverwaltung A waren die Abteilung XV der BV aktiv. Einige Zuständigkeiten behielt sich die Zentrale vor: so die Militärabwehr (Hauptabteilung I) und die internationalen Verbindungen (Abteilung X) oder die Arbeit des Büros für Besuchs- und Reiseangelegenheiten in Westberlin (Abteilung XVII). Für einige Aufgabenstellungen wurde die Bildung bezirklicher Struktureinheiten für unnötig erachtet. So gab es in den 60er und 70er Jahren für die Abteilung XXI und das Büro der Leitung II Referenten für Koordinierung (RfK) bzw. Offiziere BdL II. Für spezifische Aufgaben gab es territorial bedingte Diensteinheiten bei einigen BV, z. B. in Leipzig ein selbständiges Referat (sR) Messe, in Rostock die Abt. Hafen.
An der Spitze der BV standen der Leiter (Chef) und zwei Stellv. Operativ. Der Stellv. für Aufklärung fungierte zugleich als Leiter der Abt. XV. Die Schaffung des Stellvertreterbereichs Operative Technik im MfS Berlin im Jahre 1986 führte in den BV zur Bildung von Stellv. für Operative Technik/Sicherstellung.
Mit Operationsgebiet bezeichnete das MfS zusammenfassend alle Länder, in denen bzw. gegen die es geheimdienstliche Aktionen durchführte. Zumeist waren damit die Bundesrepublik Deutschland und Westberlin gemeint, der Begriff konnte aber auch jedes andere westliche oder neutrale Land einschließen. Aufgrund besonderer innenpolitischer Entwicklungen galten 1968/69 auch die Tschechoslowakei, spätestens seit den 70er Jahren faktisch Rumänien und in den 80er Jahren auch Polen als Operationsgebiet.
Quelle war eine zentrale IM-Kategorie der Hauptverwaltung A. Als Quelle wurden im sogenannten Operationsgebiet tätige inoffizielle Mitarbeiter bezeichnet, die in der Lage waren, an geheime Informationen über Aktivitäten und Absichten sowie Ressourcen und interne Lagebedingungen gegnerischer Einrichtungen zu gelangen.
Es wurden zwei Typen von Quellen unterschieden:
Zuletzt besaß die HV A (einschließlich der ihr nachgeordneten Abteilungen XV der BV) in der Bundesrepublik und Westberlin 133 A-Quellen und 449 O-Quellen.
Die ZAIG war das "Funktionalorgan" des Ministers für Staatssicherheit, die Schaltstelle im MfS, in der nahezu alle komplexen Stabsfunktionen konzentriert waren: die zentrale Auswertung und Information, einschließlich der Berichterstattung an die politische Führung, die Optimierung der entsprechenden Verfahren und Strukturen im Gesamtapparat des MfS, die zentralen Kontrollen und Untersuchungen und die Analyse der operativen Effektivität des MfS, die zentrale Planung und die Erarbeitung dienstlicher Bestimmungen, zudem die übergeordneten Funktionen im Bereich EDV sowie die Gewährleistung des internationalen Datenaustauschsystems der kommunistischen Staatssicherheitsdienste (SOUD). Nach der Eingliederung der Abteilung Agitation 1985 waren auch die Öffentlichkeitsarbeit und die Traditionspflege des MfS in der ZAIG als "Bereich 6" funktional verankert. Die ZAIG war im direkten Anleitungsbereich des Ministers angesiedelt; ihr waren zuletzt die formal selbständigen Abt. XII, XIII (Rechenzentrum) und die Rechtsstelle fachlich unterstellt.
Die ZAIG geht auf die nach dem Juniaufstand 1953 gegründete und von Heinz Tilch geleitete Informationsgruppe (IG) der Staatssicherheitszentrale zurück, die erstmals eine regelmäßige Lage- und Stimmungsberichterstattung für die Partei- und Staatsführung hervorbrachte. Diese entwickelte sich 1955/56 zur Abteilung Information mit drei Fachreferaten, wurde aber 1957 als Resultat des Konfliktes zwischen Ulbricht und Wollweber wieder stark reduziert. 1957 erhielt die Abteilung mit Irmler einen neuen Leiter, der jedoch bereits 1959 vom ehemaligen stellv. Leiter der HV A Korb abgelöst und zum Stellvertreter zurückgestuft wurde. Gleichzeitig wurde die Diensteinheit in Zentrale Informationsgruppe (ZIG) umbenannt; von da an lief auch die bisher eigenständige Berichterstattung der HV A über sie. 1960 wurde die Berichterstattung an die politische Führung durch einen Ministerbefehl präzise geregelt, und die ZIG erhielt mit der Neueinrichtung von Informationsgruppen in den BV und operativen HA einen soliden Unterbau.
1965 wurde die ZIG in ZAIG umbenannt und ein einheitliches Auswertungs- und Informationssystem eingeführt, das die Recherche und Selektion von Daten sowie die Organisierung von Informationsflüssen gewährleistete. In den operativen HA und BV erhielt die ZAIG mit den AIG entsprechende "Filialen". Im gleichen Jahr ging Korb in den Ruhestand, Irmler wurde wieder Leiter der Diensteinheit.
1968 wurde auch das Kontrollwesen der Staatssicherheit in die ZAIG eingegliedert, das im Dezember 1953 mit der Kontrollinspektion seinen ersten organisatorischen Rahmen erhalten hatte und 1957 mit der Umbenennung in AG Anleitung und Kontrolle erheblich qualifiziert worden war.
1969 erhielt die ZAIG auch die Verantwortung für den Einsatz der EDV. Das im Aufbau begriffene Rechenzentrum (Abt. XIII) wurde ihr unterstellt. In der ersten Hälfte der 70er Jahre bildeten sich vier Arbeitsbereiche der ZAIG heraus. Bereich 1: konkrete Auswertungs- und Informationstätigkeit und Berichterstattung an die politische Führung; Bereich 2: Kontrollwesen, die Erarbeitung von dienstlichen Bestimmungen sowie Prognose- und Planungsaufgaben; Bereich 3: Fragen der EDV; Bereich 4: Pflege und Weiterentwicklung der "manuellen" Bestandteile des Auswertungs- und Informationssystems. 1979 erhielt dieser Bereich auch die Verantwortung für das SOUD ("ZAIG/5").
aktuelle Seite 1
Zur Seite 2 wechseln
Zur Seite 3 wechseln
Signatur: BArch, MfS, ZAIG, Nr. 11482, Bd. 2, Bd. 2, Bl. 117-396
Im Rahmen seines ersten Staatsbesuchs in der Bundesrepublik 1987 besuchte DDR-Staatschef Erich Honecker auch seinen Heimatort Wiebelskirchen im Saarland. Die Stasi informierte u. a. über eine geplante Protest-Veranstaltung der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte (IGfM) mit einer Konzeptzeichnung zur dort dargestellten „Kleinen DDR“.
1987 wähnte sich die Partei- und Staatsführung der DDR an einem wichtigen Ziel angekommen: Erich Honecker besuchte vom 7. bis 11. September die Bundesrepublik Deutschland. Die SED sah darin die langersehnte vollständige staatsrechtliche Anerkennung der DDR durch den westdeutschen Staat. Der Bundesregierung ging es ihrerseits vor allem um Reiseerleichterungen für ihre Bürgerinnen und Bürger. Engere Beziehungen wurden als Grundlage für die nationale Einheit Deutschlands gesehen. Der Besuch des Saarlands war Honecker ein besonderes, weil persönliches Anliegen: Für den im saarländischen Wiebelskirchen geborenen Staatschef handelte es sich um eine Reise in die alte Heimat, bei der er seine Schwester sowie Jugendfreunde treffen und das Grab seiner Eltern besuchen wollte.
Um befürchtete Risiken zu minimieren, ordnete Stasi-Minister Erich Mielke die „Aktion Dialog“ an – ein umfassendes Überwachungs- und Sicherungsprogramm. Das Ministerium für Staatssicherheit sollte nicht nur Anschläge verhindern, sondern auch jede Form von Störung oder Protest im In- und Ausland möglichst eindämmen. Besonders problematisch war aus Sicht der DDR, dass die Sicherheitsbehörden der Bundesrepublik zwar Schutz zusicherten, das verfassungsmäßige Demonstrationsrecht jedoch nicht einschränkten. Aus Stasi-Sicht bedeutete dies eine unberechenbare Lage, in der spontane Proteste möglich blieben.
Und tatsächlich nutzten zahlreiche Gruppen die Gelegenheit, um auf Missstände in der DDR hinzuweisen. Mitglieder der Jungen Union errichteten eine symbolische Mauer und präsentierten Plakate mit Parolen wie „Die Mauer muss weg“. Die Internationale Gesellschaft für Menschenrechte organisierte eine „kleine DDR“ mit Käfigen, Stacheldraht und ehemaligen politischen Häftlingen, die öffentlich ihre Schicksale schilderten. Auch ehemalige DDR-Bürgerinnen und -Bürger demonstrierten direkt in Wiebelskirchen und Neunkirchen für Reisefreiheit, Menschenrechte und die Abschaffung der Strafbarkeit von „Republikflucht“. Die Rufe „Mörder, Mörder“ und Holzkreuze für Mauertote verliehen den Protesten eine drastische Symbolik.
Honecker selbst bekam von den meisten Aktionen kaum etwas mit – eine Mischung aus strenger Abschirmung und gezielter Wegführung. Dennoch dokumentierte die Stasi alles minutiös: Fotografien, Zeitungsberichte, Rundfunk- und Fernsehmitschnitte wurden gesammelt, ausgewertet und teilweise Grundlage für weitere Überprüfungen. Besonders irritiert war das MfS davon, dass westdeutsche Medien die Ambivalenz des Besuchs offen zeigten: Während DDR-Fotografen fast ausschließlich jubelnde Szenen einfingen, hielten westliche Kameras auch Proteste und kritische Stimmen fest. Im Rückblick wertete die Stasi die „Aktion Dialog“ gleichwohl als Erfolg: Honecker blieb unversehrt, größere Störungen traten nicht ein, und die deutsch-deutschen Beziehungen erhielten neuen Auftrieb.
„DDR = Schießbefehl“
„DDR = Diktatur“
„Menschenrechte für alle Deutschen“
ist vorgesehen.
Unter dem Aspekt eines möglichen Einschreitens von Sicherheitskräften der BRD wurden von der IGfM, Arbeitsgruppe Westberlin, in einer Beratung am 31.08.1987 Argumente für die Teilnehmer erarbeitet, mit denen es gelingen soll, Aktivitäten der Sicherheitskräfte zu hemmen, um eine möglichst große Öffentlichkeitswirksamkeit der Ausstellung zu erreichen.
Zur Publikation o. g. Aktivitäten in den Medien sollen durch Jürgen Braun bereits Absprachen mit dem Sender Freies Berlin erfolgt sein.
Gleichlaufend mit den Provokationen in Wiebelskirchen soll in Westberlin in Nähe des Brandenburger Tores für den gesamten Zeitraum des Besuches Erich Honeckers in der BRD der Aufbau eines gegen dessen Besuch gerichteten Informationsstandes vorgesehen sein.
Im Eingangsbereich der Funkausstellung in Westberlin wurde ein Plakat mit dem Text
„Vorsicht! Gefährlicher Kreditbetrüger
Gesucht wird der flüchtige Dachdeckergeselle
Erich Honecker, geb. 25.08.1912 in Neunkirchen/Saar
derzeit wohnhaft „DDR“ – 1292 Wandlitz/Mark Brandenburg“
festgestellt. (siehe Anlage 2)
Für das Plakat zeichnet verantwortlich die „Bürgerinitiative Wiedervereinigung Deutschland“, 8000 München 15 – Postfach 151327.
Von dem an der Beratung der IGfM, Arbeitsgruppe Westberlin, am 30.08.1987 teilgenommenen Personenkreis wurden namentlich bekannt:
Dombrowski, Petra
Knuth, Thomas
Schneider, Antje
Tillack, Silvia
Braun, Jürgen
Dombrowski, Dieter
Schneider, Heiko
Michalski, Peter.
[Unterschrift: Fitzner]
Fitzner
Generalmajor
Anlagen
- Schema „Kleine DDR“
- Kopie Plakat
(Original: grüne Schrift auf weißem Grund, braune Umrandung)
Straftaten gegen die staatliche Ordnung
Straftaten gegen die staatliche Ordnung waren Straftatbestände des 8. Kapitels des StGB/1968. Insbesondere der 2. Abschnitt ("Straftaten gegen die staatliche und öffentliche Ordnung") enthält politische Strafnormen, die für die strafrechtliche Untersuchungstätigkeit der Staatssicherheit (Untersuchungsorgan) von großer Bedeutung waren.
Das gilt vor allem für § 213 ("Ungesetzlicher Grenzübertritt"), der in der Honecker-Ära Grundlage von rund der Hälfte aller MfS-Ermittlungsverfahren war. Auch § 214 ("Beeinträchtigung staatlicher und gesellschaftlicher Tätigkeit") spielte, vor allem im Zusammenhang mit der Bekämpfung von Ausreiseantragstellern, in den 80er Jahren eine immer wichtigere Rolle.
Ähnliches gilt für § 219 ("Ungesetzliche Verbindungsaufnahme") und § 220 ("Öffentliche Herabwürdigung der staatlichen Ordnung"), die die ähnlichen, aber schwerer wiegenden Strafnormen aus dem 2. Kapitel des StGB/1968 § 100 ("Staatsfeindliche Verbindungen", ab 1979 "Landesverräterische Agententätigkeit") und § 106 ("Staatsfeindliche Hetze") weitgehend verdrängten (Staatsverbrechen).
Straftaten gegen die staatliche Ordnung
Straftaten gegen die staatliche Ordnung waren Straftatbestände des 8. Kapitels des StGB/1968. Insbesondere der 2. Abschnitt ("Straftaten gegen die staatliche und öffentliche Ordnung") enthält politische Strafnormen, die für die strafrechtliche Untersuchungstätigkeit der Staatssicherheit (Untersuchungsorgan) von großer Bedeutung waren.
Das gilt vor allem für § 213 ("Ungesetzlicher Grenzübertritt"), der in der Honecker-Ära Grundlage von rund der Hälfte aller MfS-Ermittlungsverfahren war. Auch § 214 ("Beeinträchtigung staatlicher und gesellschaftlicher Tätigkeit") spielte, vor allem im Zusammenhang mit der Bekämpfung von Ausreiseantragstellern, in den 80er Jahren eine immer wichtigere Rolle.
Ähnliches gilt für § 219 ("Ungesetzliche Verbindungsaufnahme") und § 220 ("Öffentliche Herabwürdigung der staatlichen Ordnung"), die die ähnlichen, aber schwerer wiegenden Strafnormen aus dem 2. Kapitel des StGB/1968 § 100 ("Staatsfeindliche Verbindungen", ab 1979 "Landesverräterische Agententätigkeit") und § 106 ("Staatsfeindliche Hetze") weitgehend verdrängten (Staatsverbrechen).
Zur Seite 1 wechseln
aktuelle Seite 2
Zur Seite 3 wechseln
Demonstration in Neunkirchen am Tag der Vertragsunterzeichnung für die Städtepartnerschaft zwischen Neunkirchen und Lübben Dokument, 1 Seite
Observationsfotos vom Neunkirchner Oberbürgermeister Peter Neuber mit Radsportlern aus dem Kreis Lübben 3 Fotografien
Vom MfS abgeschriebener Dankesbrief von Peter Neuber Dokument, 1 Seite
Sachstandsbericht zum OV "Partner" Dokument, 1 Seite