Signatur: BStU, MfS, JHS, Nr. 21806, Bl. 1-359
Forschungsarbeit der Hochschule des MfS zum Umgang mit Inoffiziellen Mitarbeitern, die andere IM führen sollten. Die Arbeit gibt Empfehlungen zu allen Aspekten der Arbeit mit diesen sogenannten Führungs-IM – von der Anwerbung bis zu Sozialleistungen für hauptamtliche IM in dieser Funktion.
An der Juristischen Hochschule des Ministeriums für Staatssicherheit (JHS) in Potsdam-Golm studierten Stasi-Mitarbeiter, die für höhere Aufgaben vorgesehen waren, aber nur einen einfachen Bildungsweg beschritten hatten. Der Name der Institution war Tarnung, nur am Rande befassten sich Lehrer und Studenten mit Rechtswissenschaften. Als Kaderschmiede des MfS vermittelte die JHS vor allem das nötige Rüstzeug für die Arbeit im Apparat der Geheimpolizei. Die Mitarbeiter sollten hier eine "klassenbewusste" Allgemeinbildung und Einweisung in wissenschaftliche Standards erhalten. Daneben betrieb die Hochschule eigenständig und im Auftrag des Ministeriums einschlägige Forschungsarbeit. Die Arbeiten sollten auch praktische Erkenntnisse für die geheimpolizeiliche, im Jargon der Stasi "tschekistische" Tätigkeit der Mitarbeiter liefern.
Das vorliegende Dokument ist eine Forschungsarbeit zum Umgang mit Führungs-IM. Diese Inoffiziellen Mitarbeiter sollten andere IM und andere Zuträger der Stasi führen, und die hauptamtlichen Mitarbeiter so entlasten. Die Autoren, alle mit einem Doktorgrad für Rechtswissenschaften der JHS ausgestattet, befassen sich mit allen Aspekten der Arbeit mit Führungs-IM. Ihre Untersuchungen und Empfehlungen reichen von der Gewinnung geeigneter Personen für diese Aufgabe bis hin zu Sozialleistungen und Motivationsmöglichkeiten für hauptamtliche IM in dieser Funktion.
Wie bereits erwähnt, kann eine solche Arbeitsweise auch zu positiven Resultaten führen und in der operativen Praxis Bestand haben.
Unter welchen Bedingungen bewährte sich die Steuerung ehrenamtlicher Führungs-IM durch hauptamtliche?
Diese günstigen Bedingungen sind jedoch nur in wenigen Fällen anzutreffen oder zu schaffen.
Anwerbung war in den Jahren 1950 bis 1968 die Bezeichnung des MfS für die Werbung von IM für die konspirative Arbeit. Im Vorfeld der Anwerbung war die Person sorgfältig, aber konspirativ zu überprüfen. In der Regel hatte der Angeworbene die Bereitschaft zur Kooperation schriftlich zu erklären und sich dabei einen Decknamen auszuwählen. Über die Anwerbung selbst war vom Führungsoffizier ein detaillierter Bericht zu fertigen.
Von 1968 bis 1989 geltende Bezeichnung für IM, die mit der Führung anderer IM und GMS beauftragt waren, vormals Geheimer Hauptinformator genannt. Die FIM konnten bei Auftragsvergabe und Verbindungshaltung relativ selbständig agieren. Mit dem Aufbau von FIM-Netzen zielte das MfS auf die Durchdringung bestimmter Bereiche, Einrichtungen oder Personenkreise.
Zuletzt gab es 4591 FIM. Die HV A arbeitete ebenfalls mit FIM, die dort die Aufgaben der vormaligen Geheimen Hauptmitarbeiter übernahmen. Der FIM konnte wiederum einem Residenten unterstellt sein und mit den Quellen Kontakt unterhalten. Die HV A leitete 1988 im sog. Operationsgebiet zuletzt 26 bundesdeutsche FIM.
Seit 1968 bestehende Kategorie inoffizieller Informanten, die laut Richtlinie 1/79 eine in der Öffentlichkeit bekannte "staatsbewusste Einstellung und Haltung" aufwiesen und entsprechend auftraten. Mit den GMS strebte das MfS die "Einbeziehung breiter gesellschaftlicher Kräfte" in Informationsbeschaffung und vorbeugende Sicherungsaufgaben an. Die Tätigkeit der GMS wurde als Ausdruck einer "entfalteten Massenwachsamkeit" angesehen und sollte Operative Mitarbeiter und IM entlasten.
Die Auswahl, Prüfung und Rekrutierung der GMS erfolgte auf ähnliche Weise wie bei den inoffiziellen Mitarbeitern. Die Anforderungen hinsichtlich der Einhaltung konspirativer Regeln und der Aktenführung waren jedoch, insbesondere bis 1981, geringer als bei den IM. Auch sollten GMS in der Regel nicht zur direkten "Bearbeitung" von "feindlich-negativen" Personen eingesetzt werden. Es gab zuletzt 33.000 GMS.
Inoffizielle Mitarbeiter (IM) waren das wichtigste Instrument des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS), um primär Informationen über Bürger, die Gesellschaft, ihre Institutionen und Organisationen der DDR oder im Ausland zu gewinnen. Unter Umständen hatten IM auf Personen oder Ereignisse in der DDR steuernden Einfluss zu nehmen.
In der DDR-Gesellschaft hießen sie "Spitzel", "Denunzianten" oder "Kundschafter". Mit der deutschen Einheit hat sich die Bezeichnung Inoffizieller Mitarbeiter des MfS für die heimlichen Zuträger etabliert. Sie lieferten u. a. Informationen über Stimmungen und Meinungen in der Bevölkerung.
Die SED-Führung wollte stets über die konkrete Situation und Lage in der DDR unterrichtet sein. Die IM hatten den Auftrag, "staatsgefährdende" Bestrebungen zu ermitteln, was beim MfS "politisch ideologische Diversion" bzw. "politische Untergrundtätigkeit" hieß. Der Bogen hierfür war weit gespannt und reichte von einer privaten Meinungsäußerung bis hin zu politischen Aktivitäten. Überdies sollten sie, wenn auch selten, direkt auf gesellschaftliche Entwicklungen oder einzelne Personen einwirken.
Die IM waren das wichtigste Repressionsinstrument in der DDR. IM wurden auf bestimmte Schwerpunkte angesetzt, von denen tatsächliche oder vermeintliche Gefahren ausgehen konnten. Diese Objekte und Territorien, Bereiche oder Personen waren so zahlreich, dass die geheimpolizeiliche Durchdringung tendenziell den Charakter einer flächendeckenden Überwachung annahm.
Die Anzahl der vom MfS geführten inoffiziellen Mitarbeiter umfasste im Jahre 1989 ungefähr 189.000 IM, darunter 173.000 IM der Abwehrdiensteinheiten, ferner 13.400 IM in der DDR und 1.550 IM in der Bundesrepublik, die von der Hauptverwaltung A geführt wurden, sowie diverse andere wie Zelleninformatoren usw. Auf 89 DDR-Bürger kam somit ein IM. In der Zeit von 1950 bis 1989 gab es insgesamt ca. 620.000 IM.
Die Entwicklung des IM-Netzes ist nicht allein von einem kontinuierlichen Anstieg geprägt, sondern verweist auf besondere Wachstumsphasen in Zeiten innergesellschaftlicher Krisen wie dem 17. Juni 1953 oder am Vorabend des Mauerbaus. Im Zuge der deutsch-deutschen Entspannungspolitik wurde das IM-Netz ebenfalls erweitert. So umfasste es Mitte der 70er Jahre – hochgerechnet – über 200.000 IM. Angesichts wachsender oppositioneller Bewegungen hatte es in den 80er Jahren gleichfalls ein hohes Niveau.
Die flächendeckende Überwachung der Gesellschaft fiel regional recht unterschiedlich aus. Im Land Brandenburg, das die Bezirke Cottbus, Frankfurt (Oder) und Potsdam vereint, war sie stärker als in Thüringen. Die höchste IM-Dichte wies der ehemalige Bezirk Cottbus auf.
Das MfS operierte formal nach territorialen Gesichtspunkten und Sicherungsbereichen, setzte jedoch operative Schwerpunkte in der geheimpolizeilichen Arbeit. Bezogen auf das Gesamtministerium lagen diese – sowohl auf Kreis-, als auch auf Bezirks- und Hauptabteilungsebene – bei der Volkswirtschaft, der Spionageabwehr und auf der "politischen Untergrundtätigkeit", der "Bearbeitung " von oppositionellen Milieus und den Kirchen.
Die Motive zur Kooperation mit dem MfS waren überwiegend ideeller, seltener materieller Natur, noch seltener war Erpressung der Grund. Die Kooperation währte durchschnittlich sechs bis zehn Jahre oder länger. Augenfällig ist, dass darunter nicht wenige soziale Aufsteiger waren. Der Anteil von weiblichen IM lag in der DDR bei 17 Prozent, in der Bundesrepublik bei 28 Prozent. Über die Hälfte der IM war Mitglied der SED. Von den 2,3 Mio. Mitgliedern der Partei ausgehend, waren 4 bis 5 Prozent zuletzt inoffiziell aktiv, d. h. jedes zwanzigste SED-Mitglied.
Das MfS differenzierte IM nach Kategorien: Gesellschaftliche Mitarbeiter für Sicherheit, IM zur Sicherung und Durchdringung des Verantwortungsbereichs, IM im besonderen Einsatz, Führungs-IM und IM zur Sicherung der Konspiration und des Verbindungswesens. Die wichtigste Kategorie waren IM mit "Feindverbindungen" bzw. solche, die Personen zu "bearbeiten" hatten, die "im Verdacht der Feindtätigkeit" standen. Im Laufe der 80er Jahre nahm der Anteil von IM in der Kategorie IMB bis Dezember 1988 auf rund 3.900 zu.
Der Anteil von Bundesbürgern oder Ausländern unter den IM des MfS betrug nicht einmal 2 Prozent. 1989 waren mindestens 3.000 Bundesbürger inoffiziell im Dienste des MfS, zusätzlich mehrere Hundert Ausländer. In der Zeit von 1949 bis 1989 waren insgesamt mindestens 12.000 Bundesbürger und Westberliner IM.
Die operativen Ziele des MfS waren über die gesamte Bundesrepublik Deutschland verteilt. Darüber hinaus gab es Schwerpunkte in Europa, im Nahen Osten und Asien, nachgeordnet auch in Afrika und Lateinamerika. Nachrichtendienstliche Schwerpunkte waren vor allem die Wissenschafts- und Technikspionage, erst danach die politische und mit etwas Abstand die Militärspionage. Die Bundesrepublik Deutschland wurde folglich vor allem als Ressource zur Systemstabilisierung genutzt.
Die politische Spionage diente vornehmlich dazu, die politische Gefährdungslage des herrschenden Systems in der DDR bestimmen zu können. Dieses Profil deutet an, dass die Spionage der Bewahrung des Status quo dienen sollte. Von einer Unterwanderung der Bundesrepublik war die Geheimpolizei zahlenmäßig weit entfernt. Vielmehr waren ihre inoffiziellen Mitarbeiter damit beschäftigt, das DDR-System zu stabilisieren.
Signatur: BStU, MfS, JHS, Nr. 21806, Bl. 1-359
Forschungsarbeit der Hochschule des MfS zum Umgang mit Inoffiziellen Mitarbeitern, die andere IM führen sollten. Die Arbeit gibt Empfehlungen zu allen Aspekten der Arbeit mit diesen sogenannten Führungs-IM – von der Anwerbung bis zu Sozialleistungen für hauptamtliche IM in dieser Funktion.
An der Juristischen Hochschule des Ministeriums für Staatssicherheit (JHS) in Potsdam-Golm studierten Stasi-Mitarbeiter, die für höhere Aufgaben vorgesehen waren, aber nur einen einfachen Bildungsweg beschritten hatten. Der Name der Institution war Tarnung, nur am Rande befassten sich Lehrer und Studenten mit Rechtswissenschaften. Als Kaderschmiede des MfS vermittelte die JHS vor allem das nötige Rüstzeug für die Arbeit im Apparat der Geheimpolizei. Die Mitarbeiter sollten hier eine "klassenbewusste" Allgemeinbildung und Einweisung in wissenschaftliche Standards erhalten. Daneben betrieb die Hochschule eigenständig und im Auftrag des Ministeriums einschlägige Forschungsarbeit. Die Arbeiten sollten auch praktische Erkenntnisse für die geheimpolizeiliche, im Jargon der Stasi "tschekistische" Tätigkeit der Mitarbeiter liefern.
Das vorliegende Dokument ist eine Forschungsarbeit zum Umgang mit Führungs-IM. Diese Inoffiziellen Mitarbeiter sollten andere IM und andere Zuträger der Stasi führen, und die hauptamtlichen Mitarbeiter so entlasten. Die Autoren, alle mit einem Doktorgrad für Rechtswissenschaften der JHS ausgestattet, befassen sich mit allen Aspekten der Arbeit mit Führungs-IM. Ihre Untersuchungen und Empfehlungen reichen von der Gewinnung geeigneter Personen für diese Aufgabe bis hin zu Sozialleistungen und Motivationsmöglichkeiten für hauptamtliche IM in dieser Funktion.
Insgesamt können wir feststellen, daß die Steuerung der IM/GMS durch hauptamtliche (oder halbhauptamtliche) Führungs-IM der sicherste Weg ist, der sich vollauf bewährt hat. Deshalb wurde auch von verschiedenen Leitern weisungsgemäß festgelegt, daß die ehrenamtlichen Führungs-IM nicht durch hauptamtliche, sondern direkt durch die operativen Mitarbeiter zu steuern sind. [Fußnote Nr. 1]
Beim Vorhandensein der erforderlichen Bedingungen kann sich auf bestimmten Einsatzgebieten, wie zum Beispiel in der Grenzsicherung, bei der Außenabsicherung mehrerer militärischer Objekte im Territorium, zur Sicherung mehrerer Grenzbahnhöfe u.a. die Steuerung ehrenamtlicher Führungs-IM durch hauptamtliche (oder halbhauptamtliche) bewähren.
Zusammenfassend sei nochmals hervorgehoben:
Prinzipieller Ausgangspunkt für eine zweckmäßige und operativ wirkungsvolle Zusammensetzung der Führungs-IM-Systeme sind die operativen Schwerpunkte im Verantwortungsbereich der Diensteinheiten/Linien und die politisch-operative Ziel- und Aufgabenstellung der jeweiligen Führungs-IM.
Entscheidend ist nicht allein die Anzahl der zu übergebenden IM/GMS, sondern vor allem deren Qualität und Verteilung. Im Ergebnis einer kritischen Bestandsaufnahme sind an die Führungs-IM solche IM/GMS zu übergeben, die eine qualifizierte Lösung der operativen Aufgaben sichern. Deshalb muß jede Übergabe gründlich und verantwortungsvoll geprüft und vom Leiter bestätigt werden.
Kriterium für die Einschätzung der Zusammensetzung, ihrer Qualität und operativen Zweckmäßigkeit sind die konkreten politisch-operativen Arbeitsergebnisse der Führungs-IM, ihr konkreter Anteil am inoffiziellen Informationsaufkommen der Diensteinheit.
[Text der Fußnote Nr. 1] Vgl. "Hinweise zur weiteren Gestaltung der Zusammenarbeit mit hauptamtlichen Führungs-IM" des Leiters der Verwaltung Groß-Berlin vom 1.4.1971, Punkt 2.4.
Anwerbung war in den Jahren 1950 bis 1968 die Bezeichnung des MfS für die Werbung von IM für die konspirative Arbeit. Im Vorfeld der Anwerbung war die Person sorgfältig, aber konspirativ zu überprüfen. In der Regel hatte der Angeworbene die Bereitschaft zur Kooperation schriftlich zu erklären und sich dabei einen Decknamen auszuwählen. Über die Anwerbung selbst war vom Führungsoffizier ein detaillierter Bericht zu fertigen.
Von 1968 bis 1989 geltende Bezeichnung für IM, die mit der Führung anderer IM und GMS beauftragt waren, vormals Geheimer Hauptinformator genannt. Die FIM konnten bei Auftragsvergabe und Verbindungshaltung relativ selbständig agieren. Mit dem Aufbau von FIM-Netzen zielte das MfS auf die Durchdringung bestimmter Bereiche, Einrichtungen oder Personenkreise.
Zuletzt gab es 4591 FIM. Die HV A arbeitete ebenfalls mit FIM, die dort die Aufgaben der vormaligen Geheimen Hauptmitarbeiter übernahmen. Der FIM konnte wiederum einem Residenten unterstellt sein und mit den Quellen Kontakt unterhalten. Die HV A leitete 1988 im sog. Operationsgebiet zuletzt 26 bundesdeutsche FIM.
Seit 1968 bestehende Kategorie inoffizieller Informanten, die laut Richtlinie 1/79 eine in der Öffentlichkeit bekannte "staatsbewusste Einstellung und Haltung" aufwiesen und entsprechend auftraten. Mit den GMS strebte das MfS die "Einbeziehung breiter gesellschaftlicher Kräfte" in Informationsbeschaffung und vorbeugende Sicherungsaufgaben an. Die Tätigkeit der GMS wurde als Ausdruck einer "entfalteten Massenwachsamkeit" angesehen und sollte Operative Mitarbeiter und IM entlasten.
Die Auswahl, Prüfung und Rekrutierung der GMS erfolgte auf ähnliche Weise wie bei den inoffiziellen Mitarbeitern. Die Anforderungen hinsichtlich der Einhaltung konspirativer Regeln und der Aktenführung waren jedoch, insbesondere bis 1981, geringer als bei den IM. Auch sollten GMS in der Regel nicht zur direkten "Bearbeitung" von "feindlich-negativen" Personen eingesetzt werden. Es gab zuletzt 33.000 GMS.
Das MfS verstand unter Grenzsicherung Maßnahmen der DDR an ihrer Grenze zur Bundesrepublik und zu Westberlin sowie zum angrenzenden Territorium, um die gewünschte Ordnung durchzusetzen und Störungen, einschließlich Fluchtversuche, abzuwenden. Dagegen wurden die Maßnahmen an den Grenzen zur CSSR und zur VR Polen als Grenzüberwachung bezeichnet.
Zur unmittelbaren Grenzsicherung eingesetzt waren die Grenztruppen (bis 1961 Deutsche Grenzpolizei) und ihre Freiwilligen Helfer, die Grenzbrigade Küste der Volksmarine, Mitarbeiter der Deutschen Volkspolizei und ihre Freiwilligen Helfer, Mitarbeiter der Zollverwaltung, Mitarbeiter des Staatssicherheitsdienstes und ihre inoffiziellen Mitarbeiter. Eine mittelbare Verantwortlichkeit lag bei den örtlichen Räten, die vielfältige organisatorische Maßnahmen sicherzustellen hatten.
1952/53 und 1956 war die Grenzpolizei dem MfS jeweils für mehrere Monate unterstellt. Am 27.5.1952 erließ daher der Minister für Staatssicherheit eine "Polizeiverordnung über die Einführung einer besonderen Ordnung an der Demarkationslinie". Das MfS-Statut von 1969 zählte den Schutz der "Staatsgrenze mit spezifischen Mitteln und Methoden" zur Hauptaufgabe des MfS. Spätestens seit dem Mauerbau 1961 wurde der Staatssicherheitsdienst eingebunden in ein einheitliches, immer komplexeres System zur Verhinderung von Fluchten in die Bundesrepublik bzw. nach Westberlin (Republikflucht), auch über die Ostsee, und zum Schutz der Staatsgrenze bis hin zur Klärung von Vorkommnissen im Grenzgebiet.
Das MfS beteiligte sich mit eigenen Kräften an der Grenzsicherung (zum Beispiel durch die Passkontrolleinheiten und die Kontrolle neuralgischer Punkte wie der Berliner Kanalisation), wirkte mit den anderen Einrichtungen zusammen, überwachte sie zugleich und trug die letzte Hauptverantwortung. Dabei wurden über die reine Grenzsicherung hinaus das gesamte Grenzgebiet und seine Zugänge kontrolliert. Im MfS lag die Verantwortung für Grenzsicherheit bei einem stellvertretenden Minister, zuletzt bei Gerhard Neiber.
Für das Funktionieren der eigentlichen Grenzsicherung durch Grenztruppen und die Grenzbrigade Küste war im MfS seit 1953 die Hauptabteilung I (HA I) zuständig. Keinesfalls sollten Grenzsoldaten zum Einsatz kommen, die sich weigerten, auf Flüchtende zu schießen, oder bei denen Fluchtgefahr bestand. Hierfür bot ein differenziertes System der Personalauswahl die Gewähr. Schon eine Musterung für die Grenztruppen war nur möglich, wenn die MfS-Kreisdienststelle nach der heimlichen Überprüfung (Aktion "grün") des potenziellen Kandidaten zugestimmt hatte.
In allen Grenz(ausbildungs)regimentern saßen Verbindungsoffiziere der HA I, armeeintern als "Verwaltung 2000" bezeichnet. Während der mehrmonatigen Ausbildung überprüften sie den Wehrpflichtigen weiter - die sog. Filtrierung. Wer keine Gewähr bot, dass er dem geforderten Auftrag nachkommen würde, wurde versetzt. Zahlenmäßig waren diese Nichtzuführungen zur Linie erheblich. Auch die Grenzkompanien waren mit inoffiziellen Mitarbeitern durchsetzt. Zugleich kam es zwischen dem Verbindungsoffizier und dem jeweiligen Kompaniechef zu regelmäßigen offiziellen Einschätzungen über die Zuverlässigkeit jedes Grenzers.
Zur HA I gehörte auch die Abteilung Grenzsicherheit. Sie trug für dieses Arbeitsfeld die Gesamtverantwortung im MfS. Die Abteilung sollte für ein einheitliches Funktionieren des tief gestaffelten Systems der Grenzsicherung sorgen. Dazu existierten Unterabteilungen in den Bezirksverwaltungen (BV) der Grenzbezirke Erfurt, Gera, Karl-Marx-Stadt (Chemnitz), Magdeburg, Potsdam, Schwerin und Suhl. Die Leiter dieser Unterabteilungen waren zugleich als Grenzbeauftragte für den Bezirk die offiziellen Vertreter des MfS in allen die Staatsgrenze betreffenden Fragen - mit Billigung Honeckers. In den Grenz-Kreisdienststellen existierte in der Regel ein Sachgebiet "Grenze".
Die Grenzaufklärung der HA I überwachte Regionen, die sich für Fluchttunnel eigneten und ermittelte bei Störungen und "Angriffen" vom westlichen Territorium aus, etwa zu Einrichtungen, die das brutale Grenzregime anprangerten, zu Protestaufmärschen und bei Beschädigungen der Grenzanlagen.
Sowohl gelungene als auch misslungene Fluchtversuche führten zu einer eingehenden Untersuchung durch die MfS-Spezialkommissionen (Vorkommnisuntersuchung). Hier wurde auch vermerkt, inwieweit Grenzsoldaten sich angemessen verhalten hatten, beispielsweise ob die Abgabe von Schüssen nicht eine Überreaktion war. Dabei wog eine gelungene Flucht schwerer als die Tötung des Flüchtlings: Selbst wenn Befehle zweifelsfrei überschritten oder gestellte Flüchtige regelrecht exekutiert wurden, hatte dies keine strafrechtlichen Folgen für den betreffenden Grenzsoldaten.
Seit einer Ballonflucht im Jahre 1979 sollte die Zentrale Koordinierungsgruppe (ZKG)/6 weitere spektakuläre Fluchtversuche verhindern. Dazu dienten Karten, in denen geeignete Stellen für heimliche Starts mit Luftfahrzeugen besonders markiert waren. Auffällige Materialbeschaffungen oder die Ausleihe von Fachliteratur wurden überwacht.
Die eigentliche Passkontrolle an den Grenzübergangsstellen und damit ggf. die Festnahme übernahmen Passkontrolleinheiten, die zur Hauptabteilung VI (HA VI) bzw. den Abteilung VI (Überwachung Staatsapparat) zählten. Die Hauptabteilung VII (HA VII) überwachte den Einsatz der Polizei an den Zugängen zum Grenzgebiet (Volkspolizei und Staatssicherheit).
Die Aussetzung des Schießbefehls vom April 1989 galt auch für MfS Mitarbeiter an der Grenze. Noch in den letzten Wochen des Staatssicherheitsdienstes wurde die Gewährleistung der inneren Sicherheit der Grenztruppen als unbedingt durchzuführende Aufgabe angesehen.
Inoffizielle Mitarbeiter (IM) waren das wichtigste Instrument des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS), um primär Informationen über Bürger, die Gesellschaft, ihre Institutionen und Organisationen der DDR oder im Ausland zu gewinnen. Unter Umständen hatten IM auf Personen oder Ereignisse in der DDR steuernden Einfluss zu nehmen.
In der DDR-Gesellschaft hießen sie "Spitzel", "Denunzianten" oder "Kundschafter". Mit der deutschen Einheit hat sich die Bezeichnung Inoffizieller Mitarbeiter des MfS für die heimlichen Zuträger etabliert. Sie lieferten u. a. Informationen über Stimmungen und Meinungen in der Bevölkerung.
Die SED-Führung wollte stets über die konkrete Situation und Lage in der DDR unterrichtet sein. Die IM hatten den Auftrag, "staatsgefährdende" Bestrebungen zu ermitteln, was beim MfS "politisch ideologische Diversion" bzw. "politische Untergrundtätigkeit" hieß. Der Bogen hierfür war weit gespannt und reichte von einer privaten Meinungsäußerung bis hin zu politischen Aktivitäten. Überdies sollten sie, wenn auch selten, direkt auf gesellschaftliche Entwicklungen oder einzelne Personen einwirken.
Die IM waren das wichtigste Repressionsinstrument in der DDR. IM wurden auf bestimmte Schwerpunkte angesetzt, von denen tatsächliche oder vermeintliche Gefahren ausgehen konnten. Diese Objekte und Territorien, Bereiche oder Personen waren so zahlreich, dass die geheimpolizeiliche Durchdringung tendenziell den Charakter einer flächendeckenden Überwachung annahm.
Die Anzahl der vom MfS geführten inoffiziellen Mitarbeiter umfasste im Jahre 1989 ungefähr 189.000 IM, darunter 173.000 IM der Abwehrdiensteinheiten, ferner 13.400 IM in der DDR und 1.550 IM in der Bundesrepublik, die von der Hauptverwaltung A geführt wurden, sowie diverse andere wie Zelleninformatoren usw. Auf 89 DDR-Bürger kam somit ein IM. In der Zeit von 1950 bis 1989 gab es insgesamt ca. 620.000 IM.
Die Entwicklung des IM-Netzes ist nicht allein von einem kontinuierlichen Anstieg geprägt, sondern verweist auf besondere Wachstumsphasen in Zeiten innergesellschaftlicher Krisen wie dem 17. Juni 1953 oder am Vorabend des Mauerbaus. Im Zuge der deutsch-deutschen Entspannungspolitik wurde das IM-Netz ebenfalls erweitert. So umfasste es Mitte der 70er Jahre – hochgerechnet – über 200.000 IM. Angesichts wachsender oppositioneller Bewegungen hatte es in den 80er Jahren gleichfalls ein hohes Niveau.
Die flächendeckende Überwachung der Gesellschaft fiel regional recht unterschiedlich aus. Im Land Brandenburg, das die Bezirke Cottbus, Frankfurt (Oder) und Potsdam vereint, war sie stärker als in Thüringen. Die höchste IM-Dichte wies der ehemalige Bezirk Cottbus auf.
Das MfS operierte formal nach territorialen Gesichtspunkten und Sicherungsbereichen, setzte jedoch operative Schwerpunkte in der geheimpolizeilichen Arbeit. Bezogen auf das Gesamtministerium lagen diese – sowohl auf Kreis-, als auch auf Bezirks- und Hauptabteilungsebene – bei der Volkswirtschaft, der Spionageabwehr und auf der "politischen Untergrundtätigkeit", der "Bearbeitung " von oppositionellen Milieus und den Kirchen.
Die Motive zur Kooperation mit dem MfS waren überwiegend ideeller, seltener materieller Natur, noch seltener war Erpressung der Grund. Die Kooperation währte durchschnittlich sechs bis zehn Jahre oder länger. Augenfällig ist, dass darunter nicht wenige soziale Aufsteiger waren. Der Anteil von weiblichen IM lag in der DDR bei 17 Prozent, in der Bundesrepublik bei 28 Prozent. Über die Hälfte der IM war Mitglied der SED. Von den 2,3 Mio. Mitgliedern der Partei ausgehend, waren 4 bis 5 Prozent zuletzt inoffiziell aktiv, d. h. jedes zwanzigste SED-Mitglied.
Das MfS differenzierte IM nach Kategorien: Gesellschaftliche Mitarbeiter für Sicherheit, IM zur Sicherung und Durchdringung des Verantwortungsbereichs, IM im besonderen Einsatz, Führungs-IM und IM zur Sicherung der Konspiration und des Verbindungswesens. Die wichtigste Kategorie waren IM mit "Feindverbindungen" bzw. solche, die Personen zu "bearbeiten" hatten, die "im Verdacht der Feindtätigkeit" standen. Im Laufe der 80er Jahre nahm der Anteil von IM in der Kategorie IMB bis Dezember 1988 auf rund 3.900 zu.
Der Anteil von Bundesbürgern oder Ausländern unter den IM des MfS betrug nicht einmal 2 Prozent. 1989 waren mindestens 3.000 Bundesbürger inoffiziell im Dienste des MfS, zusätzlich mehrere Hundert Ausländer. In der Zeit von 1949 bis 1989 waren insgesamt mindestens 12.000 Bundesbürger und Westberliner IM.
Die operativen Ziele des MfS waren über die gesamte Bundesrepublik Deutschland verteilt. Darüber hinaus gab es Schwerpunkte in Europa, im Nahen Osten und Asien, nachgeordnet auch in Afrika und Lateinamerika. Nachrichtendienstliche Schwerpunkte waren vor allem die Wissenschafts- und Technikspionage, erst danach die politische und mit etwas Abstand die Militärspionage. Die Bundesrepublik Deutschland wurde folglich vor allem als Ressource zur Systemstabilisierung genutzt.
Die politische Spionage diente vornehmlich dazu, die politische Gefährdungslage des herrschenden Systems in der DDR bestimmen zu können. Dieses Profil deutet an, dass die Spionage der Bewahrung des Status quo dienen sollte. Von einer Unterwanderung der Bundesrepublik war die Geheimpolizei zahlenmäßig weit entfernt. Vielmehr waren ihre inoffiziellen Mitarbeiter damit beschäftigt, das DDR-System zu stabilisieren.
Signatur: BStU, MfS, JHS, Nr. 21806, Bl. 1-359
Forschungsarbeit der Hochschule des MfS zum Umgang mit Inoffiziellen Mitarbeitern, die andere IM führen sollten. Die Arbeit gibt Empfehlungen zu allen Aspekten der Arbeit mit diesen sogenannten Führungs-IM – von der Anwerbung bis zu Sozialleistungen für hauptamtliche IM in dieser Funktion.
An der Juristischen Hochschule des Ministeriums für Staatssicherheit (JHS) in Potsdam-Golm studierten Stasi-Mitarbeiter, die für höhere Aufgaben vorgesehen waren, aber nur einen einfachen Bildungsweg beschritten hatten. Der Name der Institution war Tarnung, nur am Rande befassten sich Lehrer und Studenten mit Rechtswissenschaften. Als Kaderschmiede des MfS vermittelte die JHS vor allem das nötige Rüstzeug für die Arbeit im Apparat der Geheimpolizei. Die Mitarbeiter sollten hier eine "klassenbewusste" Allgemeinbildung und Einweisung in wissenschaftliche Standards erhalten. Daneben betrieb die Hochschule eigenständig und im Auftrag des Ministeriums einschlägige Forschungsarbeit. Die Arbeiten sollten auch praktische Erkenntnisse für die geheimpolizeiliche, im Jargon der Stasi "tschekistische" Tätigkeit der Mitarbeiter liefern.
Das vorliegende Dokument ist eine Forschungsarbeit zum Umgang mit Führungs-IM. Diese Inoffiziellen Mitarbeiter sollten andere IM und andere Zuträger der Stasi führen, und die hauptamtlichen Mitarbeiter so entlasten. Die Autoren, alle mit einem Doktorgrad für Rechtswissenschaften der JHS ausgestattet, befassen sich mit allen Aspekten der Arbeit mit Führungs-IM. Ihre Untersuchungen und Empfehlungen reichen von der Gewinnung geeigneter Personen für diese Aufgabe bis hin zu Sozialleistungen und Motivationsmöglichkeiten für hauptamtliche IM in dieser Funktion.
Damit wird nochmals unterstrichen, daß die verschiedenen Gesichtspunkte der Zusammensetzung keine formale, sondern eine konkrete inhaltliche operative und leitungsmäßige Aufgabenstellung ist.
2.5. Die Aufgaben und Maßnahmen zur Gewährleistung der Konspiration und Sicherheit hauptamtlicher Führungs-IM auf längere Zeit
Die Gewährleistung der Konspiration und Sicherheit ist ein Eckpfeiler in der gesamten Arbeit mit Führungs-IM. Bereits im ersten Kapitel der Arbeit wurde der Nachweis erbracht, daß eine wesentliche Seite zur Erhöhung der Qualität der Zusammenarbeit mit Führungs-IM in der konsequenten Wahrung der Konspiration besteht und herausgearbeitet, auf welche inhaltlichen Fragen sich die Leiter und operativen Mitarbeiter konzentrieren müssen.
Jetzt soll aufgezeigt werden, welche Probleme zur Einhaltung und Durchsetzung der Konspiration und Sicherheit der Führungs-IM in der täglichen operativen Arbeit wie realisiert werden müssen. Es ist vor allem zu sichern, daß relativ einheitliche, verbindliche und reale Normative für die Gestaltung der konspirativen Zusammenarbeit mit Führungs-IM anerkannt und praktisch durchgesetzt werden.
Wie notwendig es ist, solche Normative zu entwickeln und mit aller Konsequenz in der täglichen operativen Arbeit durchzusetzen, beweisen unter anderem die zur Zeit noch vorhandenen Schwierigkeiten in verschiedenen Diensteinheiten. Insbesondere trifft dies auf die praktische Gestaltung der Zusammenarbeit mit hauptamtlichen Führungs-IM zu, da die Erfahrungen auf diesem Gebiet noch sehr unterschiedlich ausgeprägt sind. Zum anderen entstehen bei der Schaffung und in der ständigen Zusammenarbeit mit hauptamtlichen Führungs-IM weitergehende Aufgaben, die bei ehrenamtlichen und halbhauptamtlichen Führungs-IM nicht stehen.
Anwerbung war in den Jahren 1950 bis 1968 die Bezeichnung des MfS für die Werbung von IM für die konspirative Arbeit. Im Vorfeld der Anwerbung war die Person sorgfältig, aber konspirativ zu überprüfen. In der Regel hatte der Angeworbene die Bereitschaft zur Kooperation schriftlich zu erklären und sich dabei einen Decknamen auszuwählen. Über die Anwerbung selbst war vom Führungsoffizier ein detaillierter Bericht zu fertigen.
Von 1968 bis 1989 geltende Bezeichnung für IM, die mit der Führung anderer IM und GMS beauftragt waren, vormals Geheimer Hauptinformator genannt. Die FIM konnten bei Auftragsvergabe und Verbindungshaltung relativ selbständig agieren. Mit dem Aufbau von FIM-Netzen zielte das MfS auf die Durchdringung bestimmter Bereiche, Einrichtungen oder Personenkreise.
Zuletzt gab es 4591 FIM. Die HV A arbeitete ebenfalls mit FIM, die dort die Aufgaben der vormaligen Geheimen Hauptmitarbeiter übernahmen. Der FIM konnte wiederum einem Residenten unterstellt sein und mit den Quellen Kontakt unterhalten. Die HV A leitete 1988 im sog. Operationsgebiet zuletzt 26 bundesdeutsche FIM.
Inoffizielle Mitarbeiter (IM) waren das wichtigste Instrument des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS), um primär Informationen über Bürger, die Gesellschaft, ihre Institutionen und Organisationen der DDR oder im Ausland zu gewinnen. Unter Umständen hatten IM auf Personen oder Ereignisse in der DDR steuernden Einfluss zu nehmen.
In der DDR-Gesellschaft hießen sie "Spitzel", "Denunzianten" oder "Kundschafter". Mit der deutschen Einheit hat sich die Bezeichnung Inoffizieller Mitarbeiter des MfS für die heimlichen Zuträger etabliert. Sie lieferten u. a. Informationen über Stimmungen und Meinungen in der Bevölkerung.
Die SED-Führung wollte stets über die konkrete Situation und Lage in der DDR unterrichtet sein. Die IM hatten den Auftrag, "staatsgefährdende" Bestrebungen zu ermitteln, was beim MfS "politisch ideologische Diversion" bzw. "politische Untergrundtätigkeit" hieß. Der Bogen hierfür war weit gespannt und reichte von einer privaten Meinungsäußerung bis hin zu politischen Aktivitäten. Überdies sollten sie, wenn auch selten, direkt auf gesellschaftliche Entwicklungen oder einzelne Personen einwirken.
Die IM waren das wichtigste Repressionsinstrument in der DDR. IM wurden auf bestimmte Schwerpunkte angesetzt, von denen tatsächliche oder vermeintliche Gefahren ausgehen konnten. Diese Objekte und Territorien, Bereiche oder Personen waren so zahlreich, dass die geheimpolizeiliche Durchdringung tendenziell den Charakter einer flächendeckenden Überwachung annahm.
Die Anzahl der vom MfS geführten inoffiziellen Mitarbeiter umfasste im Jahre 1989 ungefähr 189.000 IM, darunter 173.000 IM der Abwehrdiensteinheiten, ferner 13.400 IM in der DDR und 1.550 IM in der Bundesrepublik, die von der Hauptverwaltung A geführt wurden, sowie diverse andere wie Zelleninformatoren usw. Auf 89 DDR-Bürger kam somit ein IM. In der Zeit von 1950 bis 1989 gab es insgesamt ca. 620.000 IM.
Die Entwicklung des IM-Netzes ist nicht allein von einem kontinuierlichen Anstieg geprägt, sondern verweist auf besondere Wachstumsphasen in Zeiten innergesellschaftlicher Krisen wie dem 17. Juni 1953 oder am Vorabend des Mauerbaus. Im Zuge der deutsch-deutschen Entspannungspolitik wurde das IM-Netz ebenfalls erweitert. So umfasste es Mitte der 70er Jahre – hochgerechnet – über 200.000 IM. Angesichts wachsender oppositioneller Bewegungen hatte es in den 80er Jahren gleichfalls ein hohes Niveau.
Die flächendeckende Überwachung der Gesellschaft fiel regional recht unterschiedlich aus. Im Land Brandenburg, das die Bezirke Cottbus, Frankfurt (Oder) und Potsdam vereint, war sie stärker als in Thüringen. Die höchste IM-Dichte wies der ehemalige Bezirk Cottbus auf.
Das MfS operierte formal nach territorialen Gesichtspunkten und Sicherungsbereichen, setzte jedoch operative Schwerpunkte in der geheimpolizeilichen Arbeit. Bezogen auf das Gesamtministerium lagen diese – sowohl auf Kreis-, als auch auf Bezirks- und Hauptabteilungsebene – bei der Volkswirtschaft, der Spionageabwehr und auf der "politischen Untergrundtätigkeit", der "Bearbeitung " von oppositionellen Milieus und den Kirchen.
Die Motive zur Kooperation mit dem MfS waren überwiegend ideeller, seltener materieller Natur, noch seltener war Erpressung der Grund. Die Kooperation währte durchschnittlich sechs bis zehn Jahre oder länger. Augenfällig ist, dass darunter nicht wenige soziale Aufsteiger waren. Der Anteil von weiblichen IM lag in der DDR bei 17 Prozent, in der Bundesrepublik bei 28 Prozent. Über die Hälfte der IM war Mitglied der SED. Von den 2,3 Mio. Mitgliedern der Partei ausgehend, waren 4 bis 5 Prozent zuletzt inoffiziell aktiv, d. h. jedes zwanzigste SED-Mitglied.
Das MfS differenzierte IM nach Kategorien: Gesellschaftliche Mitarbeiter für Sicherheit, IM zur Sicherung und Durchdringung des Verantwortungsbereichs, IM im besonderen Einsatz, Führungs-IM und IM zur Sicherung der Konspiration und des Verbindungswesens. Die wichtigste Kategorie waren IM mit "Feindverbindungen" bzw. solche, die Personen zu "bearbeiten" hatten, die "im Verdacht der Feindtätigkeit" standen. Im Laufe der 80er Jahre nahm der Anteil von IM in der Kategorie IMB bis Dezember 1988 auf rund 3.900 zu.
Der Anteil von Bundesbürgern oder Ausländern unter den IM des MfS betrug nicht einmal 2 Prozent. 1989 waren mindestens 3.000 Bundesbürger inoffiziell im Dienste des MfS, zusätzlich mehrere Hundert Ausländer. In der Zeit von 1949 bis 1989 waren insgesamt mindestens 12.000 Bundesbürger und Westberliner IM.
Die operativen Ziele des MfS waren über die gesamte Bundesrepublik Deutschland verteilt. Darüber hinaus gab es Schwerpunkte in Europa, im Nahen Osten und Asien, nachgeordnet auch in Afrika und Lateinamerika. Nachrichtendienstliche Schwerpunkte waren vor allem die Wissenschafts- und Technikspionage, erst danach die politische und mit etwas Abstand die Militärspionage. Die Bundesrepublik Deutschland wurde folglich vor allem als Ressource zur Systemstabilisierung genutzt.
Die politische Spionage diente vornehmlich dazu, die politische Gefährdungslage des herrschenden Systems in der DDR bestimmen zu können. Dieses Profil deutet an, dass die Spionage der Bewahrung des Status quo dienen sollte. Von einer Unterwanderung der Bundesrepublik war die Geheimpolizei zahlenmäßig weit entfernt. Vielmehr waren ihre inoffiziellen Mitarbeiter damit beschäftigt, das DDR-System zu stabilisieren.
Konspiration war das Grundprinzip der nachrichtendienstlichen und geheimpolizeilichen Arbeit des MfS, das den Einsatz von inoffiziellen Kräften und anderen verdeckten Mitteln und Methoden sowie die weitgehende Geheimhaltung der eigenen Tätigkeit auch gegenüber anderen DDR-Organen und dem SED-Parteiapparat beinhaltet. Eine besondere Rolle spielt die Konspiration bei den Verhaltensregeln für IM, GMS, HIM, OibE und Führungsoffiziere, welche über die inoffiziellen Beziehungen zum MfS zu schweigen bzw. inoffizielle Handlungen für das MfS geheimzuhalten, zu tarnen oder zu verschleiern hatten.
Dissertation "Die Planung der politisch-operativen Arbeit im Ministerium für Staatssicherheit" Dokument, 298 Seiten
Richtlinie 1/79 für die Arbeit mit Inoffiziellen Mitarbeitern und Gesellschaftlichen Mitarbeitern für Sicherheit Dokument, 65 Seiten
Dissertation "Zur Rolle und dem aktuell-politischen Inhalt eines aufgabenbezogenen Feindbildes in der Zusammenarbeit mit IM" Dokument, 363 Seiten
Diplomarbeit: "Aufgaben eines Leiters der Hauptabteilung I im Umgang mit IMs" Dokument, 63 Seiten