Signatur: BArch, MfS, SED-Kreisleitung, Nr. 242, Bl. 1-11
Nur sorgfältig ausgewählte Touristen aus der DDR durften zu den Olympischen Spielen reisen. Das Zentralkomitee der SED formulierte Kriterien für die Auswahl geeigneter Kandidaten.
Bei den XX. Olympischen Sommerspielen in München 1972 entsandte die DDR das erste Mal eine Mannschaft mit eigenen Staatssymbolen. Vier Jahre davor in Mexiko gab es zwar auch schon zwei getrennte deutsche Teams, doch traten die noch unter gemeinsamer Flagge und Hymne an. Ausgerechnet in der Bundesrepublik bekam die DDR nun die Möglichkeit, als souveräner Staat aufzutreten und internationale Anerkennung zu verbuchen. Die DDR-Führung betrachtete ihre Athleten gerne als „Diplomaten im Trainingsanzug“. Sie sollten die Welt von der Überlegenheit des Sozialismus überzeugen.
Für das Ministerium für Staatssicherheit bedeuteten die Olympischen Spiele dementsprechend eine große Herausforderung. Es galt die DDR-Mannschaft abzusichern, unabhängige Berichterstattung über die Olympiade möglichst zu unterbinden, Werbung aus dem Westen zu unterfangen, Doping zu verheimlichen und zu verhindern, dass ostdeutsche Athleten in der Bundesrepublik bleiben würden.
Die umfangreichen Maßnahmen erforderten teilweise jahrelange Vorbereitungen. Stasi-intern liefen diese unter dem Decknamen Aktion "Flamme". Dazu gehörten die frühzeitige Überprüfung der Mannschaft und der mitreisenden Touristen als auch später die Überwachung durch Inoffizielle Mitarbeiter während der Olympiade.
3. Informationsbüro für ausländische Besucher in Bezug auf die Fremdenverkehrswerbung und Ausgabe von Material zur Selbstdarstellung der DDR auf
Anforderung. Eine Information für westdeutsche und Westberliner Bürger ist nicht vorgesehen.
Die Einrichtung des Büros ist nur unter folgenden Bedingungen vorzunehmen:
-Offizielle Bezeichnung und Beschriftung des Büros mit dem vollen Namen des Reisebüros der DDR
-Vertraglich gesicherte Unterstützung seitens des westdeutschen Partners zur Sicherung der Durchführung der Aufgaben des Büros. Dabei ist zu prüfen,
ob dieses Büro den kommunalen Organen vor Eröffnung durch den westdeutschen Partner bekanntgemacht wird, um die Verwaltungsorgane offiziell zu
informieren.
Es wird empfohlen, das Büro des Reisebüros der DDR zusammen mit den Büros anderer Organisationen der DDR in einem geschlossenen Informationszentrum
der DDR unterzubringen.
Es wird vorgeschlagen, zu gegebener Zeit auf diplomatischem Wege die sozialistischen Staaten von unserem Vorhaben der Entsendung von Touristen zu den
Olympischen Spielen München 1972 durch das Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten zu informieren und durch die Generaldirektion des Reisebüros der
DDR eine Information und Konsultation mit den Partnerbüros des Reisebüros der DDR im sozialistischen Ausland durchzuführen.
Bei der Werbung handelte es sich um die Herbeiführung einer Entscheidung von Personen (IM-Kandidat) zur inoffiziellen Zusammenarbeit mit dem MfS (bis 1968 auch gebräuchlicher bezeichnet als Anwerbung).
Im Operationsgebiet gab es selten auch die Werbung unter falscher Flagge, bei der ein Mitarbeiter des MfS als Angehöriger einer anderen Einrichtung getarnt in Erscheinung trat. Die Durchführung der Werbung war sorgfältig vorzubereiten und hatte in einen Werbungsvorschlag zu münden, der von übergeordneten Leitern bestätigt werden musste. Der Vorschlag sollte eine Analyse der Kandidatenpersönlichkeit, das Werbungsziel, die "Werbungsgrundlage" und das methodische Vorgehen, Zeit, Ort und Inhalt des geplanten "Werbegesprächs", Verhaltensvarianten, Art und Weise der Verpflichtung sowie alle Absicherungsmaßnahmen enthalten. Die getroffenen Festlegungen waren in einem Bericht zu dokumentieren.
Häufig gingen dem eigentlichen Werbungsgespräch Kontaktgespräche voraus, bei denen der Kandidat allmählich an die Werbung herangeführt werden sollte. Bei der Werbung sollten auch Interessen des Kandidaten eine Rolle spielen, da das MfS davon ausging, dass dieser für sich "Aufwand, Nutzen und Risiko" gegeneinander abwägen würde.
Das MfS unterschied drei kategorial unterschiedliche "Werbungsgrundlagen":
Letztere spielten häufig bei Werbung unter Druck, zum Beispiel unter Heranziehung kompromitierender Informationen (Kompromat) eine Rolle.
Bei der Werbung war dem Kandidaten möglichst das Gefühl zu geben, seine Entscheidung würde frei und wohlüberlegt fallen. Ihre Ernsthaftigkeit sollte durch die Preisgabe interner beruflicher oder privater Kenntnisse unterstrichen werden. Ziel der Werbung war im Regelfall eine förmliche Verpflichtung. Teil der Werbung war ein erster operativer Auftrag. Die vorab getroffenen Festlegungen waren im Werbungsvorschlag, die durchgeführte Werbung im Werbungsbericht zu dokumentieren.
Signatur: BArch, BdL/Dok, Nr. 1462, Bl. 1-7
Zu den Olympischen Spielen sollten aus der DDR nur sorgfältig ausgewählte Touristen reisen dürfen. Das Zentralkomitee der SED erarbeitete die Kriterien für die Auswahl geeigneter Kandidaten.
Bei den XX. Olympischen Sommerspielen in München 1972 entsandte die DDR das erste Mal eine eigene Mannschaft unter Präsentation der eigenen Staatssymbole. Ausgerechnet in der Bundesrepublik bekam die DDR nun die Möglichkeit ihrem Bemühen um internationale Anerkennung nachzugehen. Die DDR-Führung betrachtete dabei ihre Athleten gerne als "Diplomaten im Trainingsanzug". Sie sollten nun die Welt von der Überlegenheit des Sozialismus überzeugen.
Für das Ministerium für Staatssicherheit bedeuteten die Olympischen Spiele dementsprechend eine große Herausforderung. Es galt die DDR-Mannschaft abzusichern, Spionagebemühungen des Westens zu vereiteln, das Doping zu verheimlichen und nicht zuletzt zu verhindern, dass sich ostdeutsche Athleten in die "freie Welt" absetzten.
Eine der großen Herausforderungen waren die Eintrittskarten und Reiseanträge der DDR-Bürgerinnen und -Bürger. Einfach Touristen mitreisen zu lassen war undenkbar. Sie hätten die Westdeutschen anfeuern oder die Reise zur Republikflucht nutzen können. Auch hier versuchte die Stasi nichts dem Zufall zu überlassen. Das Zentralkomitee der SED beschloss, "Touristendelegationen" aus allen Bezirken der DDR zu bilden. Nur die Bürgerinnen und Bürger durften daran teilnehmen, die vom MfS durchleuchtet wurden. Mit durfte nur, wer die "richtigen" Prinzipien und Charaktereigenschaften hatte und auf deren politisch ideologische Einstellung Verlass war.
Ministerrat der Deutschen Demokratischen Republik
Ministerium für Staatssicherheit
Der Minister
Bezirksverwaltung für
Staatssicherheit
Leiter
Vertrauliche Verschlußsache
Berlin, den 22.12. 1971
Touristendelegation zu den Olympischen Sommerspielen 1972
in München
Entsprechend dem Beschluß des Sekretariats des ZK der SED vom 29. April 1970 über die Teilnahme, Zusammensetzung und politische Vorbereitung von Touristen Sommerspielen 1972 in München nehmen 2 000 Bürger der DDR al Spielen teil. Diese 2 000 Touristen werden in zwei Gruppen von je 1 000 Bürgern zu unterschiedlichen Terminen an den Olympischen Spielen 1972 in München teilnehmen.
Es ist vorgesehen, daß aus Ihrem Bezirk Bürger an den
Olympischen Sommerspielen als Touristen teilnehmen.
Gemäß Beschluß des Sekretariats des ZK der SED vom 29.4.1970
wurden durch die Bezirksleitungen der SED Kaderkommissionen
gebildet, die jeweils undter Leitung des 2. Sekretärs der Bezirksleitung der SED stehen. Diesen Kaderkommission außerdem der 1. Sekretär der Bezirksleitung der FDJ, der stellvertretende Vorsitzende des Bezirksvorstandes des DTSB für Org.-Kader und 1 Sekretär des Bezirksvorstandes des FDGB an.
Die Grundlage für die Arbeit dieser Kommissionen bilden der Beschluß des Sekretariats des ZK der SED vom 29.4.1970, die Ergänzung und die Direktive für die Auswahl und die politische Vorbereitung g von Touristen für die Teilnahme an den Olympischen
Spiele 72 in München vom 17.11.1971.
Aus dem in der Anlage beigefügten Auszug aus der Direktive für die Auswahl und die politische Vorbereitung von Touristen für die Teilnahme an den Olympischen Spielen 1972 in München sind die Arbeitsweise dieser Kaderkommissionen, ihre Verantwortlichkeit für die Auswahl, Bestätigung und Vorbereitung der Touristen zur Teilnahme an den Olympischen Spielen 1972 und die Prinzipien und kadermäßigen Anforderungen für die Auswahl der Touristen ersichtlich.
Straftaten gegen die staatliche Ordnung
Straftaten gegen die staatliche Ordnung waren Straftatbestände des 8. Kapitels des StGB/1968. Insbesondere der 2. Abschnitt ("Straftaten gegen die staatliche und öffentliche Ordnung") enthält politische Strafnormen, die für die strafrechtliche Untersuchungstätigkeit der Staatssicherheit (Untersuchungsorgan) von großer Bedeutung waren.
Das gilt vor allem für § 213 ("Ungesetzlicher Grenzübertritt"), der in der Honecker-Ära Grundlage von rund der Hälfte aller MfS-Ermittlungsverfahren war. Auch § 214 ("Beeinträchtigung staatlicher und gesellschaftlicher Tätigkeit") spielte, vor allem im Zusammenhang mit der Bekämpfung von Ausreiseantragstellern, in den 80er Jahren eine immer wichtigere Rolle.
Ähnliches gilt für § 219 ("Ungesetzliche Verbindungsaufnahme") und § 220 ("Öffentliche Herabwürdigung der staatlichen Ordnung"), die die ähnlichen, aber schwerer wiegenden Strafnormen aus dem 2. Kapitel des StGB/1968 § 100 ("Staatsfeindliche Verbindungen", ab 1979 "Landesverräterische Agententätigkeit") und § 106 ("Staatsfeindliche Hetze") weitgehend verdrängten (Staatsverbrechen).
Straftaten gegen die staatliche Ordnung
Straftaten gegen die staatliche Ordnung waren Straftatbestände des 8. Kapitels des StGB/1968. Insbesondere der 2. Abschnitt ("Straftaten gegen die staatliche und öffentliche Ordnung") enthält politische Strafnormen, die für die strafrechtliche Untersuchungstätigkeit der Staatssicherheit (Untersuchungsorgan) von großer Bedeutung waren.
Das gilt vor allem für § 213 ("Ungesetzlicher Grenzübertritt"), der in der Honecker-Ära Grundlage von rund der Hälfte aller MfS-Ermittlungsverfahren war. Auch § 214 ("Beeinträchtigung staatlicher und gesellschaftlicher Tätigkeit") spielte, vor allem im Zusammenhang mit der Bekämpfung von Ausreiseantragstellern, in den 80er Jahren eine immer wichtigere Rolle.
Ähnliches gilt für § 219 ("Ungesetzliche Verbindungsaufnahme") und § 220 ("Öffentliche Herabwürdigung der staatlichen Ordnung"), die die ähnlichen, aber schwerer wiegenden Strafnormen aus dem 2. Kapitel des StGB/1968 § 100 ("Staatsfeindliche Verbindungen", ab 1979 "Landesverräterische Agententätigkeit") und § 106 ("Staatsfeindliche Hetze") weitgehend verdrängten (Staatsverbrechen).
Im Zusammenhang mit der Verwaltungsreform der DDR vom Sommer 1952 wurden die fünf Länderverwaltungen für Staatssicherheit (LVfS) in 14 Bezirksverwaltungen umgebildet. Daneben bestanden die Verwaltung für Staatssicherheit Groß-Berlin und die Objektverwaltung "W" (Wismut) mit den Befugnissen einer BV. Letztere wurde 1982 als zusätzlicher Stellvertreterbereich "W" in die Struktur der BV Karl-Marx-Stadt eingegliedert.
Der Apparat der Zentrale des MfS Berlin und der der BV waren analog strukturiert und nach dem Linienprinzip organisiert. So waren die Hauptabteilung II in der Zentrale bzw. die Abteilungen II der BV für die Schwerpunkte der Spionageabwehr zuständig usw. Auf der Linie der Hauptverwaltung A waren die Abteilung XV der BV aktiv. Einige Zuständigkeiten behielt sich die Zentrale vor: so die Militärabwehr (Hauptabteilung I) und die internationalen Verbindungen (Abteilung X) oder die Arbeit des Büros für Besuchs- und Reiseangelegenheiten in Westberlin (Abteilung XVII). Für einige Aufgabenstellungen wurde die Bildung bezirklicher Struktureinheiten für unnötig erachtet. So gab es in den 60er und 70er Jahren für die Abteilung XXI und das Büro der Leitung II Referenten für Koordinierung (RfK) bzw. Offiziere BdL II. Für spezifische Aufgaben gab es territorial bedingte Diensteinheiten bei einigen BV, z. B. in Leipzig ein selbständiges Referat (sR) Messe, in Rostock die Abt. Hafen.
An der Spitze der BV standen der Leiter (Chef) und zwei Stellv. Operativ. Der Stellv. für Aufklärung fungierte zugleich als Leiter der Abt. XV. Die Schaffung des Stellvertreterbereichs Operative Technik im MfS Berlin im Jahre 1986 führte in den BV zur Bildung von Stellv. für Operative Technik/Sicherstellung.
1956 entstanden durch Umbenennung der Abteilung Allgemeines. Aufgaben des Büros der Leitung waren unter anderem
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Signatur: BArch, BdL/Dok, Nr. 1462, Bl. 1-7
Zu den Olympischen Spielen sollten aus der DDR nur sorgfältig ausgewählte Touristen reisen dürfen. Das Zentralkomitee der SED erarbeitete die Kriterien für die Auswahl geeigneter Kandidaten.
Bei den XX. Olympischen Sommerspielen in München 1972 entsandte die DDR das erste Mal eine eigene Mannschaft unter Präsentation der eigenen Staatssymbole. Ausgerechnet in der Bundesrepublik bekam die DDR nun die Möglichkeit ihrem Bemühen um internationale Anerkennung nachzugehen. Die DDR-Führung betrachtete dabei ihre Athleten gerne als "Diplomaten im Trainingsanzug". Sie sollten nun die Welt von der Überlegenheit des Sozialismus überzeugen.
Für das Ministerium für Staatssicherheit bedeuteten die Olympischen Spiele dementsprechend eine große Herausforderung. Es galt die DDR-Mannschaft abzusichern, Spionagebemühungen des Westens zu vereiteln, das Doping zu verheimlichen und nicht zuletzt zu verhindern, dass sich ostdeutsche Athleten in die "freie Welt" absetzten.
Eine der großen Herausforderungen waren die Eintrittskarten und Reiseanträge der DDR-Bürgerinnen und -Bürger. Einfach Touristen mitreisen zu lassen war undenkbar. Sie hätten die Westdeutschen anfeuern oder die Reise zur Republikflucht nutzen können. Auch hier versuchte die Stasi nichts dem Zufall zu überlassen. Das Zentralkomitee der SED beschloss, "Touristendelegationen" aus allen Bezirken der DDR zu bilden. Nur die Bürgerinnen und Bürger durften daran teilnehmen, die vom MfS durchleuchtet wurden. Mit durfte nur, wer die "richtigen" Prinzipien und Charaktereigenschaften hatte und auf deren politisch ideologische Einstellung Verlass war.
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Zur Durchführung der spezifischen Sicherheitsmaßnahmen des MfS im Rahmen dieses Verfahrens der Auswahl, Bestätigung und Vorbereitung der Touristen ist Ihrerseits Verbindung mit dem 1. Sekretär der Bezirksleitung der SED aufzunehmen und mit diesem eine Abstimmung über die durchzuführenden Aufgaben vorzunehmen.
Sie haben durch politisch-operative Maßnahmen Ihrer Bezirks-verwaltung/Verwaltung zu gewährleisten, daß
1. durch die von Ihrer Bezirksverwaltung/Verwaltung durchzuführenden politisch operativen Überprüfungsmaßnahmen der vorgesehenen Touristen ist zu garantieren, daß keine feindlichen Elemente in die Delegationen aufgenommen werden, kein Republikverrat begangen wird und nur solche Bürger ausgewählt werden, die die DDR während der Olympischen Spiele 1972 würdig vertreten. Die Ergebnisse der Überprüfungsmaßnahmen Ihrer Bezirksverwaltung/Verwaltung sind mit dem 2. Sekretär der Bezirksleitung der SED auszuwerten;
2. bei der Auswahl der Kader darauf Einfluß genommen wird, in jede der vorgesehenen 2 Touristengruppen überprüfte, zuverlässige IM einbezogen werden, die in der Lage sind, die vom 2fS zu-lösenden Aufgaben während der Olympischen Sommerspiele 1972 in München durchzuführen. Als Richtzahl ist zu nehmen, daß sich unter 10 Touristen ein IM befindet. Die Einweisung und Aufgabenstellung für diese IM erfolgt zu einem späteren Zeitpunkt.
3. bis zum 20.1.1972 eine Liste mit den Personalien der aus Ihrem Bezirk bestätigten Touristen an meinen Stellvertreter, Genossen Generalmajor Schröder, übersandt wird.
4. bis zum 31.1.1972 eine Aufstellung der für die
Arbeit innerhalb der Touristengruppen während der Olympischen Sommerspiele 1972 in München vorgesehenen IM unter Angabe des Decknamens und einer kurzen Einschätzung der Eignung für den politisch-operativen Einsatz in München an meinen Stellvertreter, Genossen Generalmajor Schröder, übersandt wird.
[Unterschrift Mielke]
Generaloberst
Anlage
Straftaten gegen die staatliche Ordnung
Straftaten gegen die staatliche Ordnung waren Straftatbestände des 8. Kapitels des StGB/1968. Insbesondere der 2. Abschnitt ("Straftaten gegen die staatliche und öffentliche Ordnung") enthält politische Strafnormen, die für die strafrechtliche Untersuchungstätigkeit der Staatssicherheit (Untersuchungsorgan) von großer Bedeutung waren.
Das gilt vor allem für § 213 ("Ungesetzlicher Grenzübertritt"), der in der Honecker-Ära Grundlage von rund der Hälfte aller MfS-Ermittlungsverfahren war. Auch § 214 ("Beeinträchtigung staatlicher und gesellschaftlicher Tätigkeit") spielte, vor allem im Zusammenhang mit der Bekämpfung von Ausreiseantragstellern, in den 80er Jahren eine immer wichtigere Rolle.
Ähnliches gilt für § 219 ("Ungesetzliche Verbindungsaufnahme") und § 220 ("Öffentliche Herabwürdigung der staatlichen Ordnung"), die die ähnlichen, aber schwerer wiegenden Strafnormen aus dem 2. Kapitel des StGB/1968 § 100 ("Staatsfeindliche Verbindungen", ab 1979 "Landesverräterische Agententätigkeit") und § 106 ("Staatsfeindliche Hetze") weitgehend verdrängten (Staatsverbrechen).
Straftaten gegen die staatliche Ordnung
Straftaten gegen die staatliche Ordnung waren Straftatbestände des 8. Kapitels des StGB/1968. Insbesondere der 2. Abschnitt ("Straftaten gegen die staatliche und öffentliche Ordnung") enthält politische Strafnormen, die für die strafrechtliche Untersuchungstätigkeit der Staatssicherheit (Untersuchungsorgan) von großer Bedeutung waren.
Das gilt vor allem für § 213 ("Ungesetzlicher Grenzübertritt"), der in der Honecker-Ära Grundlage von rund der Hälfte aller MfS-Ermittlungsverfahren war. Auch § 214 ("Beeinträchtigung staatlicher und gesellschaftlicher Tätigkeit") spielte, vor allem im Zusammenhang mit der Bekämpfung von Ausreiseantragstellern, in den 80er Jahren eine immer wichtigere Rolle.
Ähnliches gilt für § 219 ("Ungesetzliche Verbindungsaufnahme") und § 220 ("Öffentliche Herabwürdigung der staatlichen Ordnung"), die die ähnlichen, aber schwerer wiegenden Strafnormen aus dem 2. Kapitel des StGB/1968 § 100 ("Staatsfeindliche Verbindungen", ab 1979 "Landesverräterische Agententätigkeit") und § 106 ("Staatsfeindliche Hetze") weitgehend verdrängten (Staatsverbrechen).
Im Zusammenhang mit der Verwaltungsreform der DDR vom Sommer 1952 wurden die fünf Länderverwaltungen für Staatssicherheit (LVfS) in 14 Bezirksverwaltungen umgebildet. Daneben bestanden die Verwaltung für Staatssicherheit Groß-Berlin und die Objektverwaltung "W" (Wismut) mit den Befugnissen einer BV. Letztere wurde 1982 als zusätzlicher Stellvertreterbereich "W" in die Struktur der BV Karl-Marx-Stadt eingegliedert.
Der Apparat der Zentrale des MfS Berlin und der der BV waren analog strukturiert und nach dem Linienprinzip organisiert. So waren die Hauptabteilung II in der Zentrale bzw. die Abteilungen II der BV für die Schwerpunkte der Spionageabwehr zuständig usw. Auf der Linie der Hauptverwaltung A waren die Abteilung XV der BV aktiv. Einige Zuständigkeiten behielt sich die Zentrale vor: so die Militärabwehr (Hauptabteilung I) und die internationalen Verbindungen (Abteilung X) oder die Arbeit des Büros für Besuchs- und Reiseangelegenheiten in Westberlin (Abteilung XVII). Für einige Aufgabenstellungen wurde die Bildung bezirklicher Struktureinheiten für unnötig erachtet. So gab es in den 60er und 70er Jahren für die Abteilung XXI und das Büro der Leitung II Referenten für Koordinierung (RfK) bzw. Offiziere BdL II. Für spezifische Aufgaben gab es territorial bedingte Diensteinheiten bei einigen BV, z. B. in Leipzig ein selbständiges Referat (sR) Messe, in Rostock die Abt. Hafen.
An der Spitze der BV standen der Leiter (Chef) und zwei Stellv. Operativ. Der Stellv. für Aufklärung fungierte zugleich als Leiter der Abt. XV. Die Schaffung des Stellvertreterbereichs Operative Technik im MfS Berlin im Jahre 1986 führte in den BV zur Bildung von Stellv. für Operative Technik/Sicherstellung.
1956 entstanden durch Umbenennung der Abteilung Allgemeines. Aufgaben des Büros der Leitung waren unter anderem
Inoffizielle Mitarbeiter (IM) waren das wichtigste Instrument des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS), um primär Informationen über Bürger, die Gesellschaft, ihre Institutionen und Organisationen der DDR oder im Ausland zu gewinnen. Unter Umständen hatten IM auf Personen oder Ereignisse in der DDR steuernden Einfluss zu nehmen.
In der DDR-Gesellschaft hießen sie "Spitzel", "Denunzianten" oder "Kundschafter". Mit der deutschen Einheit hat sich die Bezeichnung Inoffizieller Mitarbeiter des MfS für die heimlichen Zuträger etabliert. Sie lieferten u. a. Informationen über Stimmungen und Meinungen in der Bevölkerung.
Die SED-Führung wollte stets über die konkrete Situation und Lage in der DDR unterrichtet sein. Die IM hatten den Auftrag, "staatsgefährdende" Bestrebungen zu ermitteln, was beim MfS "politisch ideologische Diversion" bzw. "politische Untergrundtätigkeit" hieß. Der Bogen hierfür war weit gespannt und reichte von einer privaten Meinungsäußerung bis hin zu politischen Aktivitäten. Überdies sollten sie, wenn auch selten, direkt auf gesellschaftliche Entwicklungen oder einzelne Personen einwirken.
Die IM waren das wichtigste Repressionsinstrument in der DDR. IM wurden auf bestimmte Schwerpunkte angesetzt, von denen tatsächliche oder vermeintliche Gefahren ausgehen konnten. Diese Objekte und Territorien, Bereiche oder Personen waren so zahlreich, dass die geheimpolizeiliche Durchdringung tendenziell den Charakter einer flächendeckenden Überwachung annahm.
Die Anzahl der vom MfS geführten inoffiziellen Mitarbeiter umfasste im Jahre 1989 ungefähr 189.000 IM, darunter 173.000 IM der Abwehrdiensteinheiten, ferner 13.400 IM in der DDR und 1.550 IM in der Bundesrepublik, die von der Hauptverwaltung A geführt wurden, sowie diverse andere wie Zelleninformatoren usw. Auf 89 DDR-Bürger kam somit ein IM. In der Zeit von 1950 bis 1989 gab es insgesamt ca. 620.000 IM.
Die Entwicklung des IM-Netzes ist nicht allein von einem kontinuierlichen Anstieg geprägt, sondern verweist auf besondere Wachstumsphasen in Zeiten innergesellschaftlicher Krisen wie dem 17. Juni 1953 oder am Vorabend des Mauerbaus. Im Zuge der deutsch-deutschen Entspannungspolitik wurde das IM-Netz ebenfalls erweitert. So umfasste es Mitte der 70er Jahre – hochgerechnet – über 200.000 IM. Angesichts wachsender oppositioneller Bewegungen hatte es in den 80er Jahren gleichfalls ein hohes Niveau.
Die flächendeckende Überwachung der Gesellschaft fiel regional recht unterschiedlich aus. Im Land Brandenburg, das die Bezirke Cottbus, Frankfurt (Oder) und Potsdam vereint, war sie stärker als in Thüringen. Die höchste IM-Dichte wies der ehemalige Bezirk Cottbus auf.
Das MfS operierte formal nach territorialen Gesichtspunkten und Sicherungsbereichen, setzte jedoch operative Schwerpunkte in der geheimpolizeilichen Arbeit. Bezogen auf das Gesamtministerium lagen diese – sowohl auf Kreis-, als auch auf Bezirks- und Hauptabteilungsebene – bei der Volkswirtschaft, der Spionageabwehr und auf der "politischen Untergrundtätigkeit", der "Bearbeitung " von oppositionellen Milieus und den Kirchen.
Die Motive zur Kooperation mit dem MfS waren überwiegend ideeller, seltener materieller Natur, noch seltener war Erpressung der Grund. Die Kooperation währte durchschnittlich sechs bis zehn Jahre oder länger. Augenfällig ist, dass darunter nicht wenige soziale Aufsteiger waren. Der Anteil von weiblichen IM lag in der DDR bei 17 Prozent, in der Bundesrepublik bei 28 Prozent. Über die Hälfte der IM war Mitglied der SED. Von den 2,3 Mio. Mitgliedern der Partei ausgehend, waren 4 bis 5 Prozent zuletzt inoffiziell aktiv, d. h. jedes zwanzigste SED-Mitglied.
Das MfS differenzierte IM nach Kategorien: Gesellschaftliche Mitarbeiter für Sicherheit, IM zur Sicherung und Durchdringung des Verantwortungsbereichs, IM im besonderen Einsatz, Führungs-IM und IM zur Sicherung der Konspiration und des Verbindungswesens. Die wichtigste Kategorie waren IM mit "Feindverbindungen" bzw. solche, die Personen zu "bearbeiten" hatten, die "im Verdacht der Feindtätigkeit" standen. Im Laufe der 80er Jahre nahm der Anteil von IM in der Kategorie IMB bis Dezember 1988 auf rund 3.900 zu.
Der Anteil von Bundesbürgern oder Ausländern unter den IM des MfS betrug nicht einmal 2 Prozent. 1989 waren mindestens 3.000 Bundesbürger inoffiziell im Dienste des MfS, zusätzlich mehrere Hundert Ausländer. In der Zeit von 1949 bis 1989 waren insgesamt mindestens 12.000 Bundesbürger und Westberliner IM.
Die operativen Ziele des MfS waren über die gesamte Bundesrepublik Deutschland verteilt. Darüber hinaus gab es Schwerpunkte in Europa, im Nahen Osten und Asien, nachgeordnet auch in Afrika und Lateinamerika. Nachrichtendienstliche Schwerpunkte waren vor allem die Wissenschafts- und Technikspionage, erst danach die politische und mit etwas Abstand die Militärspionage. Die Bundesrepublik Deutschland wurde folglich vor allem als Ressource zur Systemstabilisierung genutzt.
Die politische Spionage diente vornehmlich dazu, die politische Gefährdungslage des herrschenden Systems in der DDR bestimmen zu können. Dieses Profil deutet an, dass die Spionage der Bewahrung des Status quo dienen sollte. Von einer Unterwanderung der Bundesrepublik war die Geheimpolizei zahlenmäßig weit entfernt. Vielmehr waren ihre inoffiziellen Mitarbeiter damit beschäftigt, das DDR-System zu stabilisieren.
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Olympia 1972
Bei den Olympischen Spielen von 1956 bis 1964 hatten DDR-Sportler nur als Teil einer gesamtdeutschen Mannschaft teilgenommen. Die Bundesrepublik beanspruchte, als einzige durch freie Wahlen demokratisch legitimierte Regierung in Deutschland, alle Deutschen zu vertreten. Deswegen hatte sie unmittelbar nach dem Mauerbau von 1961 versucht, die DDR mit den sogenannten Düsseldorfer Beschlüssen auch sportpolitisch zu isolieren und so die faktische Zementierung der deutschen Teilung aufzuhalten.
Doch schon im Oktober 1968 war das Nationale Olympische Komitee (NOK) der DDR vollwertiges Mitglied des Internationalen Olympischen Komitees geworden. Die neue Ostpolitik der sozialliberalen Regierung unter Bundeskanzler Willy Brandt verbesserte die Beziehungen zur DDR, die sich nach und nach aus ihrer internationalen Isolation befreit hatte. Auch wenn nun in München eine ostdeutsche Mannschaft mit allen staatlichen Insignien antreten durfte, wollte die Bundesrepublik der DDR doch so wenig Raum wie möglich für einen öffentlichkeitswirksamen Auftritt lassen.
Die DDR-Führung betrachtete in ihrem Bemühen um internationale Anerkennung ihre Athleten gerne als "Diplomaten im Trainingsanzug". Diese sollten nun ausgerechnet in der Bundesrepublik die Welt von der Überlegenheit des Sozialismus überzeugen. Für das Ministerium für Staatssicherheit bedeuteten die Wettkämpfe dementsprechend eine große Herausforderung. Es galt die DDR-Mannschaft abzusichern, unabhängige Berichterstattung über die Olympiade möglichst zu unterbinden, Werbung aus dem Westen zu unterfangen, Doping zu verheimlichen und zu verhindern, dass ostdeutsche Athleten in der Bundesrepublik bleiben würden. Hauptverantwortlich hierfür war die Hauptabteilung XX (Staatsapparat, Kultur, Kirche, Untergrund) mit ihrer Abteilung 3 (Linie Sport). Auch weitere Abteilungen waren daran beteiligt, denn dass die Spiele in der Bundesrepublik stattfanden erhöhte das Risiko von "Republikfluchten" durch Sportler, Funktionäre, Journalisten oder Touristen. Sie alle wurden bereits im Vorfeld nach politischer Zuverlässigkeit ausgewählt und später überwacht.
Einleitung
Referat auf der 6. Tagung des Bundesvorstandes "Zum Stand der Vorbereitung der Mannschaft der DDR auf die Olympischen Sommerspiele 1972 und zu Problemen des Nachwuchsleitungssports"
Absicherung der DDR-Olympiamannschaft
Durchführungsbestimmung zur Dienstanweisung 4/71 hinsichtlich der Absicherung der DDR-Olympiamannschaft
Kontrolle der Reisenden und des Briefverkehrs
Inoffizielle Absicherung der DDR-Olympiamannschaft
Information zur Einfuhr von Gegenständen mit Werbung für die Olympischen Spiele
Vorbereitung des Einsatzes von Kräften und Mitteln der Linie III vor, während und nach den Olympischen Sommerspielen 1972 in München (Rahmenplan)
"Hysterische" Überwachung
Information über Pläne, Absichten, Maßnahmen und andere Aktivitäten gegen die DDR und verschiedene sozialistische Staaten unter Mißbrauch der Olympischen Sommerspiele 1972 in München
Vorbereitung und Umsetzung der Überwachung von beantragten und genehmigten Reisen von DDR-Bürgern zu den Olympischen Spielen 1972 nach München
Berichterstattung über die Erfüllung bestimmter Aufgaben zu den Olympischen Sommerspielen 1972
Touristendelegation absichern
Vorschlag zur Teilnahme, Zusammensetzung und politischen Vorbereitung von Touristengruppen
Befehl Erich Mielkes zur Zusammenstellung der Touristendelegation
Information Anfragen - Spiele der XX. Olympiade 1972 in München
Anfrage Bürger der Bundesrepublik - Information Spiele der XX. Olympiade 1972 in München
Extremes Training und Zwangsdoping-System
Forschungsstand bei der Verabreichung von Anabole Steroide an Olympiakadern der Sektion Schwimmen
Information Olympiaaufträge/Olympiakader
Das Attentat des "Schwarzen September"
Dokumentation über die Ereignisse des 5. Septembers im Olympischen Dorf
Überprüfung der Informationen
Information - Hinweise zu dem bewaffneten Überfall im olympischen Dorf
Vermerk - Überprüfung vorliegende Hinweise
Erfolgreiche Überwachung
Abschlußbericht "Olympische Sommerspiele 1972 in der BRD"
Zusammenstellung operativ bedeutsamer Anhaltspunkte in Auswertung der Berichte über den Einsatz der IM/GMS bei den Olympischen Sommerspielen 1972 in München
Information über die Haltung der zu den Olympischen Sommerspielen 1972 in München weilenden DDR-Delegation und über gegen sie gerichtete Aktivitäten
Weitere Erfolge für die DDR