Signatur: BArch, MfS, HA XXII, Nr. 5749, Bd. 4
Am 26. September 1980 wurden durch das Oktoberfestattentat in München 13 Menschen getötet und mehr als 200 zum Teil schwer verletzt. Das Ministerium für Staatssicherheit verfolgte aufmerksam die Ermittlungen in der Bundesrepublik und mögliche Auswirkungen des Attentats auf den Bundestagswahlkampf.
Am 26. September 1980 explodierte in der Nähe des Haupteingangs des Münchner Oktoberfests eine Bombe, die 13 Menschen tötete und 221 zum Teil schwer verletzte. Der 21-jährige Geologiestudent und Rechtsextremist Gundolf Köhler, der bei dem Anschlag starb, hatte den selbstgebauten Sprengkörper in einem metallenen Abfallkorb deponiert. Das Oktoberfestattentat war der schwerste Terroranschlag in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland.
Die aus Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Landeskriminalamts (LKA) Bayern und des Bundeskriminalamts (BKA) bestehende Sonderkommission (Soko) "Theresienwiese" ermittelte in dem Fall. Als sich die Hinweise auf einen Terroranschlag verdichteten, leitete am 27. September 1980 auch Generalbundesanwalt (GBA) Kurt Rebmann ein Ermittlungsverfahren ein.
Die Sicherheitsbehörden identifizierten Köhler am Tag nach dem Anschlag als Attentäter. Seine Kontakte in die rechtsextreme Szene, v. a. zur paramilitärischen Wehrsportgruppe (WSG) Hoffmann, waren bereits nachrichtendienstlich erfasst. Köhler hatte u. a. an Wehrsportübungen der WSG teilgenommen und mit ihrem Leiter Karl-Heinz Hoffmann korrespondiert. Die Organisation war bereits im Januar 1980 durch Bundesinnenminister Gerhart Baum (FDP) verboten worden.
Trotz dieser Informationen und Zeugenaussagen zu weiteren Personen am Tatort schlossen die Soko "Theresienwiese" und der GBA letztlich ein rechtsextremistisches Tatmotiv aus und hielten an der Einzeltätertheorie fest. Im Mai 1981 stellte die Soko ihre Ermittlungen ein, im November 1982 auch der GBA.
Der Anschlag fand in einer politisch aufgeheizten Zeit statt: Am 5. Oktober 1980 stand die Bundestagswahl an, bei der sich der amtierende Bundeskanzler Helmut Schmidt (SPD) und der bayerische Ministerpräsident Franz Josef Strauß (CSU) gegenüberstanden. In Schmidts Regierungszeit (ab 1974) fiel die Hochphase des Terrors der Roten Armee Fraktion. Daher prägte das Thema Sicherheit – vor allem mit Blick auf den Linksterrorismus – den Wahlkampf. Obwohl gerade die Zahl rechtsextremer Gewalttaten ab Mitte der 1970er Jahre zugenommen hatte.
Schmidts konservative Herausforderer suchten die Schuldigen unmittelbar nach dem Anschlag im linksextremistischen Lager. Die Aktivitäten der WSG hingegen spielten sie herunter. Auch eine Tatbeteiligung des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) schlossen sie nicht aus.
Das MfS verfolgte die Ereignisse rund um das Oktoberfestattentat aufmerksam. Es schöpfte Ermittlungsergebnisse der westdeutschen Sicherheitsbehörden ab, dokumentierte die Berichterstattung in der Bundesrepublik und bewertete die Auswirkungen des Anschlags auf die Bundestagswahl.
Zahlreiche – zum Teil zuvor aus der DDR geflohene oder freigekaufte – Rechtsextremisten hatte das MfS in seinem Speicher erfasst. Außerdem setzte es inoffizielle Mitarbeiter in der rechten Szene in der Bundesrepublik ein. Sein Ziel: neonazistische Organisationen im eigenen Land verhindern und Material sammeln, das die Bundesrepublik diskreditieren könnte.
Unmittelbar nach dem Oktoberfestattentat sammelte das MfS Reaktionen westdeutscher Politiker auf den Anschlag, um dessen Auswirkungen auf die Bundestagswahl einschätzen zu können. Ein Bericht vom 30. September 1980 fasst die Einschätzungen zweier Staatssekretäre im Bundesinnenministerium zusammen.
Im Zentrum des Dokuments steht der Konflikt zwischen Bundesinnenminister Gerhart Baum (FDP) und dem bayerischen Innenminister Gerold Tandler (CSU) bezüglich der Frage, welche Gefahr vom Rechtsextremismus im Allgemeinen und der WSG im Speziellen ausginge.
Das Dokument spiegelt die politische Stimmung im Herbst 1980 wider, die von einem stark polarisierten Wahlkampf geprägt war.
Bundestagswahl 1980
[handschriftliche Ergänzung: E 3261/80]
Streng vertraulich
[handschriftliche Ergänzung: A, AI, 22
XXII/3]
[Stempel: XXII/AKG
Tgb.-Nr.: [handschriftliche Ergänzung: 1460/80]]
Information G/5613/30/09/80
Im Zusammenhang mit dem Terroranschlag auf dem [unterstrichen: Oktoberfest in München] wurden interne Einschätzungen des Staatssekretärs im Bundesministerium des Innern (BMI) der BRD,
Hartkopf, Günter,
und des Staatssekretärs im BMI,
Fröhlich, Siegfried,
zur politischen Bewertung dieses Vorkommnisses bekannt.
Nach den Meinungen beider Staatssekretäre erreichten die Angriffe der CDU/CSU gegen den Bundesinnenminister der BRD,
Baum, Gerhart-Rudolf,
anläßlich des Münchener Vorfalls bei der Öffentlichkeit der BRD nicht die von der Opposition angestrebte und beabsichtigte Wirksamkeit. Zum Beispiel würden nach Hartkopfs Ansicht die von Strauß gegen den Bundesinnenminister bezüglich des Bombenanschlages erhobenen Vorwürfe und Anschuldigungen, dargestellt in einem Artikel der Springerzeitung "Die Welt", Ausgabe vom 29.09.1980, bei den Lesern kaum noch Beachtung finden. Für Baum habe sich relativ günstig ausgewirkt, daß der Bombenanschlag durch rechtsextremistische Kreise inszeniert worden ist. Nach Hartkopfs Einschätzung hätte sich das Vorkommnis für den Fall, es wäre durch linksextremistische Kräfte durchgeführt worden, für Baum politisch äußerst negativ ausgewirkt und vermutlich zu dessen Rücktritt geführt. In diesem Zusammenhang bewertete Hartkopf und Fröhlich die bereits vor längerer Zeit erfolgte Vorgehensweise des BMI gegen die sogenannte [unterstrichen: Wehrsportgruppe Hoffmann.]
Die eingetretenen Ereignisse würden die Richtigkeit des Vorgehens von Bundesminister Baum gegen die neonazistische Wehrsportgruppe unterstreichen. Der bayerische Innenminister,
Tandler, Gerold,
gerate demgegenüber aus politischer Sicht in eine schwierige Lage, da er zum Zeitpunkt des Verbots versuchte, das Vorgehen Baums als "Überreaktion" gegen Rechtskräfte zu charakterisieren. Laut Tandler handele es sich bei der Wehrsportgruppe um "harmlose Leute".
Erstaunen zeigten beide Staatssekretäre darüber, daß die SPD-Führung in offiziellen Stellungnahmen zu dem Münchener Bombenanschlag mit einer gewissen Zurückhaltung reagierte. Die SPD-Führungsspitze stelle sich zwar vor Baum, tue dies aber nach Meinung von Hartkopf und Fröhlich nur ungern und lediglich als "Pflichtübung" im Zusammenhang mit dem Bundestagswahlkampf.
Inoffizielle Mitarbeiter (IM) waren das wichtigste Instrument des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS), um primär Informationen über Bürger, die Gesellschaft, ihre Institutionen und Organisationen der DDR oder im Ausland zu gewinnen. Unter Umständen hatten IM auf Personen oder Ereignisse in der DDR steuernden Einfluss zu nehmen.
In der DDR-Gesellschaft hießen sie "Spitzel", "Denunzianten" oder "Kundschafter". Mit der deutschen Einheit hat sich die Bezeichnung Inoffizieller Mitarbeiter des MfS für die heimlichen Zuträger etabliert. Sie lieferten u. a. Informationen über Stimmungen und Meinungen in der Bevölkerung.
Die SED-Führung wollte stets über die konkrete Situation und Lage in der DDR unterrichtet sein. Die IM hatten den Auftrag, "staatsgefährdende" Bestrebungen zu ermitteln, was beim MfS "politisch ideologische Diversion" bzw. "politische Untergrundtätigkeit" hieß. Der Bogen hierfür war weit gespannt und reichte von einer privaten Meinungsäußerung bis hin zu politischen Aktivitäten. Überdies sollten sie, wenn auch selten, direkt auf gesellschaftliche Entwicklungen oder einzelne Personen einwirken.
Die IM waren das wichtigste Repressionsinstrument in der DDR. IM wurden auf bestimmte Schwerpunkte angesetzt, von denen tatsächliche oder vermeintliche Gefahren ausgehen konnten. Diese Objekte und Territorien, Bereiche oder Personen waren so zahlreich, dass die geheimpolizeiliche Durchdringung tendenziell den Charakter einer flächendeckenden Überwachung annahm.
Die Anzahl der vom MfS geführten inoffiziellen Mitarbeiter umfasste im Jahre 1989 ungefähr 189.000 IM, darunter 173.000 IM der Abwehrdiensteinheiten, ferner 13.400 IM in der DDR und 1.550 IM in der Bundesrepublik, die von der Hauptverwaltung A geführt wurden, sowie diverse andere wie Zelleninformatoren usw. Auf 89 DDR-Bürger kam somit ein IM. In der Zeit von 1950 bis 1989 gab es insgesamt ca. 620.000 IM.
Die Entwicklung des IM-Netzes ist nicht allein von einem kontinuierlichen Anstieg geprägt, sondern verweist auf besondere Wachstumsphasen in Zeiten innergesellschaftlicher Krisen wie dem 17. Juni 1953 oder am Vorabend des Mauerbaus. Im Zuge der deutsch-deutschen Entspannungspolitik wurde das IM-Netz ebenfalls erweitert. So umfasste es Mitte der 70er Jahre – hochgerechnet – über 200.000 IM. Angesichts wachsender oppositioneller Bewegungen hatte es in den 80er Jahren gleichfalls ein hohes Niveau.
Die flächendeckende Überwachung der Gesellschaft fiel regional recht unterschiedlich aus. Im Land Brandenburg, das die Bezirke Cottbus, Frankfurt (Oder) und Potsdam vereint, war sie stärker als in Thüringen. Die höchste IM-Dichte wies der ehemalige Bezirk Cottbus auf.
Das MfS operierte formal nach territorialen Gesichtspunkten und Sicherungsbereichen, setzte jedoch operative Schwerpunkte in der geheimpolizeilichen Arbeit. Bezogen auf das Gesamtministerium lagen diese – sowohl auf Kreis-, als auch auf Bezirks- und Hauptabteilungsebene – bei der Volkswirtschaft, der Spionageabwehr und auf der "politischen Untergrundtätigkeit", der "Bearbeitung " von oppositionellen Milieus und den Kirchen.
Die Motive zur Kooperation mit dem MfS waren überwiegend ideeller, seltener materieller Natur, noch seltener war Erpressung der Grund. Die Kooperation währte durchschnittlich sechs bis zehn Jahre oder länger. Augenfällig ist, dass darunter nicht wenige soziale Aufsteiger waren. Der Anteil von weiblichen IM lag in der DDR bei 17 Prozent, in der Bundesrepublik bei 28 Prozent. Über die Hälfte der IM war Mitglied der SED. Von den 2,3 Mio. Mitgliedern der Partei ausgehend, waren 4 bis 5 Prozent zuletzt inoffiziell aktiv, d. h. jedes zwanzigste SED-Mitglied.
Das MfS differenzierte IM nach Kategorien: Gesellschaftliche Mitarbeiter für Sicherheit, IM zur Sicherung und Durchdringung des Verantwortungsbereichs, IM im besonderen Einsatz, Führungs-IM und IM zur Sicherung der Konspiration und des Verbindungswesens. Die wichtigste Kategorie waren IM mit "Feindverbindungen" bzw. solche, die Personen zu "bearbeiten" hatten, die "im Verdacht der Feindtätigkeit" standen. Im Laufe der 80er Jahre nahm der Anteil von IM in der Kategorie IMB bis Dezember 1988 auf rund 3.900 zu.
Der Anteil von Bundesbürgern oder Ausländern unter den IM des MfS betrug nicht einmal 2 Prozent. 1989 waren mindestens 3.000 Bundesbürger inoffiziell im Dienste des MfS, zusätzlich mehrere Hundert Ausländer. In der Zeit von 1949 bis 1989 waren insgesamt mindestens 12.000 Bundesbürger und Westberliner IM.
Die operativen Ziele des MfS waren über die gesamte Bundesrepublik Deutschland verteilt. Darüber hinaus gab es Schwerpunkte in Europa, im Nahen Osten und Asien, nachgeordnet auch in Afrika und Lateinamerika. Nachrichtendienstliche Schwerpunkte waren vor allem die Wissenschafts- und Technikspionage, erst danach die politische und mit etwas Abstand die Militärspionage. Die Bundesrepublik Deutschland wurde folglich vor allem als Ressource zur Systemstabilisierung genutzt.
Die politische Spionage diente vornehmlich dazu, die politische Gefährdungslage des herrschenden Systems in der DDR bestimmen zu können. Dieses Profil deutet an, dass die Spionage der Bewahrung des Status quo dienen sollte. Von einer Unterwanderung der Bundesrepublik war die Geheimpolizei zahlenmäßig weit entfernt. Vielmehr waren ihre inoffiziellen Mitarbeiter damit beschäftigt, das DDR-System zu stabilisieren.
Signatur: BArch, MfS, HA XXII, Nr. 5749, Bd. 4
Am 26. September 1980 wurden durch das Oktoberfestattentat in München 13 Menschen getötet und mehr als 200 zum Teil schwer verletzt. Das Ministerium für Staatssicherheit verfolgte aufmerksam die Ermittlungen in der Bundesrepublik und mögliche Auswirkungen des Attentats auf den Bundestagswahlkampf.
Am 26. September 1980 explodierte in der Nähe des Haupteingangs des Münchner Oktoberfests eine Bombe, die 13 Menschen tötete und 221 zum Teil schwer verletzte. Der 21-jährige Geologiestudent und Rechtsextremist Gundolf Köhler, der bei dem Anschlag starb, hatte den selbstgebauten Sprengkörper in einem metallenen Abfallkorb deponiert. Das Oktoberfestattentat war der schwerste Terroranschlag in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland.
Die aus Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Landeskriminalamts (LKA) Bayern und des Bundeskriminalamts (BKA) bestehende Sonderkommission (Soko) "Theresienwiese" ermittelte in dem Fall. Als sich die Hinweise auf einen Terroranschlag verdichteten, leitete am 27. September 1980 auch Generalbundesanwalt (GBA) Kurt Rebmann ein Ermittlungsverfahren ein.
Die Sicherheitsbehörden identifizierten Köhler am Tag nach dem Anschlag als Attentäter. Seine Kontakte in die rechtsextreme Szene, v. a. zur paramilitärischen Wehrsportgruppe (WSG) Hoffmann, waren bereits nachrichtendienstlich erfasst. Köhler hatte u. a. an Wehrsportübungen der WSG teilgenommen und mit ihrem Leiter Karl-Heinz Hoffmann korrespondiert. Die Organisation war bereits im Januar 1980 durch Bundesinnenminister Gerhart Baum (FDP) verboten worden.
Trotz dieser Informationen und Zeugenaussagen zu weiteren Personen am Tatort schlossen die Soko "Theresienwiese" und der GBA letztlich ein rechtsextremistisches Tatmotiv aus und hielten an der Einzeltätertheorie fest. Im Mai 1981 stellte die Soko ihre Ermittlungen ein, im November 1982 auch der GBA.
Der Anschlag fand in einer politisch aufgeheizten Zeit statt: Am 5. Oktober 1980 stand die Bundestagswahl an, bei der sich der amtierende Bundeskanzler Helmut Schmidt (SPD) und der bayerische Ministerpräsident Franz Josef Strauß (CSU) gegenüberstanden. In Schmidts Regierungszeit (ab 1974) fiel die Hochphase des Terrors der Roten Armee Fraktion. Daher prägte das Thema Sicherheit – vor allem mit Blick auf den Linksterrorismus – den Wahlkampf. Obwohl gerade die Zahl rechtsextremer Gewalttaten ab Mitte der 1970er Jahre zugenommen hatte.
Schmidts konservative Herausforderer suchten die Schuldigen unmittelbar nach dem Anschlag im linksextremistischen Lager. Die Aktivitäten der WSG hingegen spielten sie herunter. Auch eine Tatbeteiligung des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) schlossen sie nicht aus.
Das MfS verfolgte die Ereignisse rund um das Oktoberfestattentat aufmerksam. Es schöpfte Ermittlungsergebnisse der westdeutschen Sicherheitsbehörden ab, dokumentierte die Berichterstattung in der Bundesrepublik und bewertete die Auswirkungen des Anschlags auf die Bundestagswahl.
Zahlreiche – zum Teil zuvor aus der DDR geflohene oder freigekaufte – Rechtsextremisten hatte das MfS in seinem Speicher erfasst. Außerdem setzte es inoffizielle Mitarbeiter in der rechten Szene in der Bundesrepublik ein. Sein Ziel: neonazistische Organisationen im eigenen Land verhindern und Material sammeln, das die Bundesrepublik diskreditieren könnte.
Unmittelbar nach dem Oktoberfestattentat sammelte das MfS Reaktionen westdeutscher Politiker auf den Anschlag, um dessen Auswirkungen auf die Bundestagswahl einschätzen zu können. Ein Bericht vom 30. September 1980 fasst die Einschätzungen zweier Staatssekretäre im Bundesinnenministerium zusammen.
Im Zentrum des Dokuments steht der Konflikt zwischen Bundesinnenminister Gerhart Baum (FDP) und dem bayerischen Innenminister Gerold Tandler (CSU) bezüglich der Frage, welche Gefahr vom Rechtsextremismus im Allgemeinen und der WSG im Speziellen ausginge.
Das Dokument spiegelt die politische Stimmung im Herbst 1980 wider, die von einem stark polarisierten Wahlkampf geprägt war.
Offensichtlich erwarteten die Staatssekretäre des BMI ein größeres Engagement der SPD, um die von der CDU/CSU gegen Baum erhobenen Vorwürfe und Anschuldigungen zu entkräften und zurückzuweisen.
Weiter gelangte zur Kenntnis, daß Bundesminister Baum auch innerparteilich unterstützt wird. Der stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende im Bundestag,
Hoppe, Hans-Günter,
argumentierte vor der Fraktion, daß gerade Baum es war, der auf die Gefahren des Rechtsextremismus aufmerksam gemacht hatte. Ihm könnten in dieser Hinsicht keine Versäumnisse angelastet werden.
Zum künftigen Verhältnis zwischen CDU und CSU wurden interne Meinungsäußerungen aus Journalistenkreisen bekannt, die sich insbesondere auf das Problem der Fortsetzung der Fraktionsgemeinschaft beziehen. Nach Ansicht des Leiters des Bonner Büros der "Süddeutschen Zeitung",
Dreher, Klaus
ist auch nach einer möglichen Wahlniederlage eine Fortsetzung der Fraktionsgemeinschaft zu erwarten. Unabhängig vom Ausgang der Bundestagswahl soll am 7. Oktober 1980 ein Treffen der Parteispitzen von CDU und CSU sowie der Führung der CDU/CSU-Bundestagsfraktion stattfinden, auf dem die weitere Zusammenarbeit der Parteien erörtert werden soll.
Dreher begründete seine Vermutung hinsichtlich der Fortsetzung der Fraktionsgemeinschaft mit dem Verlauf der letzten Wochen des Bundestagswahlkampfes, in der er eine zunehmende Identifikation führender CDU-Politiker mit der Person des Kanzlerkandidaten Strauß feststellen konnte. Der CDU sei es auch in den nördlichen Bundesländern gelungen, einen wirkungsvollen und intensiven Wahlkampf zugunsten von Strauß zu führen. Die ursprüngliche Distanz zu Strauß sei abgebaut worden. Dreher ist der Meinung, daß es gerade der CDU-General Sekretär Geißler war, der dem Wahlkampf der Unionsparteien mit dem Hochspielen der Rentenproblematik Auftrieb verliehen hat. Falls Strauß die Wahl gewinne, habe er dies in erster Linie Geißler zu verdanken.
Wie Dreher von profilierten CSU-Politikern erfahren haben will, verfolge die CSU genau die Wahlkampfauftritte von Politikern der CDU. Besonders werden das Engagement und die inhaltlichen Aussagen zu Strauß bei Wahlkampfauftritten des niedersächsischen Ministerpräsidenten Albrecht registriert.
Bezüglich des Fortbestehens der Fraktionsgemeinschaft erfuhr Dreher ebenfalls aus CSU-Kreisen, daß Strauß nicht an eine Trennung denke und dies auch nicht nach einer Wahlniederlage anstrebe. Ein damit verbundenes bundesweites Auftreten der CSU und eine Ausdehnung der CDU auf Bayern würde den Einfluß der CSU im eigenen Land wesentlich einschränken. Diese mögliche große Wirkung der CDU auf potentielle CSU-Wähler in Bayern leitet die CSU-Führung unter anderem aus dem wirkungsvollen und harten Wahlkampf des CDU-Generalsekretärs Geißler ab.
Inoffizielle Mitarbeiter (IM) waren das wichtigste Instrument des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS), um primär Informationen über Bürger, die Gesellschaft, ihre Institutionen und Organisationen der DDR oder im Ausland zu gewinnen. Unter Umständen hatten IM auf Personen oder Ereignisse in der DDR steuernden Einfluss zu nehmen.
In der DDR-Gesellschaft hießen sie "Spitzel", "Denunzianten" oder "Kundschafter". Mit der deutschen Einheit hat sich die Bezeichnung Inoffizieller Mitarbeiter des MfS für die heimlichen Zuträger etabliert. Sie lieferten u. a. Informationen über Stimmungen und Meinungen in der Bevölkerung.
Die SED-Führung wollte stets über die konkrete Situation und Lage in der DDR unterrichtet sein. Die IM hatten den Auftrag, "staatsgefährdende" Bestrebungen zu ermitteln, was beim MfS "politisch ideologische Diversion" bzw. "politische Untergrundtätigkeit" hieß. Der Bogen hierfür war weit gespannt und reichte von einer privaten Meinungsäußerung bis hin zu politischen Aktivitäten. Überdies sollten sie, wenn auch selten, direkt auf gesellschaftliche Entwicklungen oder einzelne Personen einwirken.
Die IM waren das wichtigste Repressionsinstrument in der DDR. IM wurden auf bestimmte Schwerpunkte angesetzt, von denen tatsächliche oder vermeintliche Gefahren ausgehen konnten. Diese Objekte und Territorien, Bereiche oder Personen waren so zahlreich, dass die geheimpolizeiliche Durchdringung tendenziell den Charakter einer flächendeckenden Überwachung annahm.
Die Anzahl der vom MfS geführten inoffiziellen Mitarbeiter umfasste im Jahre 1989 ungefähr 189.000 IM, darunter 173.000 IM der Abwehrdiensteinheiten, ferner 13.400 IM in der DDR und 1.550 IM in der Bundesrepublik, die von der Hauptverwaltung A geführt wurden, sowie diverse andere wie Zelleninformatoren usw. Auf 89 DDR-Bürger kam somit ein IM. In der Zeit von 1950 bis 1989 gab es insgesamt ca. 620.000 IM.
Die Entwicklung des IM-Netzes ist nicht allein von einem kontinuierlichen Anstieg geprägt, sondern verweist auf besondere Wachstumsphasen in Zeiten innergesellschaftlicher Krisen wie dem 17. Juni 1953 oder am Vorabend des Mauerbaus. Im Zuge der deutsch-deutschen Entspannungspolitik wurde das IM-Netz ebenfalls erweitert. So umfasste es Mitte der 70er Jahre – hochgerechnet – über 200.000 IM. Angesichts wachsender oppositioneller Bewegungen hatte es in den 80er Jahren gleichfalls ein hohes Niveau.
Die flächendeckende Überwachung der Gesellschaft fiel regional recht unterschiedlich aus. Im Land Brandenburg, das die Bezirke Cottbus, Frankfurt (Oder) und Potsdam vereint, war sie stärker als in Thüringen. Die höchste IM-Dichte wies der ehemalige Bezirk Cottbus auf.
Das MfS operierte formal nach territorialen Gesichtspunkten und Sicherungsbereichen, setzte jedoch operative Schwerpunkte in der geheimpolizeilichen Arbeit. Bezogen auf das Gesamtministerium lagen diese – sowohl auf Kreis-, als auch auf Bezirks- und Hauptabteilungsebene – bei der Volkswirtschaft, der Spionageabwehr und auf der "politischen Untergrundtätigkeit", der "Bearbeitung " von oppositionellen Milieus und den Kirchen.
Die Motive zur Kooperation mit dem MfS waren überwiegend ideeller, seltener materieller Natur, noch seltener war Erpressung der Grund. Die Kooperation währte durchschnittlich sechs bis zehn Jahre oder länger. Augenfällig ist, dass darunter nicht wenige soziale Aufsteiger waren. Der Anteil von weiblichen IM lag in der DDR bei 17 Prozent, in der Bundesrepublik bei 28 Prozent. Über die Hälfte der IM war Mitglied der SED. Von den 2,3 Mio. Mitgliedern der Partei ausgehend, waren 4 bis 5 Prozent zuletzt inoffiziell aktiv, d. h. jedes zwanzigste SED-Mitglied.
Das MfS differenzierte IM nach Kategorien: Gesellschaftliche Mitarbeiter für Sicherheit, IM zur Sicherung und Durchdringung des Verantwortungsbereichs, IM im besonderen Einsatz, Führungs-IM und IM zur Sicherung der Konspiration und des Verbindungswesens. Die wichtigste Kategorie waren IM mit "Feindverbindungen" bzw. solche, die Personen zu "bearbeiten" hatten, die "im Verdacht der Feindtätigkeit" standen. Im Laufe der 80er Jahre nahm der Anteil von IM in der Kategorie IMB bis Dezember 1988 auf rund 3.900 zu.
Der Anteil von Bundesbürgern oder Ausländern unter den IM des MfS betrug nicht einmal 2 Prozent. 1989 waren mindestens 3.000 Bundesbürger inoffiziell im Dienste des MfS, zusätzlich mehrere Hundert Ausländer. In der Zeit von 1949 bis 1989 waren insgesamt mindestens 12.000 Bundesbürger und Westberliner IM.
Die operativen Ziele des MfS waren über die gesamte Bundesrepublik Deutschland verteilt. Darüber hinaus gab es Schwerpunkte in Europa, im Nahen Osten und Asien, nachgeordnet auch in Afrika und Lateinamerika. Nachrichtendienstliche Schwerpunkte waren vor allem die Wissenschafts- und Technikspionage, erst danach die politische und mit etwas Abstand die Militärspionage. Die Bundesrepublik Deutschland wurde folglich vor allem als Ressource zur Systemstabilisierung genutzt.
Die politische Spionage diente vornehmlich dazu, die politische Gefährdungslage des herrschenden Systems in der DDR bestimmen zu können. Dieses Profil deutet an, dass die Spionage der Bewahrung des Status quo dienen sollte. Von einer Unterwanderung der Bundesrepublik war die Geheimpolizei zahlenmäßig weit entfernt. Vielmehr waren ihre inoffiziellen Mitarbeiter damit beschäftigt, das DDR-System zu stabilisieren.
Bericht über die Ermittlungen von LKA und BKA zum Oktoberfestattentat 1980 Dokument, 7 Seiten
Erfassung des westdeutschen Rechtsextremisten Karl-Heinz Hoffmann Dokument, 1 Seite
Bericht über Ermittlungen des Verfassungsschutzes im Vorfeld des Oktoberfestattentats 1980 Dokument, 4 Seiten
Äußerungen führender CDU-Kreise zu Walter Ulbrichts Besuch in Ägypten Dokument, 4 Seiten